Die Versorgung der Zuckerfabriken mit Rohstoffen sowie der Abtransport
von Rübenabfällen und Zucker erfolgte in Dänemark von
Anfang an im Wesentlichen auf der Schiene. Der größte Teil
dieser Leistungen wurde von Schmalspurbahnen erbracht, die
ausschließlich für diese Aufgaben angelegt wurden. In
einigen Fällen, in denen die Fabrik in größerer
Entfernung zu den Anbaugebieten lag, wurden sogenannte Saftstationen
errichtet. Diese Einrichtungen verarbeiteten Rüben zu Rohsaft,
der seinerseits durch Rohrleitungen zur eigentlichen Zuckerfabrik
gepumpt wurde. Parallel zur Anlage der Bahnen
entwickelte sich auch das rechtliche Regelwerk für deren
Betrieb. Um 1900 waren die wichtigsten Fragen zur Enteignung von
Trassen, zur Verkehrssicherheit bei kreuzenden Straßen, zur
Brandgefahr durch Dampflokomotiven u.v.a.m. geklärt. So gab es
insbesondere klare Restriktionen gegen allgemeinen Güter- und
Personenverkehr zum Bestandsschutz der Privatbahnen. Insgesamt
erreichten die dänischen Rübenbahnen beachtliche
Transportkapazitäten. So verfügte der größte
Betreiber "A/S De danske Sukkerfabrikker" (DdS) 1941 über ein Streckennetz
von mehr als 600 km, auf dem rund 50 Loks mit über 3200 Waggons
unterwegs waren. In der nur drei Monate dauernden Kampagne wurden
rund 1 Mio. t Zuckerrüben und Abfallprodukte bewegt.
Abgesehen von den Rübenbahnen wurden erhebliche
Transportmengen durch die Privatbahnen und die DSB bewegt. Während
der Rübenkampagnen wurden hierfür zahlreiche Sonderzüge
eingesetzt. Einige Zuckerfabriken wurden auch auf dem Wasserweg
versorgt, wobei reguläre Fähren und Frachtschiffe sowie
Fahrzeuge der DdS-eigenen Reederei genutzt wurden. Rüben, Kohle
und Kalk wurden vorwiegend mit Lastkähnen befördert, für
Rohsaft gab es spezielle Tankschiffe. Bis in die 1950er Jahre wurde
auch der Rohzucker von den Fabriken überwiegend per Schiff zu
den Raffinerien befördert. Als Hausfarben führte die
DdS-Reederei senkrechte Streifen in rot und schwarz, die sich auch
auf den Schornsteinbändern einiger DdS-Dampfloks auf Lolland
wiederfanden. Mit der Schließung der Saftstation Kolding
stellte die DdS-Reederei ihren Betrieb 1970 ein.
Ab den 1920er Jahren traten Lkw und Landschlepper in
Konkurrenz zum Schienenweg. Der Straßentransport machte die
Rübenbauern unabhängig von festen Lieferterminen an den
Ladeplätzen und vermied das aufwändige Umladen der Rüben
auf Güterwagen. Die Zuckerindustrie sah diese Entwicklung
ebenfalls positiv, da man sich zum Bahntransport mit langfristigen
Verträgen verpflichtet hatte, die sich zwischenzeitlich als
unrentabel erwiesen. Die Umstellung der Transportwege wurde durch die
deutsche Besetzung Dänemarks 1940-45 und der damit
einhergehenden Rationierung von Treibstoff unterbrochen. Ab den
1950er Jahren ermöglichten die Mittel des Marshall-Plans aber
den Durchbruch bei der Motorisierung der Landwirtschaft und dem
Ausbau des Straßennetzes. Als Folge wurden alle Rübenbahnen
1959-67 stillgelegt.
Die Rübenbahnen
Den Ausgangspunkt der
lokalen Rübenbahnen (dän.: Roebaner) bildeten die zu
beliefernde Fabrik oder Saftstation, von wo aus das zugehörige
Anbaugebiet mit einem verzweigten Schienennetz erschlossen wurde. Die
Stammstrecken der Rübenbahnen und das rollende Material befanden
sich im Besitz des jeweiligen Unternehmens. Verbindungen zwischen den
Gleisnetzen benachbarter Zuckerfabriken bestanden nur auf Lolland. In
der Peripherie schlossen sich an die Stammstrecken oft weitere
Gleisnetze an, die durch Gemeinschaften von lokalen Anbauern
betrieben wurden. Bei deren Gleisanlagen handelte es sich sowohl um
festverlegte Bahnen, als auch um temporäre Anlagen, die nach
Bedarf neu verlegt werden konnten. Einige dieser privaten Rübenbahnen
verfügten über eigene Loks und Wagen, andere wurden mit dem
Material der Zuckerfabriken befahren. Die Spurweite der Rübenbahnen
betrug einheitlich 700 mm, da dieses Maß als idealer Kompromiß
in Bezug auf Anlagekosten, Belastbarkeit und der realisierbaren
Kurvenradien galt. Die ersten für den Betrieb mit Pferden
ausgelegten Bahnen wurden mit Profilen von 7 kg/m und Mindestradien
von 20 m verlegt, spätere Anlagen für Lokbetrieb erhielten
Profile von bis zu 22 kg/m und Kurvenradien von mindestens 50 m.
Dort, wo Schmal- und Regelspurgleise zusammentrafen, wurden die
entsprechenden Streckenabschnitte mit drei Profilen auf einer Trasse
zusammengeführt.
Der Betrieb der
Rübenbahnen konzentrierte sich auf die Kampagnen in den Monaten
September bis Dezember, die restliche Zeit des Jahres wurde für
die Wartung von Strecken und Fahrzeugen genutzt. Allgemein wurde das
Material hervorragend in Stand gehalten, da Ausfälle während
der Kampagnen zu kostspieligen Engpässen bei der Versorgung der
Fabriken führten. So verfügten die Zuckerfabriken über
leistungsfähige Werkstätten, die alle notwendigen Arbeiten
erledigen konnten. Die Depots in Nakskov und Maribo bauten sogar
dieselelektrische Lokomotiven, die von DdS-Ingenieuren konstruiert
worden waren. Die Möglichkeiten zur Unterstellung von Fahrzeugen
beschränkten sich auf die Lokomotiven, die Waggons wurden
außerhalb der Saison auf freier Strecke und an Ladeplätzen
abgestellt.
Die Abwicklung des
Fahrbetriebs lag in der Verantwortung der Zugführer, die
Transporte und Ladungen termingerecht koordinierten. Zu den weiteren
Aufgaben der Zugführer zählten das Sichern von
Straßenübergängen, das Stellen von Weichen und ggf.
das Verscheuchen freilaufender Tiere von den Gleisen. Ein zentral
gesteuertes Signalsystem gab es nicht, die Fahrdienstleitung konnte
aber telefonisch und ab den 1960er Jahren per Sprechfunk erreicht
werden. Für die Kommunikation mit den Rübenbauern gab es
Briefkästen an den Ladeplätzen, in denen Nachrichten
hinterlassen werden konnten. Die Abrechnung der Lieferungen erfolgte
waggonweise, wobei der Zugführer über die Wagennummern und
Ladungen Buch führte. Jeder Wagen wurde bei Ankunft auf dem
Werksgelände gewogen und der Zuckergehalt aus einer Probe der
Lieferung ermittelt. So ließ sich die Vergütung der
Rübenbauern und auch die Mengen der zurückzuliefernden
Abfallprodukte berechnen. Die Züge erreichten eine Länge
von gut 30 Waggons, die Geschwindigkeit überschritt nur selten
30 km/h. Das Entladen der Waggons in den Zuckerfabriken erfolgte in
den späteren Betriebsjahren zumeist durch Kippanlagen.
Museumsbahnen
Nach der Stillegung der
Rübenbahnen verschwanden deren Spuren zügig aus der
Landschaft, da die meisten Trassen zurückgebaut wurden. Immerhin
gibt es nahe Kopenhagen zwei Museumsbahnen, bei denen Fahrzeuge der
Rübenbahnen bewahrt und teilweise sogar in Betrieb gezeigt
werden:
Die Blovstrød Banen
ist die Schmalspurabteilung von Danmarks Jernbanklub (DJK):
www.blovstrodbanen.dk
Die Hedelands Veteranbane
(HVB) ist die Museumsbahn des Industribaneklubben (IBK): www.ibk.dk
Dänemarks Zuckerindustrie - Übersicht
Teil 1: Zur Geschichte des Zuckers
Teil 2: Rübenanbau und Zuckergewinnung
Teil 3: Die dänische Zuckerwirtschaft
Teil 4: Die dänischen Rübenbahnen
Teil 5: Die Fahrzeuge der dänischen Rübenbahnen
Teil 6: Standorte Fünen
Teil 7: Standorte Lolland
Teil 8: Standorte Møn und Falster
Teil 9: Standorte Seeland