Breuer Werke GmbH


Die "Maschinen- und Armaturenfabrik vorm. H. Breuer & Co., Höchst a.M." wurde 1871 gegründet. Als Firmenlogo wurde das Höchster Stadtwappen gewählt: Ein silbernes Holzrad mit sechs Speichen auf rotem Grund. Das Unternehmen lieferte Armaturen für Gas- und Wasserleitungen, später fanden Vergasermotoren den Weg ins Sortiment. Letztere wurden mit Benzin, Benzol, Rohbenzol oder Autin betrieben und wurden u.a. in Lkw und in den legendären Breuer "Lokomotoren" (s.u.) verbaut. 1923 wurde das Unternehmen an die "Buderus´sche Handelsgesellschaft m.b.H." angegliedert, blieb aber eine eigenständige Einheit. Ab 1929 fimierte man als "Breuer-Werk AG" und ab Ende der 1930er Jahre als "Breuer Werke GmbH". Die Breuer Werke wurden 1969 an die "Krauss-Maffei AG" übertragen, die ihrerseits 1999 in der "Siemens Krauss-Maffei GmbH" aufging.

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1913 patentierte das Unternehmen Breuer eine "Verschiebemaschine gedrängter Bauart für Fabrikgleise". Das motorgetriebene Rangierfahrzeug war denkbar einfach und klein ausgeführt und wurde als Breuer Lokomotoren bezeichnet. Die wesentlichen Merkmale der Fahrzeuge waren ihre extrem kurze Bauform und das spezielle Kupplungssystem. Spätere Ausführungen der Lokomotoren waren mit stärkeren Motoren und einer veränderten Kupplungsmechanik ausgestattet, die einen besseren Kurvenlauf ermöglichte. Breuer beendete 1955 wegen abnehmender Nachfrage die Produktion der Lokomotoren. Über die Gesamtzahl aller bei Breuer in Frankfurt a.M. gefertigten Fahrzeuge gibt es keine gesicherten Angaben: Das System der Werksnummern wurde mehrfach geändert und die Firmenarchive blieben nur fragmentarisch erhalten. Ernsthafte Schätzungen liegen zwischen 650 und 1.100 Exemplaren. Weiterhin fanden sich innerhalb der einzelnen Typengruppen konstruktive Abweichungen. Diese betrafen die allgemeinen Abmessungen, die Motorisierung, die Getriebeübersetzungen und andere Merkmale. Die folgende Zusammenstellung der technischen Daten bezieht sich daher auf die Katalogangaben der Breuer-Werke:


Technische Daten Breuer Lokomotoren:
Typ I Typ II Typ III Typ IV Typ V
erste Lieferung 1914 1924 1926 1929 ca. 1940
Achsfolge B B B B B
Länge 1.900 mm 2.140 mm 2.870 mm 3.080 mm 3.360 mm
Achsstand 960 mm 1.840 mm 2.570 mm 2.810 mm 2.800 mm
Motor Breuer, 4 Zylinder Breuer, 4 Zylinder Breuer, 4 Zylinder Breuer, 6 Zylinder Breuer, 6 Zylinder
Leistung 15 kW (20 PS) 18-21 kW (25-28 PS) 29 kW (40 PS) 48 kW (65 PS) 59 kW (80 PS)
Kraftübertragung benzinmechanisch benzinmechanisch benzinmechanisch benzinmechanisch dieselmechanisch
Höchstgeschwindigkeit 15 km/h 15 km/h 15 km/h 25 km/h 25 km/h
Dienstgewicht 1,8 t 2,4 t 3,8 t 5,2 t 5,8 t


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Exporte und Lizenzausgaben

Breuer-Lokomotoren wurden vielfach exportiert und waren in nahezu allen europäischen Ländern anzutreffen, einzelne Exemplare fanden sich sogar in Ägypten, Pakistan und Uruguay. Zu den größeren Kunden zählten die DSB sowie einige dänische Privatbahnen, die 1925-31 insgesamt 3 Stk. Typ I, 6 Stk. Typ III und 16 Stk. Typ IV der Breuer Lokomotoren erhielten. Darüber hinaus entstanden Breuer-Lokomotoren in nennenswerten Zahlen in Folge verschiedener Lizenzvereinbarungen:

Dänemark: Die A/S Pedershaab Cementindustri Maskinfabrik fertigte 1931-34 insgesamt sieben Lokomotoren für die DSB, ohne daß eine Lizenzvereinbarung vorlag. Bei den Fahrzeugen handelte es sich um eine weiter entwickelte Ausführung des Breuer "Typ IV", die als DSB 46-52 eingereiht und als "Klædeskab" (Kleiderschrank) bekannt wurden.

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Italien: Die "Società Anonima Officine di Costamasnaga" (O.C.M.) fertigte 1928-32 insgesamt 24 Exemplare der Typen II, III und IV in Lizenz. Ab 1932 übernahm die "Antonio Badoni Spa." die Breuer-Lizenz und baute bis 1961 rund 550 Lokomotoren der Typen II, III, IV und V in vielfältigen Varianten. Die letzten Exemplare standen noch über das Jahr 2000 hinaus im Einsatz.

Finnland: Die "Tampereen Pellava- ja Rautateollisuus O. y." - ab 1959 "Oy Tampella AB" - fertigte 1956-60 insgesamt 39 Lokomotoren in Breitspurausführung für die finnischen Staatsbahnen (VR).

Österreich: Die "GEBUS Lokomotiv-Werke" mit Produktionsstätten im Wien und Salzburg übernahmen die Lokomotoren-Rechte von den Breuer-Werken und fertigten 1957-58 insgesamt 7 Lokomotoren vom Typ VL, bevor das Werk 1961 in Konkurs ging und 1965 liquidiert wurde. Ein achtes Exemplar aus der Konkursmasse wurde möglicher Weise zu einem späteren Zeitpunkt fertig gestellt.

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Schweiz: Die "R. Aebi & Cie" (RACO) in Zürich lieferte wohl schon um 1930 erste Nachbauten von Breuer-Lokomotoren, wobei keine konkrete Lizenzvereinbarung überliefert wurde. Ab den 1950er Jahren trat das Unternehmen als Importeur von Lokomotoren der Hersteller Breuer, Badoni und Gebus auf und nahm auch Umbauten dieser Fahrzeuge vor.

Tschechische Republik: Die "Universa" in Prag lieferte 1931 zwei Typ IV Lokomotoren an die Tschecheslowakischen Staatbahnen als ČSD-Baureihe T 200.0. Laut einiger Quellen, agierte Universa dabei lediglich als Importeur von Breuer-Lokomotoren.


Quellen:
Bauchwitz, Peter (2007): Die Firma Breuer und der Lokomotor (Teil 1). LOK Report 9/07: 4-9.
Bauchwitz, Peter (2007): Die Firma Breuer und der Lokomotor (Teil 2). LOK Report 10/07: 4-9.
Bauchwitz, Peter (2007): Die Firma Breuer und der Lokomotor (Teil 3). LOK Report 11/07: 5-13.
Bauchwitz, Peter (2007): Die Firma Breuer und der Lokomotor (Teil 4). LOK Report 12/07: 4-11.
Breuer: div. Handbücher und Firmenpublikationen.
Fried, J. (1914): Der Lokomotor, eine neue Rangiermaschine. Polytechnisches Journal, Bd. 329: 529-530.
Löttgers, Rolf (1991): Breuer-Traktoren. Eisenbahn Magazin 4/91: 41-43.
Poulsen, John (2019): Motor Materiel 9 - Ragertraktorer. Smørum: bane bøger.



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