Mitte der 1930er Jahre stand die DSB vor der Aufgabe, neue Lokomotiven für schwere
Schnellzüge zu beschaffen. Problematisch war, daß für die
favorisierte Dieseltraktion keine Typen mit ausreichender Leistung
verfügbar waren. Außerdem hatte sich die DSB 1926
verpflichtet, neue Loks grundsätzlich bei der Firma Frichs zu
beauftragen, der man die erfolgreiche Konstruktion neuer Muster aber
kaum zutraute. Umso willkommener kam daher das schwedische Angebot,
die ausgemusterte SJ-Reihe
F
zum Schrottpreis zu übernehmen. Dabei handelte es sich um einen
bewährten "Pacific"-Typ mit 2' C 1'-Achsfolge
und Vierzylinder-Verbundtriebwerk. 1937
kamen die Loks nach Dänemark und wurden zunächst in den
kopenhagener Zentralwerkstätten der DSB aufgearbeitet. Die
wesentlichen Änderungen lagen in der Verlagerung von Steuerung
und Armaturen auf die rechte Kesselseite sowie den ganz in Stahl
ausgeführten Führerhäusern. Darüber hinaus waren
Anpassungen bei Lokschuppen und
Versorgungseinrichtungen sowie der Bau von 20 m-Drehscheiben
notwendig. Schließlich gingen alle Maschinen ab 1937 als DSB E
964-974 mit dem Spitznamen "Svenskerne" (die Schweden) in Dienst.
Mit der deutschen Besetzung Dänemarks 1940-45 und der damit verbundenen
Treibstoffrationierung bei stark erhöhten Transportleistungen
war die DSB gezwungen, kurzfristig die Zahl ihrer Dampfloks zu
erhöhen. Als schnellste Lösung wurde der Nachbau bewährter
Typen beschlossen, auch wenn es sich dabei schon lange nicht mehr um
zeitgemäße Muster handelte. Von der Reihe E wurden 1940-47
in vier Losen insgesamt 25 Loks geordert, die als E II die
Betriebsnummern E 975-999 erhielten. Gegenüber dem schwedischen
Vorbild waren die E II am zusätzlichen Dom zur Dampftrocknung, an
den vergrößerten Seitenfenstern des Führerhauses
sowie durch den geschweißten Tender zu erkennen. Massive Mängel
und Mißmanagement bei Frichs verzögerten die Auslieferung
der Loks, E 999 wurde 1950 als letzte Frichs-Dampflok fertiggestellt.
Nachträglich wurden 1948-51 die auf Seeland stationierten E
975-989 mit Doppelschorsteinen zur Verbesserung der Zugwirkung in der
Rauchkammer ausgerüstet.
Die DSB Reihe E war in der öffentlichen Wahrnehmung
die dänische Dampflok und tauchte
u.a. als Werbemotiv in der Alltagsgrafik auf. In den 1950er und -60er Jahren waren die E
landesweit allgegenwärtig vor Reise- und Güterzügen,
bis sie durch die neuen Dieselloks verdrängt wurden. Der letzte Planeinsatz einer E erfolgte 1970.
Als besondere Einsätze sind die Überführungen mit
"
Det kongelige båretog"
1972 und 2000 zu nennen. Diese ehrenvollen Aufgaben
wurden in Doppeltraktion mit E 978 und E 994 bzw. mit E 991 und PR 908 durchgeführt.
Museal erhaltene Fahrzeuge:
Sveriges Järnvägsmuseum, Gävle: SJ F
1200 (DSB E 964), SJ E 1202 (DSB E 966)
Danmarks Jernbanemuseum: DSB E 978, E 991, E 994
Sammlung Malmqvist / Gedser Remise: E 987
International Railway Museum, Peterborough GB (Nene Valley Railway): DSB E 996
Technische Daten DSB E 964-999: |
|
E 964-974 (E I) |
E 975-999 (E II) |
Anzahl |
11 |
25 |
Hersteller |
Nydqvist |
Frichs |
Baujahre |
1914-16 |
1942-50 |
Bauart, Steuerung |
2' C 1' h4v, Heusinger |
2' C 1' h4v, Heusinger |
Länge über Puffer |
21.300 mm |
21.265 mm |
Rostfläche |
3,6 m² |
3,6 m² |
Verdampfungsheizfläche |
189,3 m² |
184,7 m² |
Überhitzerfläche |
63,6 m² |
68,0 m² |
Kesselüberdruck |
13 atm |
13 atm |
Hoch- / Niederdruckzylinder-Ø |
420 mm / 630 mm |
420 mm / 630 mm |
Kolbenhub |
660 mm |
660 mm |
Treib- und Kuppelrad-Ø |
1.886 mm |
1.896 mm |
Laufrad-Ø vorn / hinten |
984 mm / 1.112 mm |
984 mm / 1.112 mm |
indizierte Leistung |
1.350 PS |
1.370 PS |
Zugkraft |
8.980 kg |
8.980 kg |
Höchstgeschwindigkeit |
110 km/h |
110 km/h |
Dienst- / Reibungsgewicht der Lok |
87,0 t / 48,0 t |
88,4 t / 54,0 t |
Tender: Achsfolge / Dienstgewicht |
2' 2' / 55,0 t |
2' 2' / 55,2 t |
Vorrat: Wasser / Kohle |
21,0 m³ / 6,5 t |
25,0 m³ / 6,5 t |
Abbildungen:
E I:
E II:
E 994, Danmarks Jernbanemuseum:
E 991, DSB Museumstog:
Ein Zugunglück mit E 988:
Am 10. September 1962 fuhr DSB E 988 mit dem "Gedserekspressen" in der Station
Hedehusene auf einen Güterzug auf. Die Lok stürtzte von den Schienen und einige
Güterwagen entgleisten, ohne daß ersnthaft Verletzte oder gar Todesfälle zu
beklagen waren. Die folgenden Aufnahmen wurden von Niels Munch am Unfalltag auf Vollformat-Rollfilm
angefertigt.
Denkmallok DSB E 978 in Fredericia:
DSB E 978 wurde vom Tuborg Fond 1977 als Monument gestiftet. Die Lok wurde nahe dem
Mahnmal der gefallenen Eisenbahner am Bahnhof in Fredericia
aufgestellt und liebevoll von ehrenamtlichen Enthusiasten
gepflegt. Im Oktober 2007 wurde E 978 wegen eines Bauvorhabens von ihrem
Standort entfernt. Nach Pressemeldungen um eine
mögliche Verschrottung, erklärte im Oktober 2008 das Dänische Eisenbahnmuseum
in Odense seine Bereitschaft zur Übernahme der Maschine und
stellte letztere zum Jahreswechsel 2009 im Depot Randers unter, wo sie 2018 zerlegt wurde.
E 991, DSB Museumstog:
:
E 987, Sammlung Malmqvist / Gedser Remise:
DSB E in der Alltagsgrafik:
Zum Verbleib der einzelnen Loks s.
Fahrzeugliste
Quellen:
Andersen, Torben (2000): DSB litra E. Lokomotivet 63: 34-40.
Andersen, Torben (2004): Dansk Jernbanehistorie 1. Næstved: Lokomotivet´s forlag.
Bay, William (1977): Danmarks damplokomotiver. Herluf Andersens Forlag.
Christensen, Lars: DSB litra E c/o Jernbanen.dk. www.jernbanen.dk
Dresler, Steffen (2006): DSB litra E. Særkrift nr. 27, Lokomotivets forlag.
Dieses Buch ist online verfügbar
Nørgaard Olesen, Thomas (2005): Lokomotivfabrikken Frichs. København: Dansk Jernbane Klub.
Voldmester, Vilhelm (1948): Damplokomotivet og dets betjening: Lærebog for Lokomotivpersonalet. 4. Udg.,
Bd. I-II. København: S. L. Møllers bogtrykkeri.
Weltner, Martin (2008): Die letzte Ha-Vier-Vau. Lok Magazin 4/2008: 68-69.
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