Eisbrecher und Statens Istjeneste

Die winterliche Eisbildung brachte den dänischen Schiffsverkehr über Jahrhunderte immer wieder zum Erliegen und lediglich die Isbådene (Eisboote) konnten dann die Verbindungen aufrecht erhalten. Im ausgehenden 19. Jhdt. entstanden die dann ersten Eisbrecher, mit denen zugefrorene Fahrwasser vom Eis befreit werden konnten. Es handelte sich dabei um Schraubendampfer mit relativ hoher Leistung und einem verstärkten Rumpf. Durch eine geeignete Bugform schoben sich die Eisbrecher auf das Eis und zerdrückten dieses durch ihr Eigengewicht. Modernere Bauarten waren mit zusätzlichen Zugpropellern am Bug versehen, mit denen das Wasser unter der Eisfläche weggesaugt und diese so destabilisiert wurde. Da es recht kostspielig war reine Eisbrecher vorzuhalten, wurden viele Ausführungen mit Passagier- oder Frachtkapazitäten konzipiert bzw. als Schiffe mit Eisbrecherfähigkeiten gebaut. In jüngerer Zeit gingen die Einsätze der Eisbrecher abseits der Polarregionen deutlich zurück, da der reguläre Schiffsverkehr ausreichte, um die Fahrwasser eisfrei zu halten. Hinzu kam der globale Klimawandel, als dessen Folge die Eisbildung abnahm.

Der erste Eisbrecher Dänemarks war 1883 "S/S STÆRKODDER" bei "De Sjællandske Statsbaner", der die im selben Jahr eröffnete Verbindung über den Großen Belt für die Eisenbahnfähren offen halten sollte. Noch vor der Jahrhundertwende folgten bei der DSB weitere eisbrechende Fähren, die auf verschiedenen Routen eingesetzt wurden. In eisfreien Zeiten galten diese Fahrzeuge eher als Ersatz- und und Ergänzungsfähren, da sie im Gegensatz zu den zweirichtungsfähigen Raddampfern gewendet werden mußten und daher mehr Zeit für die Überfahrt benötigten. 1942 folgte der große Eisbrecher "S/S HOLGER DANSKE", der exklusiv für die Querung des Großen Belts gedacht war und über zusätzliche Kapazitäten für 600 Passagiere und Fracht verfügte. Das Schiff diente zeitweilig als behelfsmäßige Autofähre mit Platz für 40 Kfz und wurde 1974 außer Dienst gestellt, womit die Ära der Eisbrecher bei der DSB ihren Abschluß fand.

Eisbrecherfähren der DSB Rederi:
Name Einsatzzeit
S/S STÆRKODDER 1883 - 1929
S/S VALDEMAR 1886 - 1938
S/S MJØLNER 1890 - 1959
S/S THOR 1890 - 1938
S/S TYR 1894 - 1938
S/F JYLLAND (ab 1933: S/F FENRIS) 1894 - 1952
S/S HOLGER DANSKE 1942 - 1974

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Neben der DSB unterhielten auch andere Unternehmen Eisbrecher, die bei Bedarf von staatlicher Seite angemietet wurden. Hierzu zählten die Reederei DFDS, einige Schlepper der größeren Häfen sowie das Bergungsunternehmen "Svitzer A/S". In einigen Fällen wurden unkonventionelle Methoden zum Brechen der Eisdecke angewendet. So dienten auf der Eisbrecherfähre "S/S VALDEMAR" im Limfjord ein oder zwei mit Kohle beladene Güterwagen als längsbewegliche Gewichte. Mit belastetem Heck schob sich das Schiff mit dem Bug auf das Eis und brach dieses anschließend mit dem erhöhtem Gewicht durch die nach vorne verschobenen Güterwagen. Der Postdampfer "S/S ÆRØ" wurde dagegen im Winter vor dem Bug mit einem waagerechten Baum ausgestattet, an dem ein mit Eisenprofilen verstärktes Boot aufgehängt war. Die Besatzung des Bootes konnte dieses mit Flaschenzügen anheben und auf das Eis fallen lassen. In anderen Fällen verzichtete man auf das Brechen des Eises und fuhr mit dem Schiff direkt an das Eis um eingefrorene Inseln. Von hier holten die Inselbewohner ihre Fracht mit dem Schlitten ab.

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Der strenge Eiswinter 1922/23 gab den Anstoß zur Gründung einer staatlichen Behörde mit eigenen Eisbrechern, die dem Handelsministerium unterstellt war. Jedes maschinenbetriebene Schiff von über 100 BRT, das einen dänischen Hafen anlief, wurde zur Entrichtung einer Eisabgabe verpflichtet - Schiffe des dänischen Staats waren ausgenommen. Die Behörde agierte ab 1937 unter dem Namen "Statens Isbrydnings- og Ismeldingstjeneste" (kurz: "Statens Istjeneste") und beschaffte folgende Eisbrecher:

Eisbrecher bei Statens Istjeneste:
Name Einsatzzeit
S/S ISBJØRN 1923 - 1965
S/S LILLEBJØRN 1926 - 1968
S/S STOREBJØRN 1931 - 1974
M/S ELBJØRN 1953 - 1996
M/S DANBJØRN & M/S ISBJØRN 1965/66 - 2010
M/S THORBJØRN 1981 - 2010

Zusätzlich wurde von der DSB 1929 die S/S STÆRKODDER sowie 1938 die Schiffe S/S VALDEMAR, S/S THOR und S/S TYR übernommen, die bis in die 1950er Jahre im Einsatz blieben.

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Ab den 1950er Jahren zeigte sich eine stetige Abnahme des Bedarfs für die Eisbrecher, da sich der innerdänische Verkehr zunehmend auf die zahlreichen Brücken verlagerte auf Kosten der Linienschiffahrt. Den langen Liegezeiten der kostspieligen Eisbrecher in frostfreien Zeiten begegnete man ab 1962 mit einem Vertrag der skandinavischen Staaten zur gegenseitigen Unterstützung sowie im Sommerhalbjahr mit ihrer Verwendung als Vermessungsschiffe bei der Marine. 1988 wurde Statens Istjeneste der dänischen Seefahrtsbehörde und 1996 der dänischen Marine "Søværnet" unterstellt. Im Winter 1995/96 erfolgte der letzte Einsatz der staatlichen Eisbrecher in dänischen Gewässern, 2010 fiel der Beschluß zur Einstellung des Eisbrecherdienstes, der 2013 endgültig die Flagge strich und die verbliebenen Einheiten zum Kauf anbot. "M/S THORBJØRN" ging 2015 an die Reederei "Nordane Shipping A/S" in Svendborg, die das Schiff als Eisbrecher und Vermessungsfahrzeug im gesamten skandinavischen Raum zu verchartern suchte. Die Schwesterschiffe "M/S DANBJØRN" und "M/S ISBJØRN" fanden dagegen keine Abnehmer und wurden 2023 verschrottet. "M/S ELBJØRN" wurde bereits 1996 nach einer Havarie stillgelegt und ab 2003 als Restaurantschiff im Hafen von Aalborg genutzt, 2019 erfolgte die Zerlegung beim Verwertungsunternehmen "Orla Rasmussen".


Quellen:
Andersen, Torben O. (2019): Isbryderen Elbjørn er nu solgt til ophugning. Aalborg.nu: https://aalborgnu.dk
Ludwig, Otto (1950): I kamp mod isen. Handels- og Søfartsmuseet på Kronborg, Årbog 1950: 71-107.
Mogensen, Edward (2013): 1938: Oddesund - fra færge til bro. Jernbanehistorisk årbog '13: 32-49.
Månsson, Erik (2019): Isforekomster og isbrydning i danske farvande. Marinehistorisk Tidsskrift 52. årgang Nr. 1: 3-17.
Stidsholt Nielsen, Søren (2021): Svendborgs Thorbjørn blev den sidste statsisbryder i aktion. Fyns Amts Avis: https://faa.dk



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