Nachkriegsbedingungen in Dänemark
Mit dem Ende der Besetzung Dänemarks im Maj 1945 verblieben die
Eisenbahnen des Landes in einem desaströsen Zustand. Die
Rationierung von Treibstoffen und Gummi hatte einen großen Teil
des Verkehrs auf die Schiene verlagert. Hier konnte aber auch nur auf
Verschleiß gefahren werden und an Neuanschaffungen war schon
gar nicht zu denken. Insbesondere die dänischen Privatbahnen
verfügten 1945 kaum noch über brauchbares Material und
benötigten dringend Ersatz für die Beförderung von
Fahrgästen. Da die dänischen Eisenbahnhersteller während
der Besetzung alle Neuentwicklungen eingestellt hatten, richtete sich
das Interesse auf die vierachsigen
"Rälsbussar" in Schweden. Eine Studiengruppe des
Verbandes der dänischen Privatbahnen bereiste das Nachbarland
und empfahl anschließend die Beschaffung dieser Fahrzeuge. Die
Schienenbusse wurden als moderne und wirtschaftliche Verkehrsmittel
beschrieben, die durch Komfort und Geschwindigkeit gegen den
wiederauflebenden Straßenverkehr bestehen konnten.
Wegen der angespannten
Haushaltslage Dänemarks konnten die Schienenbusse allerdings
nicht einfach bei Hilding Carlsson in Schweden bestellt werden. Jeder
Import bedurfte der Genehmigung des "Direktoratet for
Vareforsyning", das Devisenausgaben nur äußerst
restriktiv zuließ. Eine Lösung fand sich mit der Firma
Scandia in Randers, die bereits im Dezember 1945 ein Lizenzabkommen
zur Fertigung von Schienenbussen mit Hilding Carlsson abschließen
konnte. Danach lieferten die Schweden alle Zeichnungen und zahlreiche
Teile für die ersten Wagen. Scandia hatte pro Fahrzeug lediglich
eine Gebühr von Dkk 1500,- zu zahlen (ca. 1,5 % des
Verkaufspreises). Abgesehen von der Solidarität unter den skandinavischen
Nachbarländern konnte sich Hilding Carlsson diese Großzügigkeit
leisten, da sein eigenes Unternehmen mit Aufträgen der SJ
reichlich versorgt war. In Bezug auf Motoren und
Getriebe gab es die gleichen Importprobleme und so sollte Frichs in
Århus eine passende Eigenentwicklung anbieten. Bis dahin gab es
mit der schwedischen Scania Vabis einen Vertrag über die Lieferung von 10 Motoren
für die ersten Schienenbusse.
Weiterentwicklung durch Scandia
Die Entwicklung der
dänischen Schienenbusse lief in enger Zusammenarbeit zwischen
Scandia und dem Verband der dänischen Privatbahnen. Das Ergebnis
war ein allgemein überarbeitetes Fahrzeug, das gegenüber
dem schwedischen Vorbild folgende äußerlich auffälligen
Neuerungen aufwieß:
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Der Wagenkasten war aus
geschweißten Stahlprofilen aufgebaut und mit Blech beplankt.
Die großen seitlichen Flächen unter den Fenstern waren
leicht nach außen gewölbt, um Schwingungen zu vermindern. |
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Die Stirnflächen
waren stärker geknickt und die Scheinwerfer waren asymmetrisch
angeordnet. |
Andere Merkmale wurden dagegen übernommen:
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Der Führerstand
befand sich auf der linken Fahrzeugseite (in Dänemark sonst
immer rechts). Damit waren weniger konstruktive Änderungen nötig
und es ließen sich leichter Bus- oder Lkw-Fahrer zu
Bahnpersonal umschulen. |
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Die hochgeklappten
Gepäckgitter an den Fahrzeugenden wurden als behelfsmäßige
Stoßfänger übernommen, die bei Kollisionen die
leichtgebauten Schienenbusse schützen sollten. Die Gepäckträger
auf dem Fahrzeugdach mit seitlichen Leitern wurden optional
angeboten. |
Zur Kostensenkung war
eine standardisierte Produktion vorgesehen, die Aufteilung des
Innenraums entsprach dem schwedischen Vorbild. Wahlmöglichkeit
bestand nur bei der Farbvarianten der Sitzbezüge, der Gardinen und
des Wagenkastens. Die erwartete Lebenszeit der Schienenbusse wurde mit
10-15 Jahren angegeben.
Bei- und Gepäckwagen
Scandia bot für
seine Schienenbusse vierachsige Beiwagen an, die im Design den
Triebfahrzeugen entsprachen. Die Beiwagen waren in einer kurzen
und einer langen Version verfügbar. Wahlmöglichkeit bestand bei der Aufteilung des
Innenraums der Fahrzeuge, wobei die endständigen Einstiegsräme auf
Kosten des Fahrgastraumes vergröert werden konnten. So ließen sich Abteile
für Traglasten und Post einrichten. Die
Beiwagen verfügten über 30-40 Sitzplätze, die
Packabteile waren für rund 2,0 t ausgelegt und mit
seitlichen Schiebetüren versehen. Zur Stromversorgung gab es ein Kabel
zum Triebwagen, die Heizung erfolgte mittels eines koksgefeuerten Kessels, der das Wasser
des Heizungssystems erwärmte. Insgesamt entstanden sieben
Typen von Beiwagen.
Auf Wunsch einiger
Bahnverwaltungen gab es zusätzlich auch zweiachsige Gepäckwagen,
die allgemein als "Rumpegeder" bezeichnet wurden.
Bei unterschiedlichen Ausführungen wurde der Packraum durch eine Trennwand unterteilt,
so daß ein Postabteil eingerichtet werden konnte. Letzteres erhielt eigene Schiebetüren
und war mit einem Koksofen ausgestattet. Die Gepäckwagen entsprachen weitgehend dem schwedischen Vorbild
mit einem blechverkleideten Holzaufbau und durchgehend abgeschrägten
Stirnseiten. Durch unterschiedlich aufgeteilte Pack- und Postabteile ergaben sich verschiedene
Varianten bei der Anzahl und Anordnung von Türen und Fenstern.
Die Zuladung betrug bis zu 3,0 t.
Bezeichnung der Fahrzeugtypen
Für die
verschiedenen Fahrzeugtypen setzten sich folgende Bezeichnungen
durch, die von fast allen Bahnverwaltungen angewendet wurde:
Sm = "Skinnebus motorvogn" (Motorwagen)
Sp = "Skinnebus påhængsvogn" (Beiwagen)
Sb = "Skinnebus bagagevogn" (Gepäckwagen)
Auslieferung
Die Auslieferung der Skinnebusser erfolgte in zwei Serien:
Serie I: Die erste Auslieferung der Scandia-Schienenbusse verzögerte
sich bis Anfang 1947, da es Schwierigkeiten mit dem Import der
benötigten Materialien gab. Bis 1949 waren aber
alle Bestellungen der sogenannten "Serie I" ausgeliefert.
Serie II: Noch während
der Auslieferung der ersten Serie wurde Bedarf an weiteren Fahrzeugen
angemeldet und verschiedene Verbesserungen diskutiert. Um das
bestehende Lizenzabkommen nicht zu verletzen, wurden die
neuentwickelten schwedischen Schienenbustypen dabei nicht
berücksichtigt.
Die zweite Serie wurde ab 1951 mit folgenden Neuerungen ausgeliefert:
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Der Dachgepäckträger
entfiel und damit auch die seitlichen Leitern, wodurch der
Wagenkasten um knapp 10 cm verbreitert werden konnte. |
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Die Einstiegstüren
wurden verbreitert, um u.a. Kinderwagen besser einladen zu können. Da
die Maße des Fahrgastraums und des gesamten Fahrzeugs
beibehalten werden sollten, wurden die Stirnseiten modifiziert: Die
Flächen unter den Fenstern wurden steiler angelegt, so daß
sich die Fensterfronten zu den Fahrzeugenden hin verschoben. Die
unterschiedlich stark geknickten Fronten sind übrigens auch der
augenfälligste Unterschied zwischen den Fahrzeugen der Serie I
und der Serie II. |
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Allgemeine technische
Verbesserungen betrafen die Drehgestelle, die Bremsen und das
Kühlsystem. Eine Änderung der Getriebeübersetzung
ließ jetzt eine Höchstgeschwindigkeit von 75 km/h zu. |
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Die Trennwand
zwischen den Abteilen wurde einen Fensterschritt nach hinten
versetzt, um das Raucherabteil zu vergrößern. |
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Ein WC mit Wasserspülung war jetzt Standard, auch für die Beiwagen. |
Die Ausführung der Beiwagen der Serie II wurde entsprechend den Motorwagen angepaßt, die
zweiachsigen Gepäckwagen wurden dagegen für beide Lieferserien unverändert gebaut.
Gesamtzahlen der Lieferserien (Regelspur): |
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Serie I (1947-49) |
Serie II (1951-54) |
Gesamt |
Triebwagen |
53 |
36 |
98 |
Beiwagen |
40 |
33 |
73 |
Gepäckwagen |
8 |
10 |
18 |
Schmalspur-Schienenbusse für Bornholm
Besondere Anforderungen
stellten die "De Bornholmske Jernbaner" (DBJ), ihrerzeit die letzte
aktive öffentliche Schmalspurbahn Dänemarks. Das Fahrwerk der Fahrzeuge
mußte an 1000 mm Spurweite angepaßt werden und auch die
Wagenkästen waren schmaler auszuführen. Die Triebwagen
wurden mit amerikanischen Hercules Dieselmotoren ausgerüstet,
die über den Marshallplan günstig beschafft werden konnten.
Drei der Schienenbusse entsprachen der Serie I, einer der Serie II.
Ergänzend wurden in gleicher Anzahl Beiwagen beschafft.
Motortausch
Zahlreiche Skinnebusser
erhielten in den 1960er Jahren neue Motoren. Hierbei handelte es sich
um Leyland-Dieselmotoren, die in Großserie für Busse
gefertigt wurden. Diese Maschinen waren robust und wirtschaftlich, so
daß die verschlissenen Frichs-Motoren weitgehend ersetzt
wurden.
Skinnebusser Übersicht
Teil 1: Schwedische Vorfahren
Teil 2: Entwicklung
Teil 3: Einsatz
Teil 4: Technische Beschreibung
Teil 5: Tabelle Technische Daten
Teil 6: Farbvarianten
Fahrzeugliste
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