Steckbrief DSB MH 301-420


Nach eingehenden Vergleichen der Baureihe MT mit dem Henschel Typ DH 440 entschied sich die DSB zur Bestellung einer neuen Standard-Diesellok bei Frichs. Diese Baureihe erhielt die Bezeichnung MH und sollte die Dampftraktion im Rangierbetrieb ablösen. Um eine hohe Zuverlässigkeit bei begrenzten Kosten zu erreichen, wurde der Einsatz eines bewährten Motors von MAN mit dieselhydraulischer Kraftübertragung gefordert. Als Vorlage diente der Henschel Typ DH 440, der als Baureihe MH 201-203 eingehend erprobt und von der Firma Frichs gründlich analysiert worden war. Bei den neuen Loks handelte es sich allerdings nicht um eine Lizenzausgabe des Henschelmusters, sondern um einen nicht autorisierten Nachbau durch die Firma Frichs. Vorlage und Nachbau glichen sich sowohl in den Abmessungen, als auch in der Maschinenanlage und der technischen Ausrüstung. Tatsächlich äußerten Vertreter von Henschel die Auffassung, daß der Kauf der DH 440 durch die DSB nur dem Zweck diente, Frichs die Gelegenheit zur Vermessung und Nachkonstruktion der Loks zu geben. Eine juristische Klärung des Sachverhaltes wurde von keiner der beteiligten Parteien angestrengt.

Die Loks der Baureihe MH waren mit einem mittig angeordneten Führerhaus und schmalen, halbhohen Vorbauten versehen. Letztere waren im Gegensatz zur DH 440 zu den Fahrzeugenden hin abfallend ausgeführt, um die Sichtverhältnisse zu verbessern und das Führerhaus war genau mittig über dem Getriebe angeordnet. Unter dem einen Vorbau waren der Motor mit Schalldämpfer und Auspuff sowie der Kompressor angeordnet, der andere Vorbau nahm den Kühler und die Hilfsaggregate auf. Das dreiachsige Fahrwerk wurde über ein Strömungsgetriebe, Blindwelle und Stangen angetrieben. Frichs fertigte den Rahmen und die Aufbauten der Loks, alle technischen Ausrüstungen wurden dagegen von verschiedenen Herstellern zugeliefert: Motor von MAN, Kühleranlage von Behr, Strömungswandler von Voith, pneumatische Steuerung von Westinghouse und Getriebe von Carl Hurth. Im Zeitraum 1960-65 wurden 120 MH mit den Betriebsnummern 301-420 ausgeliefert, wobei MH 351-390 und MH 401-420 zusätzlichen Ballast für ein höheres Adhäsionslast bei schweren Rangiereinsätzen erhielten. Nach ein paar kleineren Anfangsschwierigkeiten zeigten sich die Loks als sehr zuverlässig und erreichten eine deutlich höhere Einsatzbereitschaft als die Reihe MT. Lediglich das Fahrwerk erwies sich bei engen Kurvenradien als zu steif, was zu gelegentlichen Entgleisungen und starkem Verschleiß an den Gleisen führte.

Die MH wurden im grünen DSB-Farbschema ausgeliefert, zahlreiche Maschinen erhielten ab 1974 das rot/schwarze Design. Ihr Einsatz erfolgte landesweit im Rangierdienst sowie auf Nebenstrecken vor Personen- und Güterzügen. Im Laufe der Betriebsjahre erfuhren die Loks einige Veränderungen: Anfang der 1970er Jahre wurden Funkgeräte nachgerüstet, was äußerlich an den Dachantennen erkennbar war. Vermutlich zeitgleich wurden zwei orange Blinklichter auf dem Führerhausdach für den Rangierbetrieb montiert. 1984 erprobte die DSB den Einsatz einer Funkfernsteuerung im Rangierdienst, wofür MH 362 und 379 entsprechend ausgerüstet wurden. Dabei erhielten die Loks automatische Kupplungen, die später auch bei anderen MHs verwendet wurden.

Die Stilllegung der Reihe MH war für Anfang der 1990er Jahre vorgesehen. Da die geplante Ersatzbaureihe MJ kurzfristig aber nicht beschafft wurde, verblieben die MHs im Dienst und wurden teilweise modernisiert. Einige dieser Loks erhielten dabei wieder das grüne Farbschema mit gelben Handgriffen und Trittstufen. Erst zum Ende der 1990er Jahre wurden die Reihe MH durch die neue MK abgelöst. Einzelne MHs wurden von Kjøbenhavns Frihavns-Aktieselskab (KFA) und von Det Danske Stålvalseværk A/S (DDS) als Werkloks übernommen. Letztere modifizierte ihre MHs durch die Entfernung des hohen Getriebeganges sowie durch den Einbau verstärkter Schienenräumer und einer PLC-Funkfersteuerung.


Museal erhaltene Fahrzeuge:
Danmarks Jernbanemuseum: MH 322, MH 346
DJK: MH 406
Midt- og Vestjyllands Jernbanemuseum: MH 302, MH 304

Technische Daten MH 301-420
Anzahl 120
Hersteller Frichs
Baujahre 1960-65
Achsfolge C
Länge über Puffer 9.440 mm
Achsstand 4.500 mm
Motor MAN W8V17,5/22A, 8 Zylinder
Leistung 323 kW (440 PS) bei 1.100 U/min
Kraftübertragung dieselhydraulisch
Höchstgeschwindigkeit 60/30 km/h
Dienstgewicht 40,5 (45,0 t mit Ballast)


Abbildungen:

DSB:

DK11900 DK11899 DK10925

DK1549 DK2793 DK6921

DK0566 DK2886 DK1997

DK6920 DK5952


Museum:

DK2884 DK4080 DK3110 DK11449


Werkloks:

DK2384 DK2385 DK2386

DK2871 DK2872



Zum Verbleib der einzelnen Loks s. Fahrzeugliste

Quellen:
Andersen, Torben (1996): DSBs trækkraft anno 1995/96, 2. del. Lokomotivet 43: 4-10.
Andersen, Torben (2004): DSB litra MH 301-420. Lokomotivet 80: 3-6.
Christensen, Peter & Poulsen, John (2009): Motor Materiel 7: Motormateriellet fra Frichs og Scandia 1932-1978. Smørum: bane bøger.
Risbjerg Thomsen, E. (1960): DSB's nye MH-lokomotiv. Vingehjulet 17. årgang nr. 27: 313-315.
Støvring-Nielsen, Allan (1998): Afløsning på Stålvalseværket. Jerbanen 8/98: 31.




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