Als der Aufbau der
dänischen Rübenbahnen im ausgehenden 19. Jhdt. in Schwung
kam, konnten die Betreiber aus umfangreichen Sortimenten
verschiedener europäischer Hersteller wählen. Diese boten
standardisiertes Gleis- und Rollmaterial an, das über dänische
Repräsentanten bezogen werden konnte. Verschiedene dänische
Unternehmen wie die
Vulcan, C. F. Kiehn, Maribo
nutzten die Impulse der Zuckerindustrie und waren schon
bald in der Lage, den Bedarf mit eigenen Angeboten bedienen zu
können. Da alle Rübenbahnen mit einer Spurweite von 700 mm
angelegt wurden und die Fahrzeuge mit einheitlichen
Mittelpufferkupplungen ausgestattet waren, war das Rollmaterial
zwischen den Standorten austauschbar.
Pferdebahnen
Die ersten in Dänemark errichteten Zuckerfabriken verwendeten
leichte Feldbahngleise, auf denen offene Loren von Pferden gezogen
wurden. Obwohl letztere schon bald durch Lokomotiven abgelöst
wurden, hielt sich die Pferdetraktion auf den peripheren Gleisen der
Rübenbauern bis in die 1950er Jahre.
Dampftraktion
Die erste Dampflok der
dänischen Rübenbahnen kam 1894 bei der Højbygård
Sukkerfabrik auf Lolland zum Einsatz. Ab 1910 wurde der Lokbetrieb im
großen Stil eingeführt und so die Transportleistungen
erheblich gesteigert. Fast alle Lokomotiven wurden bei
deutschen Herstellern geordert. Eine Sammelbestellung der DdS über
20 Lokomotiven führte zur Dominanz von Henschel, weitere
Maschinen kamen von Borsig, Jung, Krauss und O&K sowie von der
britischen Bagnall Ltd. Zeitgleich mit der DdS erwarb auch die
selbständige Zuckerfabrik
in Gørlev sowie verschiedene private Rübenbahnen von
Anbaugesellschaften neue Lokomotiven. Die letzten
Neubeschaffungen erfolgten 1932.
Bei den Loks der
Rübenbahnen handelte es sich um Tenderloks mit den Achsfolgen
C, D und C 1'. Die Maschinen erfuhren verschiedene Umbauten und
wechselten teilweise die Standorte. Ihre Kennzeichnung erfolgte durch
Nummern, bei der DdS gab es ab 1913 sogar Typenbezeichnungen. Die
Farbgebung der Lokomotiven unterschied sich bei den einzelnen
Standorten. Der Kessel war immer schwarz, dagegen waren Führerhaus,
Wasserkästen und Dampfdom grün oder schwarz lackiert. Die
Loks am Standort Nakskov führten ein Schorsteinband mit
senkrechten rot-schwarzen Streifen, die Loks aus Sakskøbing
hatten ein grünes Schornsteinband. In Assens erhielten die Loks
besondere Warnhinweise, da die häufigen Straßenquerungen
eine erhebliche Unfallgefahr bargen. So wurden die Wasserkästen
mit diagonalen Streifen versehen und zusätzlich Warndreiecke mit
roten Leuchten montiert.
Motortraktion
Das Aufkommen von
Motorlokomotiven weckte ein lebhaftes Interesse bei der dänischen
Zuckerindustrie und den Betreibern privater Rübenbahnen. Diese
Maschinen erreichten zwar zunächst nicht die Leistung der
Dampfloks, konnten aber ohne langes Anheizen sofort eingesetzt
werden. Die ersten drei Motorloks wurden 1919 beschafft und es folgte
bald eine Vielzahl weiterer Maschinen von verschiedenen Herstellern.
Zahlreiche Umbauten und Eigenkonstruktionen sowie die lückenhafte
Dokumentation der Fahrzeuge erschweren eine systematische Erfassung.
Ab den 1930er Jahren begannen dänische Hersteller den Markt für
Motorlokomotiven zu dominieren, wobei insbesondere die "Pedershaab
A/S" in Brønderslev und die "Karl Møllers
Maskinfabrik" in Nagbøl zu nennen sind. Alle diese Loks
hatten ein zweiachsiges Fahrwerk und mechanische Transmission.
Anfänglich dienten Benzin- oder Ölmotoren als Antrieb,
später wurden Dieselmaschinen verwendet. Während
der deutschen Besetzung Dänemarks 1940-45 und der damit
einhergehenden Rationierung des Treibstoffs wurden einige
Fahrzeuge mit Gasgeneratoren ausgerüstet.
Ab 1949 beschaffte die DdS
nach eigenen Entwürfen kräftige Loks mit dieselelektrischer
Transmission als Ersatz für die leistungsfähigeren
Dampfloks. Diese nach ihrer Gewichtsklasse als
"
12-Tonner" bzw. als
"
16-Tonner"
bezeichneten Maschinen entstanden z.T. in den
DdS-Werkstätten in Nakskov und Maribo.
Rangiermittel
Auf dem Werksgelände der Zuckerfabriken wurde lange Zeit mit Pferden
rangiert, später kamen hier auch andere Rangiermittel wie Landschlepper zum Einsatz.
Waggons
Bei den ersten Güterwagen
der Rübenbahnen handelte es sich um zweiachsige, offene Wagen,
die von Pferden gezogen wurden und rund 0,5 t Ladegewicht zuließen.
Schon in den 1890er Jahren ging man zu größeren Wagen mit
zweiachsigen Drehgestellen über, aus denen die DdS einen
Standardtyp entwickelte. Letzterer waren auf einem Rahmen aus
Profileisen aufgebaut und hatten eine Ladekapazität von 4 t. Die
senkrechten Bordwände bestanden aus Brettern, die durch
charakteristische, diagonale Streben verstärkt wurden. Die
Standardwagen wurden von verschiedenen lokalen Herstellern in
insgesamt rund 3000 Exemplaren gebaut.
Für verschiedene
Zwecke gab es Spezialwagen, die in Länge, Laufwerk und Aufbau
den Standard-Rübenwagen entsprachen. Hierzu zählten
geschlossene Güterwagen zum wettergeschützten Transport von
Zuckersäcken und externe Tender mit zusätzlichen Vorräten
von Wasser und Kohle für lange Strecken. Weitere Sonderbauformen
waren mit einem Tank für flüssiges Ammoniak ausgerüstet,
andere trugen Schneepflüge für den Winterdienst etc. Für
Erdarbeiten sowie den Transport von Kohle und Kalk verfügten die
Zuckerfabriken über zweiachsige Kipploren.
Die Wartung der Waggons
erfolgte einmal jährlich in den werkseigenen Werkstätten.
Fahrzeuge, die während der Rübenkampagne ausfielen, wurden
auf Abstellgleisen gesammelt und zu einem späteren Zeitpunkt
repariert.
Regelspur
Die meisten
Zuckerfabriken verfügten über einen Anschluß an das
regelspurige Schienennetz und somit auch über entsprechende
Gleise auf dem Werksgelände. Für den internen
Verschiebedienst unterhielten die Zuckerfabriken daher Loks und Rangiertraktoren, die meist
als günstige Gebrauchtware beschafft wurden.
Die "Sukkerfabriken Nykjøbing" beschaffte 12
dreiachsige
Selbstentladewagen
aus Schweden, die als Privatwagen bei der DSB eingestellt wurden.
Die Fahrzeuge wurden für den Transport von Rohzucker vom Werk in Nykjøbing Fl.
zur Raffinerie in Valby, Kopenhagen eingesetzt.
Privatbahnen
Außerhalb der DdS-Schienennetze
wurde der Rübentransport durch die DSB und anliegende
Privatbahnen übernommen. Rüben wurden in offenen
Hochbordwagen angeliefert und die fertigen Produkte mit geschlossenen
Güterwagen abgeholt. Einige Privatbahnen beschafften sogar
gezielt Loks und Waggons, um die benötigten Kapazitäten
aufzubauen. So erwarb die "Stubbekøbing-Nykøbing-Nysted
Banen" (SNNB) die fünf Maffei-Dampfloks
SNNB 1-5, um das
Transportaufkommen der "Sukkerfabriken Nykjøbing
Limitered" (SN) zu bewältigen.
Acht Privatbahnen
beschafften 1910-24 für den Rübentransport rund 180
zweiachsige offene Güterwagen mit halbhohen Bordwänden. Zum
leichteren Entladen konnte die obere Hälfte der Seitenwände
abgenommen werden, die untere Hälfte ließ sich
herunterklappen. Die meisten der Wagen wiesen zusätzlich eine
doppelflügelige Tür an jeder Wagenseite auf. Außerhalb
der Rübensaison wurden die Wagen u.a. als Schotterwagen
verwendet.
Das Abfallprodukt Melasse wurde in erheblichen Mengen
von "De Danske Spritfabrikker" als Nährstoff
für Hefekulturen aufgekauft. Für die DdS-Standorte
Nakskov und Sakskøbing wurden einige offene Güterwagen
der LJ mit entsprechenden Behältern ausgestattet, die bis Ende der
1960er Jahre eingesetzt wurden.
DSB
Der Transport von Zuckerrü,ben erfolgte bei der DSB mit offenenn Güterwagen.
Für den Versand des Rohzuckers an
die Raffinerien beschaffte die DSB spezielle Silowagen, die
langfristig von den Raffinerien angemietet wurden. Die Beförderung
dieser Wagen erfolgte meist in Ganzzügen.
Ab den 1980er Jahren versandte die Nakskov Sukkerfabrik ihren Zucker per Lkw
als Schüttgut mit Containern und in gelöster Form mit Tankwagen. Die
Transporte erreichten zeitweilig einen derartigen Umfang, daß die Lollandsbanen (LJ)
1995 sogar einen eigenen Containerkran beschaffte, um das Umladen auf die Schiene zu
ermöglichen. Ab Ende der 1990 er Jahre erfolgten größere Exportlieferungen
von den Zuckersilos in Sakskøbing nach Hamburg in Großraum-Schüttgutwagen
der deutschen Railion. Die vorerst letzte Lieferung dieser Art wurde
2005 durchgeführt.
Dänemarks Zuckerindustrie - Übersicht
Teil 1: Zur Geschichte des Zuckers
Teil 2: Rübenanbau und Zuckergewinnung
Teil 3: Die dänische Zuckerwirtschaft
Teil 4: Die dänischen Rübenbahnen
Teil 5: Die Fahrzeuge der dänischen Rübenbahnen
Teil 6: Standorte Fünen
Teil 7: Standorte Lolland
Teil 8: Standorte Møn und Falster
Teil 9: Standorte Seeland