Zucker war
in Asien und im Orient bereits aus vorchristlicher Zeit bekannt und
wurde dort aus Zuckerrohr hergestellt. Im Mittelalter gelangte das
Produkt nach Europa, und entwickelte sich dort zu einem begehrten
Handelsgut. Christoph Columbus brachte das Zuckerrohr auf seiner
zweiten Amerikareise 1493-96 schließlich in die Neue Welt, wo
sich im karibischen Raum ideale Anbaubedingungen fanden. Der hohe
Verschleiß an Arbeitskräften dieser Plantagen wurde zur
wesentlichen Grundlage eines ganz anderen Importgeschäfts - der
Sklaverei.
Der Handel mit Zucker entwickelte sich zu einer wichtigen Einnahmequelle der
europäischen Staaten in Form von Zuckerzöllen und
verursachte gleichzeitig einen nennenswerten Kapitalabfluß. Als
Konsequenz wurde z.B. in Preußen die Einfuhr von weißem
Zucker verboten und stattdessen Privilegien für Zuckersiedereien
zur Veredelung von braunem Rohzucker vergeben.
Zuckerproduktion aus Rüben
Die erhebliche wirtschaftliche Bedeutung des Rohrzuckers begründete
die Suche nach Alternativen. 1747 gelang dem Berliner Chemiker
Andreas Sigismund Marggraf der Nachweiß, daß Runkelrüben
den gleichen Zucker wie Zuckerrohr enthalten. Marggrafs Nachfolger
Franz Carl Achard legte die Grundlagen für die wirtschaftliche
Nutzung dieser Entdeckung, indem er in über 20 Jahren aus der
Runkelrübe die Zuckerrübe züchtete und Verfahren zur
großtechnischen Zuckergewinnung entwickelte. 1801 errichtete er
mit finanzieller Unterstützung des preußischen Königs
Friedrich Wilhelm III die weltweit erste Zuckerfabrik im schlesischen Cunern.
Während der napoleonischen Kontinentalsperre gegen
England 1806-13 erlebte die europäische Zuckerindustrie eine
erste kurze Blüte durch das Ausbleiben der Kolonialimporte. Nach
1830 erfolgte eine zweite Gründungswelle, die zu einer
leistungsfähigen Zuckerindustrie in Europa führte.
Ausschlaggebend für diesen Neubeginn waren technologische
Fortschritte, die insbesondere in Frankreich erreicht wurden. Die
stetige Verbesserung der Produktionsverfahren auf wissenschaftlicher
Basis war die Keimzelle der Verfahrenstechnik und beflügelte die
Analysemethodik sowie den Maschinen- und Apparatebau. Wesentliche
Erkenntnisse hierzu wurden u.a. von der Berliner "Akademie der
Wissenschaften" und in dem 1904 eröffneten "Institut
für Zuckerindustrie" in Berlin-Wedding gewonnen. Das
Gebäude ist heute als "Institut für Lebensmitteltechnologie"
Teil der Technischen Universität Berlin. Bis 2012 war hier auch das "Zucker-Museum"
beheimatet, dessen Sammlung an das Deutsche Technik Museum Berlin übergeben
wurde und dort unter dem Titel "Alles Zucker! Nahrung – Werkstoff – Energie"
präsentiert wird.
Zuckerwirtschaft und staatliche Kontrolle
Ab Mitte des 19. Jhdts. wurde Rübenzucker durch fortschreitenden
Preisverfall zu einem Massenprodukt des täglichen Bedarfs. Der
daraus resultierende Verlust an Einfuhrzöllen wurde
staatlicherseits im deutschen Zollverein durch eine Kontrollabgabe
auf die verarbeiteten Zuckerrüben kompensiert, andere Staaten
fanden ähnliche Lösungen. Steigende Produktionskapazitäten
führten schließlich zur Ausfuhr von Rübenzucker, was
durch entsprechende Steuervorteile gefördert wurde. Deutschland
entwickelte sich zum weltweit größten Zuckerexporteur,
gefolgt von Österreich-Ungarn, Frankreich und Rußland. Die
Hauptabsatzmärkte der europäischen Zuckerproduktion fanden
sich in England und in den USA.
Gegen Ende des 19. Jhdts. wurde Deutschland von einer regelrechten
Gründungswelle von Zuckerfabriken erfasst, die meist als
Aktiengesellschaften finanziert wurden. Dabei dominierten zwei
wirtschaftliche Modelle: Die "Kaufrübenfabriken"
pachteten Land bzw. kauften Zuckerrüben zu den jeweiligen
Marktpreisen und waren damit relativ großer Unsicherheit
ausgesetzt. Bei den "Bauernfabriken" wurden dagegen
wesentliche Aktienanteile von Landwirten gehalten, die sich
ihrerseits langfristig zur Lieferung bestimmter Mengen von
Zuckerrüben zu vorab vereinbarten Preisen verpflichteten. Die
Rübenzuckerindustrie wurde auf Grund ihrer wirtschaftlichen
Bedeutung als Großindustrie betrachtet und galt als eine der
sichersten und ertragreichsten Steuerquellen. Schwankende
Marktbedingungen belasteten das Geschäft allerdings mit
erheblichen Risiken. Hier halfen ab 1902 internationale Abkommen, mit
denen sich die Erzeugerstaaten auf Produktions- und Exportquoten
verständigten, wobei auch die Interessen der Produzenten von
Rohrzucker berücksichtigt wurden. In Zuge dieser Maßnahmen
stabilisierten sich die Marktbedingungen und die Betriebe begannen,
sich zu schlagkräftigen Konzernen zusammenzuschließen.
Zuckerproduktion in der EU
Ein neues Kapitel der staatlichen Kontrolle über die Rübenzuckerindustrie
begann 1968 mit der Verabschiedung der Europäischen
Zuckermarktordnung durch die Europäische Gemeinschaft (EG).
Diese regelte die Produktionsmengen, das Preisgefüge und die
Exportquoten für die Mitgliedsstaaten. Kritiker dieses Systems
bemängelten eine Verzerrung des Weltmarktes und überhöhte
Herstellungskosten durch Subventionen sowie eine Benachteiligung von
Entwicklungsländern. Daher verabschiedete nunmehr die
Europäische Union (EU) 2005 auf Drängen der
Welthandelsorganisation (WTO) eine neue Zuckermarktordnung, die bis
2014 einen schrittweisen Rückbau der Produktionskapazitäten
vorschreibt. Gleichzeitig sollen die rund ein dreifaches über
dem Weltmarktniveau liegenden Garantiepreise entsprechend reduziert
werden. Diese neuen Bedingungen veranlaßten die europäische
Zuckerindustrie zur Konzentration auf einige wenige Großunternehmen.
In Deutschland sind dies die "Südzucker AG",
Mannheim, die "Nordzucker AG", Braunschweig sowie
"Pfeifer & Langen", Köln.
Weltweit stagniert die Zuckerproduktion aus Rüben seit Ende der 1980er
Jahre und steht mit ca. 20 % Marktanteil deutlich hinter dem
Zuckerrohr zurück. Größter Zuckerproduzent ist
Brasilien, gefolgt von Indien, der EU und China. Für das
Wirtschaftsjahr 2008/09 wurden 124,6 Mio. t Rohzucker aus Zuckerrohr
und 31,7 Mio. t aus Zuckerrüben erwartet, der Anteil der EU sank
dabei auf 14,7 Mio t.
Dänemarks Zuckerindustrie - Übersicht
Zur Geschichte des Zuckers
Teil 2: Rübenanbau und Zuckergewinnung
Teil 3: Die dänische Zuckerwirtschaft
Teil 4: Die dänischen Rübenbahnen
Teil 5: Die Fahrzeuge der dänischen Rübenbahnen
Teil 6: Standorte Fünen
Teil 7: Standorte Lolland
Teil 8: Standorte Møn und Falster
Teil 9: Standorte Seeland