Dänemarks Zuckerindustrie - Teil 9: Standorte Seeland


Sukkerfabriken Vestsjælland A/S / Gørlev Sukkerfabrik, Gørlev
1911 gründete eine Gruppe von Landwirten in Gørlev auf Seeland die Aktiengesellschaft "Sukkerfabriken Vestsjælland A/S" mit dem Ziel, eine von der DdS unabhängige Zuckerfabrik zu errichten. Die Raffinierung des hier erzeugten Zuckers erfolgte durch die "A/S Københavns Sukkerraffinaderi" (KSR). Die wirtschaftliche Lage des Unternehmens in Gørlev gestaltete sich schwierig, so daß die DdS das Werk 1934 übernahm. Unter dem Namen "Gørlev Sukkerfabrik" entwickelte sich der Standort positiv und wurde in den 1950er Jahren Dänemarks größte Zuckerfabrik. 1993 firmierte das Werk um als "Danisco Sugar, Dansukker Gørlev", 2000 wurde die Produktion eingestellt. Die Siloanlagen des Standortes wurden von Danisco weiter genutzt, die historischen Fabrikgebäude gelangten in kommunale Verwaltung und wurden für museale Zwecke vorgesehen.

DK3896

Während des Baus der Sukkerfabriken Vestsjælland wurde zur Erschließung der umliegenden Anbauflächen ein Schmalspurnetz für eine werkseigene Rübenbahn angelegt. Diese erreichte in den 1920er Jahren eine Länge von rund 100 km und verfügte über einen Anschluß zum Hafen in Mullerup. Letzterer diente als Umschlagplatz für Kohle, Kalk und Rüben sowie als Versandhafen für Zucker. Bei Übernahme des Werkes durch die DdS 1934 belief sich der Fahrzeugbestand auf 5 Dampfloks, 460 offene Rübenwagen sowie 10 gedeckte Wagen. In den 1950er Jahren gelangten auch einige Dieselloks zur Rübenbahn, die hier aber keine größere Rolle spielten. 1962 wurde der Schienentransport von Rüben zu Gunsten der Lieferung durch Lkw eingestellt und das Schmalspurnetz abgerissen.

Das Werk in Gørlev verfügte auch über einen regelspurigen Anschluß, auf dem Rüben durch die DSB und verschiedene Privatbahnen angeliefert wurden. Nach Einstellung der Rübenlieferung per Schiene 1962 wurde diese Verbindung weiterhin zum Versand von Rohzucker genutzt. Für den Rangierbetrieb auf dem Werksgelände wurden eigene Dampfloks eingesetzt, ab 1961 stand eine Kleinlok von Nagbøl zur Verfügung. Der Zuckerversand auf der Schiene wurde 1992 eingestellt und der gesamte Verkehr bis zur Schließung des Werkes 2000 auf der Straße abgewickelt.


Raffinerien in Kopenhagen
1872 erwarb C.F. Tietgen das Werk "Phønix" an der Slotsholmgade hinter der alten Börse, das als DdS-Verwaltungssitz und Lagerkomplex mit eigenem Bahnanschluß umgewidmet wurde. Die Gebäude wurden 1963 abgerissen, heute befindet sich auf dem Areal das "Økonomi- og Erhvervsministeriet". Die Raffinerie in der Helsingørsgade arbeitete dagegen weiter, bis sie 1912 durch einen Brand zerstört wurde.

DK8554


Konkurrierende Neugründungen anderer Unternehmer wurden von der DdS systematisch übernommen, wie die "Lyngby Sukkerraffinade A/S" und "Den jyske Sukkerfabrik" in Randers, die nach der Übernahme 1900 umgehend stillgelegt wurde. Lediglich die 1913-14 errichtete "A/S Kjøbenhavns Sukkerraffinaderi" (KSR) konnte über längere Zeit eigenständig existieren. Das Werk war auf dem Industriegebiet im kopenhagener Stadtteil Valby angesiedelt, auf dem die Andelsselskabet Rangerstationen i Valby alle Rangieraufgaben erledigte. Die Raffinerie verarbeitete Rohzucker aus den von der DdS unabhängigen Fabriken in Gørlev und Nykøbing, bis sie 1953 durch die "Sukkerfabriken Nykjøbing" übernommen wurde. Das als "Sukkertoppen" (Zuckerhut) bekannte Werk in Valby stellte 1961 die Produktion ein und beherbergt heute verschiedene Medienunternehmen sowie das "Københavns Tekniske Gymnasium" und die "Københavns Tekniske Skole".

DK4132 DK4140

Unabhängig von den Übernahmen baute die DdS eigene Raffinadekapazitäten auf. 1913 eröffnete die DdS eine neue Raffinerie mit dem Traditionsnamen "Phønix" im kopenhagener Stadtteil Christianshavn. Das Werk verfügte über einen eigenen Bahnanschluß sowie über einen 400 m langen Kai. 1938 verarbeitete Phønix täglich 300 t Rohzucker und beschäftigte rund 500 Mitarbeiter. 1985 wurde die Produktion eingestellt und in den 1990er Jahren wurde in den verbliebenen Gebäuden der Hauptsitz der Danisco A/S eingerichtet. Weiterhin verfügte die DdS zeitweilig über Auslieferungslager auf dem ehemaligen GM-Gelände im kopenhagener Südhafen sowie in Randers, Aalborg, Århus und Bjerregrav.

DK4134 DK4133 DK4135 DK4136


Dänemarks Zuckerindustrie - Übersicht
Teil 1: Zur Geschichte des Zuckers
Teil 2: Rübenanbau und Zuckergewinnung
Teil 3: Die dänische Zuckerwirtschaft
Teil 4: Die dänischen Rübenbahnen
Teil 5: Die Fahrzeuge der dänischen Rübenbahnen
Teil 6: Standorte Fünen
Teil 7: Standorte Lolland
Teil 8: Standorte Møn und Falster
Teil 9: Standorte Seeland