1932 präsentierte die "Deutschen Reichsbahn Gesellschaft"
(DRG) mit dem SVT 877 a/b ihren ersten Schnelltriebwagen in
"
Stromliniendesign" mit dem
Namen "Fliegender Hamburger". Das Fahrzeug wurde von der
"Waggon- und Maschinenbau AG Görlitz" (WUMAG)
geliefert, die Motoren stammten von der "Maybach-Motorenbau
GmbH" und die elektrische Ausrüstung kam von den
"Siemens-Schuckertwerken" (SSW). Die Wagenkästen des
zweiteiligen Triebwagens waren aus Stahl in Leichtbauweise geschweißt
und durch Windkanalversuche strömungstechnisch optimiert.
Besonderer Wert wurde auf die Ausformung der Fahrzeugköpfe
gelegt mit einem elliptischen Grundriß, heruntergezogenen
Dachkanten und drei niedrigen Fenstern an den Führerständen
sowie mit umlaufenden Schürzen. Als Stoßvorrichtung waren
lediglich gummigefederte Notpuffer mit aerodynamischer Verkleidung
vorgesehen. Zur Krafterzeugung dienten zwei in den Enddrehgestellen gelagerte,
schnellaufende Dieselmotoren vom Typ Maybach GO5, die auf jeweils einen
Gleichstromgenerator wirkten. Der Antrieb erfolgte durch zwei
Tatzlager-Fahrmotoren, die im Mitteldrehgestell angeordnet waren. Letzteres war in
der Bauart Jakobs ausgeführt und bot mittels konzentrischer
Kugelschalen einen gemeinsamen Drehpunkt für die beiden hier
aufliegenden Wagenkästen.
Der Fahrgastbereich des SVT 877 a/b war als Großraum mit 1+3
Sitzteilung und Mittelgang durchgehend als 2. Klasse eingerichtet.
Zusätzlich verfügte der Wagen a über einen Packraum
mit doppelflügelige Türen an beiden Seiten. Wagen b war
dagegen mit einem "Erfrischungsraum" mit einem
Verkaufstresen und vier Sitzplätzen versehen. Der Übergang
zwischen beiden Wagen war durch einen doppelten Faltenbalg geschützt.
An beiden Fahrzeugenden befand sich je ein Maschinenraum, in dem auch
der Führerstand eingerichtet war. Das Maschinendrehgestell mit
der Motor-Generatoreinheit war mit einer schallgedämpften Haube
abgedeckt, darüber waren unter der Decke drei Kraftstoffbehälter
mit einem Fassungsvermögen von insgesamt 990 l aufgehängt.
Der "Fliegende Hamburger" wurde nach umfangreichen
Erprobungen 1933 für eine Höchstgeschwindigkeit von 160
km/h zugelassen und erreichte versuchsweise sogar 175 km/h. Der
planmäßige Einsatz erfolgte auf der 286 km langen Strecke
Berlin-Hamburg, die mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 125,6
km/h in 138 Minuten befahren wurde - damals die weltweit schnellste Zugverbindung.
Dieses einzigartige Angebot wurde auch im äußeren
Erscheinungsbild des Triebwagens sichtbar, für das die
Farbgebung des exklusiven Luxuszuges "Rheingold"
übernommen wurde: violett mit dem Fensterband in creme. Der SVT
877 a/b blieb ein Einzelstück, begründete aber die
Entwicklungsreihe der legendären "Fliegenden Züge":
1935 Bauart "
Hamburg" (2-teilig),
1936 Bauart Leipzig (3-teilig), sowie 1938 Bauart
"
Köln" (3-teilig)
und Bauart Berlin (4-teilig). Das Fahrzeug war darüber hinaus wegweisend
für verschiedene internationale Konstruktionen wie den
"
Lyntog"-Triebzügen der DSB.
Die "Fliegenden Züge" bedienten ein deutschlandweites Schnellverkehrsnetz,
dessen weiterer Ausbau durch den Ausbruch des 2. Weltkrieges beendet wurde.
Nach der Kapitulation fand sich der SVT 877 a/b im Bereich der
künftigen "Deutschen Bundesbahn" (DB), die das
Fahrzeug 1949 einem Umbau unterzog und im neuen, bordeauxroten
Farbschema als VT 04 000 a/b in Betrieb nahm. Das Triebzug wurde 1957
ausgemustert und zunächst für museale Zwecke erhalten. Aus
Platzgründen wurde schließlich aber nur die vordere
Sektion des Wagens "a" in den Lieferzustand versetzt und
im DB-Museum Nürnberg bewahrt.
Technische
Daten SVT 877 a/b Triebzug: |
Anzahl |
1 |
Hersteller |
WUMAG |
Baujahr |
1932 |
Achsfolge |
2' Bo' 2' |
Länge über Puffer |
41.920 mm |
Drehzapfenabstand |
16.900 mm |
Gesamtradstand |
37.250 mm |
Treib- / Laufrad-Ø |
1.000 / 900 mm |
Motor |
2 x Maybach GO 5, 12 Zylinder |
Leistung |
2 x 302 kW (410 PS) bei 1.400 U/min |
Kraftübertragung |
dieselelektrsch |
Höchstgeschwindigkeit |
160 km/h |
Dienstgewicht |
77,4 t |
Sitzplätze 2. Kl. |
98 + 4 |
Technische Daten SVT 877 a/b Waggons: |
|
877 a |
877 b |
Anzahl |
1 |
1 |
Hersteller |
WUMAG |
WUMAG |
Baujahr |
1932 |
1932 |
Länge über Puffer |
17.810 mm |
17.810 mm |
Dienstgewicht |
- t |
- t |
Sitzplätze 2. Kl. |
42 |
56 + 4 in Erfrischungsr. |
Einrichtung |
1 Packr., 1 Großr., 2 WC |
1 Erfrischungsr., 1 Großr., 1 WC, 1 Dienstabt. |
Packraum Fläche / Zuladung |
7,4 m² / - t |
- |
Abbildungen:
Fahrzeugliste SVT 877 a/b "Fliegender Hamburger": |
Hersteller |
Fabriknr. / Baujahr |
Betriebsnr. |
|
WUMAG |
- / 1932 |
DRG SVT 877 a/b DB VT 04 000 a/b |
1933 von DRG in Dienst gestellt
1949 durch Deutsche Bundesbahn übernommen
1957 ausgemustert
|
Quellen:
Kurz, Heinz R. (1994): Fliegende Züge. Freiburg: EK-Verlag
Zschech, Rainer (1980): Triebwagen deutscher Eisenbahnen, Band 2: VT und DT.
Düsseldorf: alba Buchverlag GmbH & Co. KG