Die DRG begann 1935 mit der Planung eines neuen Musters ihrer Schnelltriebwagen (SVT)
"Fliegende Züge", das mit MITROPA-Speisewagenservice
und geschlossenen Abteilen einen höheren Reisekomfort bieten
sollte. Um die Wagen länger ausführen zu können, erhielten die Fahrzeuge
jeweils zwei eigene Drehgestelle anstatt der zuvor bei den Bauarten
"
Hamburg" und
"Leipzig" verwendeten Jakobsdrehgestelle.
Mit der Entwicklung der dreiteiligen Triebzüge wurden
die "Linke-Hoffmann Werke" in Breslau beauftragt, die 1938
insgesamt 14 Züge als
DRG 137 273-278 a/b/c und 137 851-858
a/b/c der Bauart "Köln" auslieferten. Die beiden
Endwagen der Triebzüge waren Motorwagen, deren jeweiliges
Kopfdrehgestell eine Maschinenanlage aufnahm. Letztere bestand aus
einem schnelllaufenden V12-Dieselmotor mit Abgasturbolader und einem
Gleichstromgenerator, die Fahrmotoren waren im gegenüberliegenden
Drehgestell untergebracht. Die Kraftstoffbehälter waren unter
dem Dach des Maschinenraums über dem Motor angeordnet, die
Kühlanlage war unter dem Wagenboden installiert. Die Fahrzeuge
waren mit selbsttätigen Kupplungen System Scharfenberg inkl. 70
elektrischer Kontakte sowie der RZM-Mehrfachsteuerung ausgestattet.
So ließen sich bis zu drei Einheiten zusammen betreiben und
ggf. mit der Bauart "Hamburg" kombinieren. Die Wagenkästen
waren in geschweißter Leichtbauweise ausgeführt. Einer der
beiden Motorwagen war als Speisewagen mit Küche und Speiseraum
in 1+2 Teilung eingerichtet, die übrigen Wagen waren mit
Abteilen der 2. Kl. à 6 Sitzplätzen und Seitengang
ausgestattet. Die Wände der Abteile waren holzgetäfelt und
mit Intarsien geschmückt, die Motive deutscher Landschaften und
Städte zeigten. Die Triebzüge erschienen in der Farbgebung
der Fliegenden Züge in Violett und dem Fensterband in Creme. Der
DRG-Schnellverkehr wurde Ende August 1939 beendet und die Fahrzeuge
abgestellt. Während des Krieges wurden einige Schnelltriebwagen
als Befehls- und Salonzüge der Wehrmachtsführung eingesetzt.
SVT Köln beim USATC:
Beim Vormarsch der US-Army waren die international berühmten SVT der DRG begehrte
Trophäen, die nach Möglichkeit beschlagnahmt und in Salon-
oder Lazarettzüge umgewandelt wurden. Zu diesen Fahrzeugen
zählten auch einige der Bauart Köln, von denen ein Triebzug
nach "Fort Eustis", Virginia verbracht wurde. Drei weitere
SVT Köln wurden als luxuriöse Salonzüge für die
Generalität hergerichtet und dienten u.a. dem US
Militärgouverneur Lucius D. Clay als Reisemittel bzw. als mobile
Wohnung. Insgesamt nutzte die Logistikeinheit "United States
Army Transportation Corps" (USATC) neun vormalige DRG-SVT
verschiedener Bauarten, die Ende der 1950er Jahre an die DB abgegeben wurden.
Die Fahrzeuge erhielten unterschiedliche Farbgebungen und wurden an den
Stirnseiten mit einem großen Scheinwerfer und einem beleuchteten Nummernkasten
"amerikanisiert". Für Offiziere wurden 1948 u.a. Wochenendtrips per
Bahn von Hamburg nach Kopenhagen angeboten. Hierzu wurde SVT 137 851 mit einem
zusätzlichen Mittelwagen als vierteilige Einheit zusammengestellt und unter der
Bezeichnung "The Dreamliner" angepriesen. Die Teilnehmer
erreichten Kopenhagen am Samstag Abend und reisten am Sonntag Abend wieder ab,
der SVT wurde zwischenzeitlich im Depot Helgoland untergestellt. Nach einer Probefahrt
verkehrte der Dreamliner 3 oder 4 mal. Der Zug wurde von einem deutschen Lokführer gefahren,
dem in Dänemark ein Lotse von der DSB beigestellt wurde.
SVT Köln bei der DB:
Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges verblieben auf dem Gebiet der westlichen
Alliierten 11 SVT-Köln, von denen 6 in den Bestand der DB
gelangten und 3 durch das USATC genutzt wurden. Die Fahrzeuge wurden
ab 1947 als
SVT 06.1 geführt und bei der Waggon- und Maschinenbau GmbH Donauwörth
(WMD) modernisiert. Dabei wurden u.a. die Außenkanten der
seitlichen Führerstandsfenster an den Stirnseiten abgerundet.
Die Züge erschienen in Graublau und dem Fensterband in
Steingrau, ab 1953 wurde das DB-Farbschema in Rubinrot eingeführt.
Drei der Züge benötigten neue Maschinenanlagen und wurden
als Baureihe
SVT 06.5 mit dieselhydraulischen Antrieben versehen, was
ihr Betriebsgewicht um rund 9 t reduzierte. Die Verfügbarkeit
der Nachfolgebaureihe VT 08.5 leitete ab 1957 das Ende der ehemaligen
DRG-SVT bei der DB ein. Im Frühjahr 1959 gelangten im Rahmen
eines Tauschgeschäftes 4 SVT Köln und 4 SVT Hamburg zur
Deutschen Reichsbahn (DR). Die beiden Endwagen des ehemaligen DRG SVT
137 277 blieben ohne Mittelwagen als zweiteilige Einheit im
LHB-Werkmuseum erhalten, das seit 1998 zum Alstom-Konzern gehört.
Zwei weitere VT sowie ein VM sind als Vereinsheime des
"Eisenbahner-Hochsee-Sportfischer-Vereins e. V."
Lübeck-Travemünde bzw. bei der Wassersportabteilung des
"Eisenbahner-Sportvereins" in Konstanz erhalten.
SVT Köln bei der DR / DR "Köln-Reko":
In den Bestand der "Deutschen Reichsbahn" der DDR fanden sich zunächst 2
SVT-Köln, die ab 1949 durch ein von der ČSD rückerstattetes
Exemplar ergänzt wurden. 1958 kamen im Rahmen eines
Tauschgeschäftes vier ausrangierte SVT-Köln der DB hinzu,
die mit geänderter Inneneinrichtung und neuer Farbgebung in rot
mit Fensterband in creme den SVT-Bestand der DR ergänzten. Die
DR unterzog ihre SVT-Köln 1963-65 einer umfangreichen
Modernisierung, bei der neue CKD-Dieselmotoren eingebaut wurden.
Äußerlich waren die "
Köln-Reko"-Züge
an dem kastenförmigen Dachaufbau für die Abgasführung
und seitlichen Öffnungen für die Ansaugluft über den
Maschinenanlagen erkennbar. Weitere Änderungen betrafen die
Einrichtung der Küche und der Fahrgasträume sowie die
Erneuerung der Heizungsanlage und Anpassungen zur Trajektierung mit
den Dänemarkfähren. Insgesamt wurden 5 SVT Köln-Reko
gefertigt, die bei Bedarf um einem zusätzlichen Mittelwagen
erweitert werden konnten. Die Fahrzeuge wurden 1970 als Baureihe 182 umgezeichnet
und im Lauf der 1970er Jahre ausrangiert. Die DR setzte ihre SVT-Köln vorwiegend
im internationalen Schnellverkehr ein, u.a. als "Vindobona" (Berlin-Prag-Wien)
und 1964-71 als "
Neptun" (Berlin-Kopenhagen)
- letzterer ausschließlich in dreiteiliger Zusammenstellung.
Die Neptunzüge der DR wurde von einem deutschen Lokführer gefahren,
dem in Dänemark ein Lotse von der DSB beigestellt wurde.
Technische Daten DRG SVT "Köln" / DR 182 "Köln-Reko" |
|
DRG 137 273-278 a/b/c, 137 851-858 a/b/c |
DR 182 "Köln-Reko" (dreiteilig) |
Anzahl |
14 |
5 |
Hersteller |
LHB |
DR |
Baujahre / Rekonstruktion |
1938 |
1963-65 |
Achsfolge |
2' Bo' + 2' 2' + Bo' 2' |
2' Bo' + 2' 2' + Bo' 2' |
Länge über Kupplung |
70.205 mm |
70.205 mm |
Motor |
2 x Maybach GO6, 12 Zylinder, Druckladung |
2 x CKD K 12 V 170 DR - IV. Serie, 12 Zylinder, Druckladung |
Leistung |
2 x 441 kW (600 PS) bei 1.400 U/min |
2 x 515 kW (700 PS) bei 1.400 U/min |
Kraftübertragung |
dieselelektrisch |
dieselelektrisch |
Höchstgeschwindigkeit |
160 km/h |
160 km/h |
Dienstgewicht |
177,6 t |
- t |
Sitzplätze 1. / 2. Kl. |
- / 102 + 30 im Speiseraum |
48 / 72 + 30 im Speiseraum |
Fahrzeugdaten DRG SVT "Köln" / DR 182 "Köln-Reko": |
|
VTa |
VM |
VTb |
Anzahl |
14 / 5 |
14 / 6 |
14 / 5 |
Hersteller / Rekonstruktion |
LHB / DR |
LHB / DR |
LHB / DR |
Baujahr / Rekonstruktion |
1938 / 1963-65 |
1938 / 1963-65 |
1938 / 1963-65 |
Länge über Puffer/Kupplung |
23.802,5 mm |
22.600 mm |
23.802,5 mm |
Achsstand im Maschinen- / Antriebs- u. Laufdrehgestell |
4.000 / 3.000 mm |
- / 3.000 mm |
4.000 / 3.000 mm |
Dienstgewicht |
- t |
- t |
- t |
Sitzplätze 1. / 2. Kl. |
SVT-Köln: - / 48 Köln-Reko: 48 / - |
SVT-Köln: - / 54 Köln-Reko: - / 72 |
SVT-Köln: 30 im Speiser. Köln-Reko: 30 im Speiser. |
Einrichtung |
SVT-Köln: Maschinenr., 8 Abt. 2. Kl.
Köln-Reko: Maschinenr., 8 Abt. 1. Kl. |
SVT-Köln: 9 Abt. 2. Kl.
Köln-Reko: 9 Abt. 2. Kl. |
SVT-Köln: Maschinenr., Gepäckr., Küche u. Anrichte, Speiser.
Köln-Reko: Maschinenr., Gepäckr., Küche u. Anrichte, Speiser. |
Abbildungen:
"The Dreamliner":
"Neptun":
DR SVT "Köln":
Museumstriebzug SVT 137 856:
Der ehemalige DRG SVT 137 856 blieb nach der Ausrangierung als Baubüro der DR in
Berlin-Schöneweide erhalten und wurde 1990 vom "EK-Verlag"
(Eisenbahn Kurier) erworben. 2000 wurde der Triebzug dem
"Förderverein Diesel-Schnelltriebwagen (SVT) e.V."
übertragen, der das Fahrzeug 2014 an die "Wilhelm &
Karl Maybach-Stiftung" abgab. Die Stiftung beabsichtigte, den
Triebzug originalgetreu und fahrfähig zu restaurieren und stellte ihn zeitweilig
auf dem Gelände des "Dampflokmuseums Neuenmark-Wirsberg" ab.
Da das Projekt nie startete, nahm der Förderverein das Fahrzeug Ende 2021
wieder zurück und überführte es an den Standort Delitzsch.
Quellen:
Friedrichs, Bernd (1966): Die Rekonstruktion der Schnelltriebwagen der Bauart "Köln". Schienenfahrzeuge 7/1966: 223-226.
Garn, Robin & Jauch, Peter (2016): In "Fliegenden Zügen" mit Göring, Clay und Nixon. BAHNEpoche Herbst 2016: 32-44.
Jauch, Peter (2018): Schnelltriebwagen (SVT) der Deutschen Reichsbahn. www.svt-koeln.de
Krahn, Axel-R. / Förderverein Diesel-Schnelltriebwagen (SVT) e. V.: www.svt-leipzig.de
Kurz, Heinz R. (1994): Fliegende Züge. Freiburg: EK-Verlag.
Poulsen, John (1985): Lyntog, Trafikrevolutionen i 1935. Roskilde: bane bøger
Uebelacker, Heinrich (1938): Die dreiteiligen Schnelltriebwagen Bauart Köln der Deutschen Reichsbahn.
Organ für die Fortschritte des Eisenbahnwesens. 93. Jahrgang, Heft 23: 421-426.
Wilhelm & Karl Maybach-Stiftung: https://maybach.org
Zschech, Rainer (1980): Triebwagen deutscher Eisenbahnen, Band 2: VT und DT. Düsseldorf: alba Buchverlag GmbH & Co. KG
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