Henschel DH 440, DH 360
Parallel zur Entwicklung der dieselelektrischen Baureihe MT, interessierte sich
die DSB für Rangierloks mit hydraulischer Kraftübertragung.
Daher lieh man 1957 bei Henschel eine Lok vom Typ
DH 440 zur
Erprobung aus. Hierbei handelte es sich um die stärkste
dreiachsige Variante aus der zweiten Generation von
Henschel-Dieselloks, die als "Übergangsbaureihe" oder
"Buckel-Henschel" bekannt wurden. Die Lok war mit einem
mittig angeordneten Führerhaus und schmalen, halbhohen Vorbauten
versehen. Das dreiachsige Fahrwerk wurde über ein
Voith-Strömungsgetriebe, Blindwelle und Stangen angetrieben. Die
Erprobung der Lok durch die DSB verlief erfolgreich und so wurden
noch im selben Jahr zwei weitere Loks vom Typ DH 440 bestellt, die
Anfang 1958 ausgeliefert wurden. Zur Überbrückung der
Lieferzeit stellte Henschel eine Vorführlok vom Typ
DH 360 ohne
Berechnung zur Verfügung. Diese Lok war identisch mit dem Modell
DH 440, wies aber mit 360 PS eine geringere Motorleistung auf.
Schließlich erwarb die DSB 1958 auch die erste Vorführlok und
retournierte die DH 360. Die drei Loks wurden als Baureihe MH eingereiht
und erhielten die Betriebsnummern 201-203.
Die erste Probelok trug bei Ablieferung die henscheltypische Farbgebung in blau mit
silbernen Gürtelstreifen sowie Rahmen und Fahrwerk in schwarz.
Folglich erhielt die Maschine vom Personal den Spitznamen "Den
blå Dame" (Die blaue Dame). Nach Ihrer Übernahme erhielt
die Maschine das grüne DSB-Farbschema, die beiden anderen Loks
wurden bereits grün ausgeliefert. Anfang der 1970er Jahre wurden die
Loks mit Funkgeräten ausgestattet, was äußerlich an den Dachantennen
erkennbar war. Vermutlich zeitgleich wurden für den Rangierbetrieb zwei orange
Blinklichter auf dem Führerhausdach montiert. Alle drei Henschel-Loks wurden
im Raum Kopenhagen bis Anfang der 1990er Jahre eingesetzt. Die
ehemalige Probelok MH 203 gelangte in den Bestand von "Danmarks
Jernbanemuseum", das die Lok ab 2006 wieder im blauen Henschel-Farbschema präsentierte
und 2019 im Zuge des neuen Museumskonzeptes an den Verein "Freunde des Schienenverkehrs
Flensburg" (FSF) veräußerte. Im Sommer 2022 stand die Lok immer noch bei CFL Cargo
in Padborg, beidseitig eingekeilt zwischen Schadfahrzeugen.
Die MH 201-203 dienten als direkte Vorlage für die Baureihe
MH, die ab 1960 die
neue Standard-Rangierlok der DSB wurde. Dabei handelte es sich aber
nicht um eine Lizenzausgabe des Henschelmusters, sondern um einen
nicht autorisierten Nachbau durch die Firma Frichs. Vorlage und
Nachbau glichen sich sowohl in den Abmessungen, als auch in der
Maschinenanlage und der technischen Ausrüstung. Tatsächlich
äußerten Vertreter von Henschel die Auffassung, daß
der Kauf der DH 440 durch die DSB nur dem Zweck gedient hätte, Frichs die
Gelegenheit zur Vermessung und Nachkonstruktion der Loks zu geben.
Eine juristische Klärung des Sachverhaltes wurde von keiner der
beteiligten Parteien angestrengt.
Museal erhaltenes Fahrzeug:
Freunde des Schienenverkehrs Flensburg (FSF): MH 203
Technische Daten MH 201-203 |
Anzahl |
3 |
Hersteller |
Henschel |
Baujahre |
1957 |
Achsfolge |
C |
Länge über Puffer |
9.440 mm |
Achsstand |
4.500 mm |
Motor |
MAN W8V17,5/22A, 8 Zylinder |
Leistung |
323 kW (440 PS) bei 1.100 U/min |
Kraftübertragung |
dieselhydraulisch |
Höchstgeschwindigkeit |
60/30 km/h |
Dienstgewicht |
40,5 t |
Abbildungen:
DSB MH 201-203:
Henschel DH 360:
Die Loks vom Typ Henschel DH 360 wurden 1954-57 in 14 Exemplaren als
Industrie- und Werkloks gebaut. Der Antrieb erfolgte durch einen 360 PS starken
Motor der Bauart Henschel-Sulzer, Typ 6 LD 22 oder MWM Typ RHS 335 S.
Zum Verbleib der einzelnen Loks s. Fahrzeugliste
Quellen:
Andersen, Torben (1996): DSBs trækkraft anno 1995/96, 2. del. Lokomotivet 43: 4-10.
Andersen, Torben (2015): Trillinger, DSB litra HH 201-203. Lokomotivet 119: 22-24.
N. N. (1957): Dieselhydraulisk rangerlokomotiv på prøve ved DSB. Vingehjulet 14.
årgang nr. 24: 277-278.
Nilsson, Tommy. Jernbanen.dk: www.jernbanen.dk
Poulsen, John (2013): Motor Materiel 8: Motormateriellet fra tyske fabrikker efter
1945. Smørum: bane bøger.
Zur Fahrzeug-Übersicht