Burmeister & Wain (B&W) - Teil 3: Lokomotivbau

B&W unternahm mehrere Anläufe, um in das Eisenbahngeschäft einzusteigen. 1871 wurden für die "Sjællandske Jernbaneselskab" (SJS) die beiden Dampfloks SJS E 36 "Hødur" und SJS E 37 "Mjølner" (ab 1893 DSB-Reihe Es) gebaut. Dabei handelte es sich um ein Muster, das zuvor von der "Maschinenfabrik Esslingen" geliefert worden war. Die Maschinen waren die ersten in Dänemark gefertigten Dampfloks. Allerdings konnte B&W preislich nicht mit den ausländischen Anbietern mithalten es kam zu keinen weiteren Aufträgen.

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Ab Ende der 1920er Jahre konnte B&W Dieselmotoren anbieten, die bzgl. Leistung, Größe und Gewicht als Antrieb für Lokomotiven in Frage kamen. Ein erster Entwurf zu einer Diesellok mit einer Leistung von 1.000 PS wurde von der DSB wegen des zu hohen Achsdrucks abgelehnt. Dagegen erhielt B&W aber einen Auftrag über zwei Dieselloks, als die DSB Loks mit einer Leistung von 400 PS forderte. Die B&W-Maschinen der Reihe MW erhielten Zweitaktmotoren und entstanden nach den selben Vorgaben, wie die von Frichs gefertigten Loks der Reihe MV mit Viertaktmotoren. Ein weiterer Auftrag über die beiden Dieselloks KSB M 1-2 ging 1929 von der "Slangerupbanen" ein, wobei die Wagenkästen von Scandia zugeliefert wurden. Alle vier Loks wurden in der Motorenfabrik in Christianshavn gebaut und mußten mittels eines Schwimmkrans durch den Kopenhagener Hafen zum Gleisanschluß auf der Kalvebodbrygge gebracht werden. Da dieses Verfahren recht kostspielig war, wurde für künftige Lieferungen eine eigene Werkhalle am Standort Teglholmen errichtet, wo ein Gleisanschluß verfügbar war.

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Bei weiteren Triebfahrzeugen beschränkte sich B&W auf den Bau der Maschinenanlagen und ließ die Fahrzeugkästen sowie die elektrischen Ausrüstungen zuliefern. Mit diesen Kooperationen versuchten sich die beteiligten Unternehmen gegen Frichs zu behaupten, das in den 1930er Jahren den dänischen Markt für Dieseltriebfahrzeuge dominierte. So entstanden bis 1934 bei Scandia für verschiedene Privatbahnen die Loks KSB M 3-4, KB M 1, KS M 3 und HHGB M 2 sowie der Triebwagen SVJ M 6. Triangel verbaute dagegen B&W-Motoren in den Triebwagen vom Typ "Tretrukker" und in Kleinlokomotiven. Weitere Triangel-Triebwagen mit B&W-Motoren gingen an die Jugoslawische Staatsbahn sowie einige Rangierloks an Zementfabriken in Ägypten und Indien.

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Mit einigem politischen Druck erhielt B&W auch den Auftrag, die Maschinenanlagen für zwei DSB-Triebwagen der Reihe MO zu liefern, die in größerer Zahl von Frichs gebaut wurden. Die beiden Triebwagen mit B&W-Motoren wurden 1935 als MO 211-212 geliefert und als Serie MO II geführt. Wegen erheblicher Probleme mit den Zweitaktmotoren wurden die Fahrzeuge aber 1940 auf Antriebsaggregate von Frichs umgerüstet.

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Die B&W-Zweitaktmotoren für Lokomotiven wurden im den 1930er Jahren auch international angeboten und verschiedene europäische Hersteller verbauten diese in kleineren Stückzahlen: Die irische Werft "Harland & Wolff" lieferte einige Lokomotiven an britische Bahnen und die französische "Messrs. Schneider & Cie" baute eine größere Lok für die "Paris Lyon Méditerranée". Für spanische Bahnen entstanden sechs Drehgestelltriebwagen, geplante mehrteilige Triebzüge wurden auf Grund der Machtübernahme des Francoregimes nicht mehr fertiggestellt. In Schweden baute DEVA drei Drehgestelltriebwagen, von denen einer nach Belgien an die SNCB ging. NOHAB fertigte zwei schwere Triebwagen nach dem Vorbild der DSB-Baureihe MO für die iranischen Staatsbahnen.

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Der Ausbruch des Zweiten Weltkriegs und die damit verbundenen Einschränkungen für Kraftstoffe und Metalllieferungen unterbrachen die weitere Entwicklung von Diesel-Triebfahrzeugen. Erst als die DSB 1952 bei NOHAB die Dieselloks der Reihe MY mit GM-Motoren beschaffte, unternahm man einen politisch motivierten Versuch, die heimische Industrie durch eine eigenständige Konstruktion zu verteidigen. Frichs erhielt den Auftrag, zwei der Reihe MY entsprechende Loks zu bauen, die als DSB MY 1201-1202 geführt wurden und von B&W-Motoren angetrieben werden sollten. Während der Fahrzeugteil des Projektes erfolgreich war, zeigten sich bald massive Schwierigkeiten mit dem B&W-Motor. Dieser verlor so viel Öl, daß die Lokführer lieber um das Fahrzeug herumgingen als den Verbindungsgang zwischen den Führerständen zu benutzen. Mehrfach kam es zu erheblichen Maschinenschäden, die längere Werksaufenthalte erforderten und letztendlich zum Ende des Lokomotivbaus in Dänemark führten.

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Insgesamt gelang es B&W nicht, einen tauglichen Eisenbahnmotor zu bauen, da sich auch die Maschinen der früheren Loks als unzuverlässig erwiesen und bald durch andere Fabrikate ausgetauscht wurden. Bei den von B&W konstruierten Loks ließ sich klar erkennen, daß das Unternehmen mit den Erfordernissen des Eisenbahnbetriebes nicht näher vertraut war, was sich auch durch unkonventionelle Lösungsansätze nicht kompensieren ließ.


Erhaltene Fahrzeuge:

Fahrzeug
Baujahr / Fabriknummer
Eigner
KSB M 2 1930 / 4, 1967 umgebaut* VSVJ
KB M 1 1933 / 1977 Danmarks Jernbanemuseum

* = KSB M2 wurde bei Det Danske Stålvalseværk (DDS) bis zur völligen Unkenntlichkeit von einer vierachsigen Streckenlok in einen zweiachsigen Rangiertraktor umgebaut - es dürfte also kaum noch ein Originalteil vorhanden sein...


Übersicht
Teil 1: Gründung und Dieselmotor
Teil 2: Glanzzeit und Niedergang
Teil 3: Lokomotivbau