Hilding Carlssons "Rälsbussar"
Die Entwicklung der Schienenbusse in Schweden ist untrennbar mit dem Namen Hilding
Carlsson verknüpft, der in Umeå eine mechanische Werkstatt
betrieb. Seit Ende der 1920er Jahre gehörten auch Draisinen zum
Sortiment, die nebenbei zur Beförderung kleinerer Gruppen wie
Skiurlaubern und Kirchgängern Verwendung fanden. Die Fahrzeuge
bewährten sich dabei so gut, daß Anfang der 1930er Jahre
einige Draisinen mit mehr Sitzplätzen geordert
wurden. Die Fahrzeuge hatten kastenförmige Karosserien und sind
als die ersten schwedischen Schienenbusse zu betrachten. Eines dieser Fahrzeuge
ist im SJ-Museum in Gävle erhalten.
SJ Y
Aus seinen Draisinen
entwickelte Hilding Carlsson 1935 seinen zweiachsigen "Rälsbuss"
(Schienenbus) mit schrägen Fronten, womit die klassische Form
dieser Fahrzeuge gefunden war. Bis 1938 wurden über 70
Schienenbusse an die SJ als Baureihe "Y" und verschiedene
Privatbahnen in verschiedenen Spurweiten geliefert. Die SJ-Farbvarianten
orientierte sich an den damaligen Überlandbussen: Blaßgelb
mit dunkelgrüner Zierlinie unter den Fenstern.
Der Wagenkasten der
Schienenbusse war in Leichtbauweise aus Holz aufgebaut und mit Blech
verkleidet, die Stirnseiten waren nach hinten geneigt. An den
Fahrzeugenden war jeweils ein Führerstand und beiderseitig
Einstiegstüren vorhanden. Der Fahrgastraum bot 24 Sitzplätze,
die Heizung erfolgte durch das Kühlwasser. Einige Schienenbusse
erhielten Dachgepäckträger und herunterklappbare
Gepäckgitter an den Stirnseiten. Der Benzinmotor war an einem
Fahrzeugende plaziert und wirkte über ein viergängiges
Kfz-Getriebe mit nachgeschaltetem Wendegetriebe. Der Antrieb erfolgte
über Kardanwellen auf beide Achsen. Regelpuffer und -kupplungen
waren nicht vorhanden, es konnte aber ein kleiner zweiachsiger
Gepäckwagen über eine Stangenkupplung mitgeführt
werden.
SJ Yo1
Dem Erfolg der zweiachsigen Schienenbusse folgte der Wunsch nach größeren
Fahrzeugen mit besseren Laufeigenschaften. Hilding Carlsson
konstruierte daher auf der bewährten Basis einen längeren
Schienenbus auf zweiachsigen Drehgestellen, von denen jeweils die
innenliegende Achse angetrieben wurde. Neu war auch ein WC und
pneumatisch bedienbare Falttüren. Die Stirnseiten fielen nicht
mehr als durchgängige Fläche ab, sondern
waren unterhalb der Fenster etwas steiler ausgeführt. Auch bei diesen
Fahrzeugen bestand der Wagenkasten aus einer blechverkleideten
Holzkonstruktion.
Zusätzlich waren vierachsige Beiwagen im Angebot, die Raum für
Reisende, Gepäck und Postbüros in allen möglichen
Varianten boten. Als Kupplung wurde zunächst ein
Straßenbahnmuster verwendet, bis 1944 das System Scharfenberg
eingeführt wurde.
Die Drehgestell-Schienenbusse wurden ab 1937 für Schmal- und
Regelspur an schwedische Privatbahnen und als Baureihe Yo1 an die SJ
geliefert. Ein einzelnes Fahrzeug wurde an die finnische VR in 1524
mm Breitspur exportiert. Ab 1940 wurden die Schienenbusse auch mit
Scandia-Vabis Dieselmotoren ausgeliefert, die deutlich
kostengünstiger zu betreiben waren.
SJ Yo1s
1944 setzte die SJ eine Komission ein, die Empfehlungen für die Weiterentwicklung der
Schienenbusse erarbeiten sollte. Als Folge dieser Ergebnisse lieferte
Hilding Carlsson ab 1946 eine allgemein verbesserte Version aus, die
als SJ-Baureihe Yo1s in Dienst gestellt wurde. Die Fahrzeuge waren an
einer höheren und breiteren Karosserie erkennbar, die wie bei den
Vorgängerversionen aus einer blechverkleideten
Holzkonstruktion bestand. Insgesamt waren die Fahrzeuge stabiler
ausgeführt und wiesen verstärkte Drehgestelle auf.
Das Erscheinungsbild der Beiwagen wurde
entsprechend angeglichen.
Die Empfehlungen der Komission zur Weiterentwicklung der
Schienenbusse führten in den 1950er Jahren schließlich zu
neuen Baumustern, die als "
Stålrälsbussar"
bzw. als "
Daddelæsker"bekannt wurden.
Einsatz und Verbleib
Die Hilding Carlsson
Schienenbusse bewährten sich insgesamt gut und waren bis in die
1950er Jahre im Einsatz. Einige Exemplare der zweiachsigen Variante
fanden weitere Verwendung als Bahndienstfahrzeuge und als
Turmtriebwagen zur Wartung von Oberleitungen. Die Vierachser wurden
von der SJ Baureihe Y6 abgelöst. Beispiele aller
Hilding Carlsson-Typen sind bei verschiedenen schwedischen
Eisenbahn-Museen erhalten.
Bahndienstfahrzeuge
Mitte der 1930er Jahre begann man in Schweden, ältere zweiachsige Triebwagen vom Typ
"Hilding Carlsson Rälsomnibus" als Bahndienstfahrzeuge umzurüsten. Ab den
1960er Jahren wurden dann auch überzählige vierachsige Rälsbussar bei der SJ
und der TGOJ als "Skinnelastbil" (Schienen-Lkw) umgewidmet und die Fahrzeuge für
die Instandhaltung von Gleisanlagen ertüchtigt. Diese Bauform wurde in den 1970er Jahrern beim Umbau
dänischer Scandia-Skinnebusser zu
Bahndienstfahrzeugen adaptiert.
Technische Daten SJ "Rälsbussar": |
|
SJ Y |
SJ Yo1 |
SJ Yo1s |
Anzahl |
über 70 |
über 150 |
ca. 80 |
Hersteller |
Hilding Carlsson |
Hilding Carlsson |
Hilding Carlsson |
Baujahr |
1935-38 |
1937-(?) |
1946-50 |
Achsfolge |
B |
(1A)' (A1)' |
(1A)' (A1)' |
Länge über Wagenkasten |
9.250 mm |
12.650 mm |
12.650 mm |
Motor |
Scania-Vabis |
Scania-Vabis |
Scania-Vabis |
Antriebsart |
benzinmechanisch |
benzin- / dieselmechanisch |
dieselmechanisch |
Leistung |
100-115 PS |
130-150 PS |
160 PS |
Höchstgeschwindigkeit |
80 km/h |
80 km/h |
80 km/h |
Dienstgewicht |
6,75 t |
10,3 t |
12,9 t |
Sitz- / Stehplätze |
24 / 38 |
46 / 43, Toilette |
46, Toilette |
Skinnebusser Übersicht
Teil 1: Schwedische Vorfahren
Teil 2: Entwicklung
Teil 3: Einsatz
Teil 4: Technische Beschreibung
Teil 5: Tabelle Technische Daten
Teil 6: Farbvarianten
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