Anfang der 1930er Jahre galt Frichs weltweit als einer der führenden Anbieter
dieselbetriebener Schienenfahrzeuge. Mit dem Großauftrag der
Königlichen Eisenbahngesellschaft Siams (RSR) und einigen
Erfolgen im heimischen Markt als Referenzen, begann Frichs europaweit
Partner und Kunden zu suchen. Die allgemein vorherrschende
protektionistische Handelspolitik erschwerte jedoch den Export
vollständiger Fahrzeuge. Daher bot Frichs seine Expertise auch
in Form von Lizenzvereinbarungen zur Fertigung von Motoren an.
Folgende Abschlüsse konnten erzielt werden:
Belgien
1934 schloß Frichs eine Lizenzvereinbarung mit der belgischen "Société
Anonyme des Ateliers de Construction de la Meuse", das für
Belgien, Luxemburg und Belgisch Kongo galt. Als Folge dieser
Vereinbarung wurde lediglich der Verkauf von zwei Frichs-Motoren
erreicht, die in einem der vier Schnelltriebzüge von "Baume
& Marpent" Verwendung fanden. Dabei handelte es sich um
dreiteilige Versuchstriebwagen mit dieselelektrischer
Kraftübertragung, mit denen die Belgischen Staatsbahnen (SNCB)
verschiedene Motortypen auf ihre Eignung für den Schnellverkehr
untersuchte. Der Triebzug mit den Frichs-Motoren ging 1936 mit der
Betriebsnummer 656.01 in Dienst und wurde 1944 beim Angriff auf die
Stadt Muizen zerstört. Die Lizenzvereinbarung wurde 1947 annulliert.
Deutschland
Unter deutscher Besatzung erhielt Frichs 1942 eine Bestellung der DRG über
einige Kessel für die Baureihe 52 sowie über 10 Loks der Baureihe 44 (1943 auf den
Typ 44 ÜK geändert). Als Kriegsloks erhielten die Maschinen keine Frichs-Firmenschilder,
sondern lediglich Stempel am Rahmen. Die unfertigen Maschinen wurden
1944 nach Deutschland überführt und ab 1948 bei dem "VEB
Lokomotivbau Elektrotechnische Werke (LEW) Hans Beimler" in
Hennigsdorf bei Berlin fertiggestellt (die Loks erhielten Werknummern
von Borsig, da LEW als Nachfolge dieses Unternehmens entstand). Die
Lokomotiven standen bei der DR bis Ende der 1970er Jahre im Dienst,
keine der Maschinen wurde erhalten.
DR-Loks der Baureihe 44 von A/S Frichs: |
Baujahr / Frichs Werknr. |
LEW Werknr. |
DR |
DR ab 19?? |
1949 / 326 |
16318 |
44 1231 |
44 0231-9* |
1949 / 327 |
16322 |
44 1232 |
44 9232-9 |
1949 / 328 |
16319 |
44 1233 |
44 0233-5* |
1948 / 329 |
16313 |
44 1234 |
44 1234-2 |
1949 / 330 |
16314 |
44 1235 |
44 0235-0* |
1949 / 331 |
16315 |
44 1236 |
44 1236-7 |
1949 / 332 |
16316 |
44 1237 |
44 1237-5 |
1949 / 333 |
16317 |
44 1238 |
44 9238-5 |
1949 / 334 |
16320 |
44 1239 |
44 1239-1 |
1949 / 335 |
16321 |
44 1240 |
(nicht umgezeichnet) |
* = umgerüstet auf Ölfeuerung
Estland
Die Estnischen Staatsbahnen "Eesti Raudtee" (EVR) beschafften 1934
Frichs-Motoren für den Einbau in dieselelektrische Triebwagen.
Die beiden Triebwagen EVR M 3-4 für 750 mm Schmalspur wurden aus
vormaligen Drehgestell-Personenwagen aufgebaut und erhielten je einen
Frichs-Motor Typ 6135CA mit 165 PS Leistung (Lizenzbau durch
Tammerfors). Der Triebwagen EVR DeM 31 für 1.524 mm Breitspur
wurde mit einem Frichs-Motor Typ 6175CA und 240 PS Leistung
ausgestattet. Alle genannten Fahrzeuge wurden im 2. Weltkrieg zerstört.
Finnland
Die finnische "Tammerfors Mekaniska Verkstad" erwarb 1932
eine Lizenz zum Vertrieb von Frichs-Motoren in Finnland, Russland und
den Baltischen Staaten mit einer Laufzeit von 15 Jahren. 1934 wurden
drei Motoren an die Estnischen Staatsbahnen für deren Triebwagen
M 3, M 4 und DeM 31 geliefert. 1935 folgten vier weitere Motoren, die
die Finnischen Staatsbahnen (VR) u.a. in ihren Triebwagen vom Typ Dm
2 verbaute, von denen einer im "Haapamäki Dampflokmuseum"
erhalten blieb. Unabhängig von der Lizenzvereinbarung erhielt
Frichs 1945 Bestellungen für fünf dieselmechanische
Rangiertraktoren, von denen vier als Reparationsleistungen an die
Sowjetunion weitergeleitet wurden und eine im Land verblieb (Frichs 354/1945
blieb im Eisenbahnmuseum "Toijalan Veturimuseo" erhalten). 1946 folgte
ein Auftrag der VR über 20 Dampfloks der Reihe Tk 3, einem in Finnland weit
verbreiteten Typ mit der Achsfolge 1' D und mit einem dreiachsigen
Tender. Aus dieser Lieferung blieben die Loks Tk3 1147, 1150, 1154, 1159 und 1167 erhalten.
Frankreich
1934 wurde eine Lizenzvereinbarung mit der französischen "Corpet
Louvet & Cie.", Paris über die Fertigung von
Frichs-Motoren geschlossen. Für die "Chemin de Fer du
Nord" lieferte Corpet Louvet & Cie. drei dieselelektrische
Rangierloks, die mit in Lizenz gefertigten Frichs-Motoren ausgerüstet
waren. Die Loks erhielten die Bezeichnung BDR 7-9 (später SNCF
18001-18003) und waren bis in die 1960er Jahre im Einsatz. 1937
folgten für die Französischen Staatsbahnen (SNCF) zwei
Triebwagen, die mit der gleichen Maschinenanlage wie die DSB-Reihe MO
ausgestattet waren. Die Fahrzeuge erhielten die Betriebsnummern ZZy
20001-20002 (ab 1939 ZZ CL 1001-1002) und wurden um 1950 ausgemustert.
Großbritannien
1933 schloß Frichs mit der britischen
"The Vulcan Foundry Limited i Newton-le-Willows, Lancashire"
ein Lizenzabkommen über den Vertrieb von Frichs-Motoren im
gesamten Britischen Empire sowie für alle Bahngesellschaften,
die sich im Besitz britischen Kapitals befanden. Die entsprechenden
Produkte sollten unter dem Namen "Vulcan-Frichs"
vermarktet werden. 1934 begann Vulcan Ltd. mit dem Bau der
dreiachsigen Rangierlok "Vulcan" mit einem Frichs-Motor
und dieselmechanischer Kraftübertragung. Wegen Problemen mit dem
Getriebe konnte die Lok erst ab 1936 als Demonstrator genutzt werden,
bis sie 1939 durch das "War Department" requiriert wurde.
1938 orderten die "New Zealand Railways" (NZR) 10
dieselmechanische Triebwagen für das Schmalspurnetz der
Südinsel. Die Wagen mit der Achsfolge (A1A)' 2' erhielten je
einen Frichs-Motor vom Typ 6185 CA und auch die Maschinendrehgestelle
zeigten wesentliche Merkmale der DSB-Reihe MO. Die Auslieferung der
Wagen RM 50-59 zog sich kriegsbedingt bis 1942, wobei eines der
Fahrzeuge nördlich von Irland durch Torpedierung verloren ging.
Die verbliebenen Wagen erhielten 1957 bzw. 1962 Austauschmotoren von
Frichs und standen bis 1978 im Einsatz. Vier der Fahrzeuge wurden museal bewahrt.
Niederlande
1932 schloß
Frichs eine Lizenzvereinbarung über stationäre Motoren und
Eisenbahnmaterial mit der niederländischen "Thomassen &
Co.", einem Tochterunternehmen der "Royal Dutch"
(später "Shell"). Thomassen baute bis 1938 insgesamt
118 in Lizenz gefertigte Frichs-Motoren für stationäre
Generatoreinheiten. An die "Niederländischen Staatsbahnen"
(NS) lieferte Thomassen ab 1935 Austauschmotoren für die
zweiachsigen Triebwagen omC 901-902 und 905-908 sowie omBC 1904-1910.
Weiterhin mit Thomassen-Frichs Motoren wurden 1937 drei der
Stromlinientriebwagen NS omBC 2901-2908 "De Blauwe Engel"
sowie 1947-48 die 15 Rangierloks vom Typ NS 400 ausgrüstet.
Schweden
1933 schloß Frichs ein Lizenzabkommen mit der schwedischen
"Kockums mekaniska Verkstad AB" über die Fertigung
von Motoren und Lokomotiven nach Frichs-Konstruktionen. Kockums
lieferte 1935 einen zweimotorigen Triebwagen an die "Malmö-Ystads
Järnväg" (MYJ), der nach dem Vorbild der DSB-Reihe MP
gebaut war. Der Wagen erhielt die Betriebsnummer MYJ XCo 300 und
wurde 1941 nach der Übernahme durch die Schwedischen
Staatsbahnen (SJ) als SJ Xod6 20 umgezeichnet. Ebenfalls 1935 erhielt
die "Stockholm-Nynäs Järnväg" (SNJ) eine
Lokomotive, die auf dem Konzept der Frichs "Firkantede"
basierte, aber mit einem abgerundeten Wagenkasten versehen war. Die
Lok erhielt die Bezeichnung ÄF 10, gelangte 1957 in den Bestand
der SJ als SJ T51 140 und wurde im "Nynäshamns
Järnvägsmuseum" erhalten. 1939 folgte eine
zweiachsige Rangierlok für die SJ mit der Bezeichnung Zss 106,
später Z6 bzw. Z69, die bis 1967 im Einsatz stand. Darüber
hinaus lieferte Kockums eine Reihe Motoren, die u.a. in Mienensuchern
der schwedischen Marine verbaut wurden.
Siam (Thailand)
Die
Königliche
Eisenbahngesellschaft Siams (RSR) erteilte A/S
Frichs 1930 eine Großbestellung über dieselelektrische
Fahrzeuge für 1.000 mm-Spur: Sechs Schnellzugloks (No. 551-556),
eine schwere Güterzuglok (No. 601) und sechs Triebwagen (RM
11-16) für den Nahverkehr in Bangkok. Die Triebwagen
waren mit zwei Führerständen ausgestattet und wie ein
Sattelschlepper zweigeteilt, der Fahrgastteil von Scandia bot 56
Sitzplätze. Die meisten Fahrzeuge überstanden den
zweiten Weltkrieg und wurden Mitte der 1960er Jahre ausgemustert.
In den 1950er Jahren erhielt A/S Frichs noch einen größeren
Auftrag für Ersatzteile, neue Fahrzeuge wurden aber nicht
mehr bestellt. No. 556, No 601 und RM 15 wurden erhalten, s. Abbildungen.
Frichs-Fahrzeuge für die Königlich Siamesischen Staatsbahnen: |
Betriebsnummer |
No. 551-556 |
No. 601 |
RM 11-16 |
Baujahre |
1931 |
1932 |
1932 |
Achsfolge |
2' Do 2' |
2' Do + Do 2' |
Bo1 2' |
Länge über Puffer |
16.780 mm |
21.470 mm |
19.770 mm |
Motor |
2 x Frichs 628C, 6 Zylinder |
2 x Frichs 831C, 8 Zylinder |
Frichs 617, 6 Zylinder |
Leistung |
2 x 500 PS bei 600 U/min |
2 x 825 PS bei 600 U/min |
180 PS |
Höchstgeschwindigkeit |
75 km/h |
45 km/h |
50 km/h |
Dienstgewicht |
86,0 t |
132,0 t |
46,4 t |
Spanien
1935 schloß Frichs ein Lizenzabkommen mit der spanischen "Compania
Euskalduna", da die Spanische Nordbahn an der Beschaffung von
zwei "Lyntog"-Triebzügen interessiert war. Der
Ausbruch des spanischen Bürgerkrieges verhinderte jedoch die
Umsetzung dieser Pläne. Frichs erhielt 1942 lediglich eine
Bestellung über vier Austauschmotoren für Triebwagen, die
ursprünglich mit Maschinen von B&W ausgestattet waren.
A/S Frichs Übersicht
Teil 1: Frühe Jahre und Dampflokzeit
Teil 2: Die große Dieselzeit
Teil 3: Besatzungszeit und Neuanfang
Teil 4: Niedergang
Anhang: A/S Frichs Exporte