In den 1920er Jahren wurden vielfältige Versuche unternommen, mit kleinen,
motorgetrieben Fahrzeugen den Rangierbetrieb zu beschleunigen. So
stellte die BMAG 1928 einen nach Vorgaben der Niederländischen
Staatsbahn (NS) gebauten Fahrzeugtyp vor, der in weiterentwickelter
Form u.a. auch nach Dänemark geliefert wurde
(
SB 2, DSB Traktor 71).
Die Deutsche Reichsbahn (DRG) interessierte sich ebenfalls für diese
Maschinen und initiierte ein breit angelegtes Entwicklungsprogramm,
um ideale Lösungen für das Fahrzeugkonzept, die Motorbauart
und die Kraftübertragung zu finden. Zahlreiche namhafte deutsche
Industriebetriebe lieferten 1930 und 1931 zwei Versuchsserien mit
vielfältigen technischen Lösungen. Die Erfahrungen mit
diesen Maschinen führten 1932 unter Leitung der DRG schließlich
zur Einsetzung zweier Arbeitsgruppen, die einheitliche Baumuster für
zwei verschiedene Leistungsgruppen ausarbeiten sollten. Gefordert
waren einfach zu bedienende "Kleinlokomotiven", die auch
von angelerntem Bahnhofspersonal betrieben werden konnten.
Wesentliche Merkmale waren seitliche Trittbretter und ein Führerstand
mit tiefliegendem Boden, der ein einfaches Seitenwechseln für
den Rangierer ermöglichte. Die seitlichen Fenster und Türen
des endständigen Führerhauses waren offen und konnten mit
einer Plane verhängt werden. Die Maschinenanlage war in einem
schmalen, halbhohen Vorbau untergebracht, der durch seitliche
Einsteckbleche für Wartungszwecke zugänglich war.
Die Kleinlokomotiven erhielten Typenbezeichnungen aus bis zu drei Buchstaben, die ihre
Motorisierung und die Form der Kraftübertragung beschrieben,
zusätzlich wurde die Leistungsgruppe angegeben:
Typenbezeichnungen der Kleinlokomotiven |
1. Stelle: |
2. Stelle: Antrieb |
3. Stelle: Transmission |
4. Stelle: Leistungsgruppe |
K = Kleinlokomotive |
ö = Ölmotor (Diesel) |
e = Elektromotor |
I = bis 39 PS |
|
b = Benzolmotor |
f = Flüssigkeitsgetriebe |
II = 40-150 PS |
|
d = Dampfmaschine |
(ohne) = mechanische Kupplung |
|
|
g = Gasmotor (Generatorgas) |
|
|
|
s = Speicher |
|
|
|
a = Akku (ab 1960) |
|
|
Die Fahrzeuge der Leistungsgruppe II wurden von der "Arbeitsgemeinschaft
für Motor-Kleinlokomotiven" bestehend aus den Firmen KHD,
Jung, Krauss-Maffei, O&K und BMAG in enger Zusammenarbeit mit dem
Reichsbahn-Zentralamt für Maschinenbau (RZM) in Berlin
entwickelt. Trotz einer
einheitlichen äußeren Erscheinung gab es unterschiedliche
Lösungen beim Antriebsstrang, wobei sich eine Kombination aus
Dieselmotor und hydraulischer Kraftübertragung durchsetzte, der
Antrieb der Radsätze erfolgte über Rollenketten.
Entsprechend ergab sich die Typenbezeichnung "Köf"
(Kleinlok mit Ölmotor und Flüssigkeitsgetriebe). Bis 1945
wurden diese Loks in über 1000 Exemplaren für die DRG
gebaut, weitere Maschinen gingen an Privat- und Industriebahnen sowie
in den Export. Die DRG-Kleinloks waren Tiefschwarz (RAL 9005)
lackiert, die Pufferbohlen waren in Karminrot (RAL 3002) gehalten.
Nach Ende des zweiten Weltkriegs fanden sich zahlreiche, zumeist schadhafte
Kleinlokomotiven auf den Gebieten der beiden neuen deutschen
Staatsbahnen. Die Deutsche Reichsbahn (DR) konnte einige hundert
Kleinloks der Leistungsgruppe II reaktivieren und beschaffte darüber
hinaus 32 Nachbauten vom VEB Lokomotivbau "Karl Marx",
Babelsberg. Eine weitere Produktion der Maschinen unterblieb zu
Gunsten der Neuentwicklung
V 10 B.
Die DR behielt zunächst das
Farb- und das Nummernschema der DRG bei, ab 1970 erhielten die Loks
die EDV-gerechten Baureihen 100.1-100.8. In späteren Jahren
wurden bei einigen Loks die seitlich offenen Führerstände
mit Fenstern und Türen geschlossen.
Die DB konnte 444 Altbau-Köf II übernehmen und legte zusätzlich ein
Neubauprogramm auf. Bis das Nachfolgemuster
Köf III in
ausreichender Anzahl verfügbar war, wurden 1948-65 insgesamt 736
Neubau-Köf II in mehreren Tranchen geliefert. Die Neubau-Köf
II wurden mit vereinheitlichten Motoren und dem dreistufigen
Voith-Strömungsgetriebe L 33 U ausgerüstet. Sie wurden
zunächst mit seitlich offenen Führerhäusern geliefert,
die erst ab 1971 wetterfest geschlossen wurden. Für die DB Köf
II wurde ab 1953 das rote Farbschema (RAL 3004) eingeführt, die
späteren Vorgaben Ozeanblau/Elfenbein (RAL 5020/1014), Orientrot
(RAL 3031) und Verkehrsrot (RAL 3020) kamen bei der Köf II nicht
zur Anwendung. 1968 erhielten die Köf II der DB ein neues
EDV-gerechtes Nummernsystem, wobei in Abhängigkeit von der
technischen Ausrüstung die Baureihen 321, 322, 323 und 324
vergeben wurden. Die letzten Köf II standen bei der DB über
das Jahr 2000 hinaus in Dienst, zahlreiche ausgemusterte Maschinen
wurden an private Betreiber und ins Ausland verkauft.
Die Idee der Kleinlokomotiven stieß in Dänemark schon in den 1930er
Jahren auf vielfältiges Interesse. So nutzten die Firmen Frichs
und Triangel die konzeptionellen Vorgaben für Ihre Muster
"
Kommoder" bzw.
"
Modell II und III" und die
Papierfabrik "Magle Mølle" erwarb 1937 eine
BMAG-Lok Typ LDE 80 entsprechend der Kö II. Die DSB unterzog 1964 die
Neubaulok
DB Köf 6645 (O&K 26053 / 1960) einer gründlichen Erprobung und orderte
daraufhin bei Frichs 40 entsprechende Rangiertraktoren, die als
"
Køf"
bekannt wurden. Schließlich versorgten sich in den 1980er
Jahren einige dänische Privatbahnen mit der bewährten Köf
II (BR 322/323) aus ehemaligen DB-Beständen, eine der Loks
gelangte sogar zur DSB. Die Loks stammten von verschiedenen Herstellern und
unterschieden sich von der dänischen "Køf" u.a. durch
den Preßluftbehälter auf dem Vorbau.
Vereinzelt kamen weitere Köfs nach Dänemark bei der Anlage neuer Trassen
durch internationale Gleisbauunternehmen: So betrieb die schwedische "Balfour Beatty Rail AB"
eine Altbau Kö II u.a. beim Bau der kopenhagener Metro. 2015 gelangte eine weitere Köf II
unbekannten Ursprungs nach Dänemark bei der Anlage der "Århus letbane"
durch die italienische "Generale Costruzioni Ferroviarie S.p.A." (GCF).
Technische Daten Köf II in Dänemark: |
|
BMAG LDE 80 |
DB-Neubau Köf II |
Anzahl |
2 |
11 |
Hersteller |
BMAG |
Deutz, Gmeinder, O&K, |
Baujahre |
1937 |
1948-65 |
Achsfolge |
B |
B |
Länge über Puffer |
7.535 mm |
6.450 mm |
Motorvarianten |
MWM, 6 Zylinder |
Deutz A 6 M 517/617, 6 Zylinder Kaelble GN 130 s, 6 Zylinder |
Leistung |
81 kW (110 PS) bei 1250 U/min |
92 kW (125 PS) bei 1300 U/min |
Kraftübertragung |
dieselmechanisch |
dieselhydraulisch |
Höchstgeschwindigkeit |
30 km/h |
30/45 km/h |
Dienstgewicht |
19,0 t |
15,1-17,0 t |
Abbildungen:
Köf II Erprobung in Dänemark:
Köf II (Altbau) in Dänemark:
Köf II (Neubau) in Dänemark:
Köf II bei Industri- und Werkbahnen etc.:
Köf II internationaler Gleisbauunternehmen:
Museal bewahrte Köf II in Dänemark:
Köf II bei DB und DR:
Kö II bei den Harzer Schmalspurbahnen GmbH (HSB):
Im Bestand der Harzer Schmalspurbahnen GmbH (HSB) befanden sich
ebenfalls drei spezielle Kö II, die in den Jahren 1984 bzw. 1991 auf die
Spurweite 1000 mm umgerüstet wurden. Dabei handelte es sich um die Loks
HSB 199 010-0 (BMAG 10224 / 1934, ex DR 100 322, ex Kö 4325),
HSB 199 011-8 (Jung 5668 / 1935, ex DR 100 639, ex Kö 4639) und
HSB 199 012 (Bj. 1933, ex DR 100 213, ex Kö 4113).
Zum Verbleib der einzelnen Loks s.
Fahrzeugliste.
Quellen:
Deutsche-Kleinloks.de: www.deutsche-kleinloks.de
Englmann, Max & Ludwig, Herbert (1963): Handbuch der Dieseltriebfahrzeuge der Deutschen Bundesbahn. Frankfurt a.M.:
Vermögensverwalter der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivbeamten und Anwärter GmbH.
Glatte, W. (1981): Diesellokomotiven deutscher Eisenbahnen. Düsseldorf: Alba Buchverlag.
Lundstrøm, Jan (2004): Køf - de små slidere. Jernbanen 2/2004: 24-35.
Niederstraßer, Leopold (1983): Über die Entwicklung der Kleinlokomotiven. Lok-Magazin 118: 21-31.
Der Artikel "Køf - de små slidere" ist in deutscher Übersetzung
von Horst Ebert mit dem Titel "Køf - die kleinen Arbeiterinnen" als pdf-Datei
erhältlich unter:
www.deutsche-kleinloks.de/download/kleinloks_daenemark.pdf.
Zur Fahrzeug-Übersicht