Mit der Aufnahme des TEE-Dienstes 1957 präsentierte die DB neue Triebzüge, die
in Leistung und Ausstattung die Vorgaben der "
Comission TEE"
übertrafen. Die Entwicklung wurde vom Bundesbahnzentralamt
München geleitet unter Beteiligung von MAN, LHB und Wegmann, die
Einrichtung der Gastronomie erfolgte unter Mitwirkung der DSG. Das
Erscheinungsbild der Züge gestaltete der Architekt und
Industrie-Designer Klaus Flesche (1917-1997), der die Abteilung
"Industrial Design" bei MAN leitete. Die Fahrzeuge wurden
der Baureihe
VT 11.5 eingereiht und 1968 als Baureihe
601 (VT) bzw.
901 (VM) umgezeichnet. Es handelte sich um dieselhydraulische
Triebzüge mit Maschinenwagen (VT) an den Enden und einer
variablen Anzahl von Mittelwagen (VM) in Leichtbauweise. Die
Fahrzeugrahmen waren größtenteils aus Stahl geschweißt,
die selbttragenden Wagenkästen waren aus Aluminiumprofilen und
-blechen genietet und geschweißt. Die im Windkanal optimierten
Fahrzeuge waren mit seitlichen Schürzen und geschlossenen
Bodenwannen versehen, die Übergänge waren mit Gummitüchern
umrißgleich mit den Wagenkästen abgedeckt. Die
Antriebsanlage jedes VT bestand aus einem V12-Dieselmotor mit
Abgasturbolader, der im Vorbau auf einem Tragrahmen ruhte und mittels
Gelenkwellen über das Wandlergetriebe im Antriebsdrehgestell auf
die Achsen des letzteren wirkte. Motor und Getriebe waren austauschbar mit den
etsprechenden Baugruppen der Baureihe V200. 1970-72 wurden bei 4 VT die
Kolbenmotoren gegen leistungsfähigere Gasturbinen getauscht, die
über ein Untersetzungsgetriebe auf das Wandlergetriebe wirkten.
Es handelte sich hierbei um Zweiwellen-Gasturbinen vom Typ Avco
Lycoming TF 35 für Helikopter, die bei KHD in Lizenz gefertigt
wurden. Die betroffenen Fahrzeuge wurden als Baureihe
602 geführt
und waren an den vergößerten seitlichen Ansaugöfffnungen
am Vorbau sowie den vergrößerten Abgasschloten erkennbar.
Ihr Eisatz erfolgte in gemischter Zusammenstellung mit der Baureihe
601. Neben den Traktionsmotoren verfügte jeder VT über
einen 8-Zylinder Hilfsdieselmotor mit Drehstromgenerator zum Betrieb
diverser Hilfsaggregate sowie der Energieversorgung des Zuges.
Zwischen den beiden Maschinenräumen des VT war die hochgesetzte
Führerkanzel schwimmend gelagert und so vom Körperschall
der Motoren entkoppelt. Die Triebzüge waren mit der
"Vielfachsteuerung 1949" versehen, so daß mehrere
Einheiten von einem Steuerstand aus gefahren werden konnten und auch
ein Verbund mit den Baureihen VT 08.5 / 12.5 war möglich. Bei
Bedarf wurden die Züge durch weitere VM auf max. 10-teilige
Einheiten erweitert. Die Kupplung erfolgte mit selbsttätigen
Mittelpufferkupplungen der Bauart Scharfenberg, bei deren Betätigung
auch die Luft- und Steuerleitungen verbunden bzw. getrennt wurden.
Die Züge erschienen in ihrer gesamten Einsatzzeit in den
TEE-Farben weinrot (RAL 3005) und beige (RAL 1001) und waren für
den Betrieb in allen westeuropäischen Anrainerstaaten zugelassen.
Die Einrichtung der VT 11.5 Triebzüge war durchgehend in der 1. Kl. ausgeführt
und zeichnete sich durch größten Komfort aus. Die Wände
waren mit diversen Hölzern furniert und die Böden zur
Schalldämmung mit Teppichen belegt. Die breiten Sitze waren mit
Dralonplüsch in den Farben Blau, Grün, Kupferrot und Beige
bezogen und boten eine großzügige Beinfreiheit. Die
spezifische Einrichtung der einzelnen Wagen spiegelte sich in ihren
unterschiedlichen Fensterteilungen wider. Die Übergänge
wurden durch elektropneumatisch betriebene Stirnwandschiebetüren
abgeschlossen, jeder Wagen war mit einer eigenen Klimaanlage ausgestattet.
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Die Maschinenwagen VT 11.50 waren neben den beiden Maschinenräumen
und der Fahrkanzel auch mit einem Gepäckraum eingerichtet, der
die gesamte Fahrzeugbreite einnahm und seitlich durch zweiflügelige
Türen zugänglich war. Weiterhin gab es ein Personal- und
ein Schreibabteil sowie einen Einstiegsbereich.
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Die Abteilwagen VM 11.51 waren mit 6 Abteilen à 6 Sitzen und Seitengang sowie
einem Einstiegsbereich eingerichtet. An den Enden der Wagen gab es
Stauräume für Gepäck und Garderobe.
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Die Großraumwagen VM 11.52 waren mit 27 Drehliegesitzen und 6 weiteren, feststehenden
Sitzen in 2+1 Teilung und Mittelgang sowie einem Einstiegsbereich
eingerichtet. Für das Gepäck und die Garderobe gab es an den Wagenenden gesonderte Räume.
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Die Bar-/Speisewagen VM 11.53 waren mittig mit einem Barraum eingerichtet, der an
Sitzgelegenheiten 3 Hocker und 4 Polstersessel bot. An dem mit dem
Küchen-/Speisewagen gekuppelten Wagenende befand sich ein
Speiseraum mit 23 gepolsterten Klappsitzen und Tischen in 1+2
Teilung. Am anderen Wagenende befand sich ein als "Reiseabteil"
bezeichneter Großraum mit 17 Sitzen in 1+2-Teilung und
Klapptischen, sodaß auch hier Speisen serviert werden konnten.
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Die Küchen-/Speisewagen VM 11.54 waren mit einer Küche sowie
einer Anrichte und Vorratsschränken ausgestattet. Daran schloß
sich ein Speiseraum mit 23 gepolsterten Klappsitzen und Tischen in
1+2 Teilung an, der an den Speiseraum des Bar-/Speisewagens gekuppelt
wurde. Bar- und Küchenwagen verfügten über keine
Einstiegsbereiche und waren nur durch die Übergänge an den Stirnseiten erreichbar.
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Für den Betrieb der VT 11.5 war neben dem Lokführer ein Maschinist erforderlich,
der die Hilfsdiesel und die Maschinenanlage im hinteren Triebkopf
überwachte, was vom vorderen Führerstand aus nicht möglich
war. Die Hilfsdiesel liefen auch im abgestellten Triebzug, um die
Energieversorgung zu gewährleisten und die Fahrdiesel auf
Betriebstemperatur zu halten. Da die VT 11.5 nicht rechtzeitig zur
Aufnahme des TEE-Dienstes mit dem Sommerfahrplan 1957 geliefert
werden konnten, kam hier zunächst die Baureihe 08.5 zum Einsatz.
Erst in der 2. Jahreshälfte übernahmen dann die 11.5 mit
einer Planleistung aus zunächst 5 siebenteiligen Einheiten.
Nachdem die Leistung der Hilfsdiesel durch den Einbau eines
Abgas-Turboladers gesteigert worden war, konnten auch zehnteilige
Einheiten eingesetzt werden. Mit der fortschreitenden
Elektrifizierung des Streckennetzes ersetzten ab 1965 zunehmend E-Lok
bespannte Wagenzüge die Triebwagen. In den 1970er Jahren wurden
die TEE-Verbindungen schrittweise in das "InterCity"-Netz
(IC) integriert. Für die Einsatz als IC wurde das
Sitzplatzangebot der VT 11.5 / 601 durch den Umbau der Barwagen in
Großraumwagen in 2+2 Sitzteilung erhöht. Der Einsatz der
Baureihe endete 1972 als TEE und 1979 als InterCity. Anschließend
fanden die Züge Verwendung im Touristikverkehr als
"Alpen-See-Express" im Auftrag des "Deutschen
Reisebüros" (DER). Dafür wurden nun alle Großräume
in 2+2 Teilung bestuhlt und mit Klapptischen ausgestattet.
Die Baureihe VT 11.5 / 601 wurde 1988 ausrangiert und die Fahrzeuge zum größten
Teil nach Italien an den Waggonbauer "F.E.R.V.E.T."
verkauft. Zu einem letzten Planeinsatz der VT 11.5 / 601 kam es im
Sommer 1990, als die DR eine in Italien gemietete zehnteilige Einheit
als IC "Max Liebermann" zwischen Berlin Hbf und Hamburg
Dammtor pendeln ließ. Die nach Italien zurücküberstellte
Einheit wurde vom neuen Eigner "Italy Express S.R.L." für
exclusive Schienenkreuzfahrten ausgestattet und absolvierte im
Dezember 1992 die erste Ausfahrt. Allerdings war dem Unternehmmen
kein andauernder Erfolg beschert und der Zug wurde 1996 abgestellt.
Nach einigen Besitzerwechseln fanden sich die Fahrzeuge im "Bahnpark
Augsburg", wo sie in blau/weißer Lackierung als "Blue
Star Train" eine exquisite Gastronomie beherbergten. 2017 wurden
die Fahrzeuge zum Verkauf angeboten und landeten 2019 nach einm
Intermezzo in Braunschweig zumindest teilweise bei der "Verkehrs
Industrie Systeme GmbH" (VIS) in Halberstadt und der "RailAdventure GmbH"
als Zughotel. Im Besitz des DB-Museums verblieb eine zunächst betriebsfähige
Garnitur mit den Triebköpfen 601 014 und 019 sowie der Turbinentriebkopf
602 003. Die Museumsgarnitur mußte 1999 wegen Asbestbelastung
abgestellt werden, ihre originalgetreue Aufarbeitung wurde 2004 wegen
Kostenüberschreitung und nicht erfüllbarer
Brandschutzvorschriften abgebrochen.
Der VT 11.5 erreichte Dänemark nie im Planbetrieb. Eisenbahnhistorisch
haben die Fahrzeuge aber auch hier ihre Spuren hinterlassen, da sie als Vorlage
für die DSB-Baureiche MA dienten.
Technische
Daten DB VT 11.5 (siebenteilig): |
Zusammenstellung |
VT 11.50 + VM 11.51 + VM 11.52 + VM 11.53 + VM 11.54 + VM 11.51 + VT 11.50 |
Anzahl |
7 (+ Reserve) |
Achsfolge |
B' 2' + 2' 2' + 2' 2' + 2' 2' + 2' 2' + 2' 2' + 2' B' |
Länge über Kupplung |
130.680 mm |
Motorvarianten |
diverse, 2 x 12 Zylinder |
Leistung |
2 x 810 kW (1.100 PS) bei - U/min |
Kraftübertragung |
dieselhydraulisch |
Höchstgeschwindigkeit |
140 km/h, ab 1968: 160 km/h |
Dienstgewicht |
214,0 t |
Sitzplätze |
122 + 46 im Speiser. + 7 in Bar |
Technische Daten Maschinenwagen DB VT 11.50 / 602: |
|
VT 11.5 |
602 |
Anzahl |
19 |
4 |
Hersteller |
MAN |
MAN |
Baujahr / Umbau |
1957 |
1970-72 |
Achsfolge |
B' 2' |
B' 2' |
Länge über Kupplung |
19.960 mm |
19.960 mm |
Drehzapfenabstand |
12.600 mm |
12.600 mm |
Achsstand in Trieb- / Laufdrehgestell |
3.400 / 2.300 mm |
3.400 / 2.300 mm |
Treib- / Laufrad Ø |
950 / 900 mm |
9.50 / 900 mm |
Motorvarianten |
Daimler Benz MB 820 Bb, 12 Zylinder MAN L 12 V 18/21, 12 Zylinder
Maybach MD 650, 12 Zylinder MTU 12 V 538 TA 10, 12 Zylinder |
Avco-Lycoming TF 35 (Lizenzbau KHD) |
Leistung |
810 kW (1.100 PS) bei - U/min |
1.620 kW (2.200 PS) bei 13.775 U/min |
Hilfsdiesel |
MWM RHS 518 A |
MWM RHS 518 A |
Leistung Hilfsdiesel |
171 kW (232 PS) bei - U/min / 218 kW (296 PS) mit Druckladung |
218 kW (296 PS) mit Druckladung |
Kraftübertragung |
dieselhydraulisch |
turbohydraulisch |
Dienstgewicht |
46,0 - 49,0 t |
50,7 t |
Einrichtung |
2 Maschinenr., 1 Packr., 2 Dienstabt., 1 WC |
2 Maschinenr., 1 Packr., 2 Dienstabt., 1 WC |
Technische Daten Mittelwagen DB VM 11.5: |
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VM 11.51 |
VM 11.52 |
VM 11.53 |
VM 115.4 |
Anzahl |
23 |
8 |
8 |
9 |
Hersteller |
LHB |
LHB |
Wegmann |
Wegmann |
Baujahr |
1957-58, 1962-63 |
1957 |
1957 |
1957 |
Achsfolge |
2' 2' |
2' 2' |
2' 2' |
2' 2' |
Länge über Kupplung |
18.160 mm |
18.160 mm |
18.160 mm |
18.160 mm |
Drehzapfenabstand |
12.600 mm |
12.600 mm |
12.600 mm |
12.600 mm |
Achsstand im Drehgestell |
2.300 mm |
2.300 mm |
2.300 mm |
2.300 mm |
Dienstgewicht |
22,1 t |
22,4 t |
21,9 t |
24,0 t |
Sitzplätze |
36 |
33 |
17 + 23 im Speiser. + 7 in Bar |
23 im Speiser. |
Einrichtung |
6 Abt. 1. Kl., 1 WC |
Großr. 1. Kl., 2 WC |
Speiser. Bar, Großr. 1. Kl. |
Küche, Anrichte, Speiser. |
Abbildungen:
Quellen:
Eisenbahn-und Sonderwagen-Betriebs-GmbH (ESG) Blue Star Train: www.blue-star-train.de
Englmann, Max & Ludwig, Herbert (1963): Handbuch der Dieseltriebfahrzeuge der Deutschen Bundesbahn.
Frankfurt a.M.: Vermögensverwalter der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivbeamten und Anwärter GmbH.
Grantl, Franz Josef: Baureihe 601, www.baureihe 601.de
Koschinski, Konrad (2001): TEE VT 11.5 & VT 18.16 (Bauart Görlitz). Eisenbahn Journal, Sonderausgabe 4/2001.
Niedt, Marcus (2009): Zweite Karriere für den VT 11.5. LOK MAGAZIN 09/09 (online verfügbar).
Zschech, Rainer (1980): Triebwagen deutscher Eisenbahnen, Band 2: VT und DT.
Düsseldorf: alba Buchverlag GmbH & Co. KG
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