S. A. Cockerill / CMI - Teil 2: Lokomotivbau bei Cockerill
John Cockerill begann sein Engagement im Eisenbahnwesen mit dem
Bau der ersten belgischen Eisenbahn, der ersten
kontinentaleuropäischen Bahn überhaupt. Für die 1835
eröffnete Linie Brüssel-Mechelen lieferte er die
Schienenprofile sowie die Lok "LE BELGE" (Der Belgier).
Dabei handelte es sich um den Lizenzbau eines Stephenson-Musters mit
der Achsfolge 1 A 1. Es war die erste Lok, die in Europa außerhalb
Großbritanniens gefertigt wurde. Weitere Aufträge folgten
und so konnte man schon 1844 die Lok mit der Werknummer 100 feiern.
Der Bau von Dampflokomotiven wurde bis 1949 fortgesetzt und erreichte
eine Stückzahl von 3.272. Geliefert wurden die verschiedensten
Muster, darunter die 6 legendären Stromlinienloks der
SNCB-Baureihe 12 von 1939 und 40 Loks der DRG-Baureihe 50 für
die deutsche Besatzungsmacht 1943-44. Eine Cockerill-Spezialität
waren kleine, zweiachsige Tenderloks für den Verschiebedienst
auf Industriegleisen und in Bahndepots. Die Loks waren mit einem
aufrechtstehenden Kessel versehen und trugen ein Führerhaus über
die gesamte Fahrzeuglänge. Die Bauart wurde in fünf Typen
von 1867 bis 1949 in über 890 Exemplaren gebaut und vorwiegend
nach Belgien und Frankreich geliefert.
Nach 1945 begann Cockerill mit der Lizenzfertigung von
Dieselmotoren, darunter das "Model 608A" von
"Baldwin-Westinghouse". Der 8-Zylinder Dieselmotor leistete
1.750 PS und bot damit ausreichend Leistung für
dieselelektrische Streckenloks. So entstanden für
die Belgischen Staatsbahnen SNCB 1954-55 die vierachsige Reihe 201
(ab 1971 Reihe 59) in 55 Exemplaren und 1961-63 die sechsachsige
Reihe 200 (ab 1971 Reihe 51) in 93 Exemplaren. Nennenswerte
Exporte gelangen u.a. 1953-54 mit dem sechsachsigen Typ 2R-616E nach
Argentinien in 50 Exemplaren sowie 1983 mit der sechsachsigen Reihe
D18E für die Vietnamesischen Eisenbahnen in 16 Exemplaren.
Darüber hinaus lieferte Cockerill kleinere Dieselloks in
verschiedenen Ausführungen für den Einsatz auf Werkbahnen
und den Verschiebedienst. Die Fahrzeuge liefen auf zwei-, drei- oder
vierachsigen Fahrwerken und waren mit Motorleistungen von 350-1.200
PS versehen. Die Kraftübertragung erfolgte hydrostatisch,
hydrodynamisch oder elektrisch.
Cockerill-Loks in Dänemark
Cockerill lieferte für "Det Sjællandske
Jernbaneselskab" (SJS) 1891 4 Loks der Reihe
SJS B
und 3 Loks der Reihe
SJS L sowie 1892 die Rangierlok
SJS M 92. Alle diese
Fahrzeuge gelangten 1893 in den Bestand der DSB, keines davon blieb erhalten.
Verschiedene dänische Privatbahnen erwarben 1898-1905 insgesamt
16 Cockerill-Lokomotiven in Form von Tenderloks mit den Achsfolgen
C und
1' C sowie als Schlepptenderloks mit
der Achsfolge
1' B. Ein typisches
Merkmal der von Cockerill gestalteten Dampfloks waren die
Seitenfenster des Führerhauses, die senkrecht geteilt und als
Schiebefenster mit blanken Metallrahmen ausgeführt waren.
Die vorerst letzte Lieferung von Cockerill-Lokomotiven nach Dänemark erfolgte 1993,
als die DSB den Ersatz ihrer veralteten Baureihe MH plante. Es waren
30 Loks vom Typ CMI 500 mit hydrostatischer Kraftübertragung als
Reihe
DSB MJ bestellt, geliefert wurden aber nur ein Prototyp sowie
zwei Serienloks. Deren Erprobung verlief so unglücklich, daß
der Auftrag storniert und stattdessen die Reihe DSB MK beschafft wurde.
Übersicht
Teil 1: John Cockerill und sein Unternehmen
Teil 2: Lokomotivbau bei Cockerill
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