Bis Anfang des 20. Jhdts. bildete das Schienennetz die zuverlässigsten Verkehrswege
und ermöglichte die höchsten Reisegeschwindigkeiten. Folglich war die Schiene auch
der bevorzugte Weg zur Bergung von Opfern nach Eisenbahnunglücken.
"De jydsk-fyenske Jernbaner" (JFJ) und "Det Sjællandske Jernbaneselskab"
(SJS) beschafften bereits 1879 bzw. 1886 erste Hilfswagen für Bergeeinsätze. Es handelte
sich um zweiachsige Waggons mit geschlossenem Wagenkasten, die mit einem Aufenthaltsraum
sowie einer Werkstatt und verschiedenen Hebezeugen eingerichtet waren. Die Wagen
wurden als JFJ R 1-4 bzw. als SJS V 398-399 geführt. Aus der gleichen Zeit stammten
auch die muskelkraft betriebenen Notfallkrane JFJ Kran 1-2 und SJS Kran 3. Alle
diese Fahrzeuge wurden 1893 von der DSB übernommen.
Die DSB reorganisierte 1911 ihre Rettungsdienste und führte nach preußischem
Vorbild Spezialwagen zur medizinischen Versorgung von Unfallopfern ein: Für
technische Hilfe rückten Züge mit Gerätewagen als "Hjælpetog" (Hilfszug)
aus, bei Unglücken mit Personenschäden wurden sie mit Sanitätswagen als "Ambulancetog"
(Rettungszug) ergänzt. Für die verschiedenen Einsatzbereiche wurden entsprechende
Spezialwagen vorgehalten: "Hjælpevogne" mit Geräteausstattung Typ A, B oder C,
"Ambulancevogne" zum Transport von Verletzten und "Redningsvogne"
mit einem Behandlungsraum. Von jedem Wagentyp gab es Reservefahrzeuge, die bei
Wartung etc. gegen die Wagen aus den Rettungszügen getauscht werden konnten. Es
handelte sich durchweg um zweiachsige Waggons, die meist aus vorhandenen Altwagen
aufgebaut wurden. Ab den 1920er Jahren wurden zusätzlich "Ambulancepersonvogne"
für Personal und weiteres Material sowie ggf. "Batterivogne" für die
Wagenbeleuchtung bei nächtlichen Einsätzen vorgehalten. In den 1930er Jahren wurde der
Wagenpark modernisiert mit größeren Hilfswagen auf Drehgestellen sowie mit zwei motorbetriebenen Notfallkranen.
Die Rettungszüge wurden über das Land verteilt an geeigneten Stationen vorgehalten,
die als "Klasse I" oder "Klasse II" eingestuft waren. Hier standen
die Rettungszüge rund um die Uhr einsatzbereit in folgenden Zusammenstellungen:
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Rettungszug an Stationen der Klasse I:
Hjælpevogn B, Hjælpevogn A, Redningsvogn, Ambulancevogn, Personvogn
Stand 1925: 2 x Kopehhagen G, Gedser, Nyborg, Fredericia, Århus, Aalborg, Struer, Brande, Esbjerg, Tønder
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Rettungszug an Stationen der Klasse II:
Hjælpevogn C, Ambulancevogn, Personvogn
Stand 1925: Roskilde, Masnedsund, Korsør, Strib, Randers, Frederikshavn, Viborg
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Der Hauptsitz der Rettungszüge war in den Zentralwerkstätten in Kopenhagen angesiedelt.
Neben den einsatzbereiten Fahrzeugen wurden hier auch Ersatzwagen für die übrigen
Standorte vorgehalten für den Fall von Wartungen etc. Präzise Vorschriften gaben
Wartungsintervalle vor, nach denen die Wasservorräte erneuert, die Leuchtmittel überprüft
und die medizinischen Vorräte zu erneuern waren. Es wurden regelmäßige Übungen abgehalten
zur Schulung des Personals und zur Koordination mit anderen Rettungsdiensten. Die Hjælpevogne
hatten im Einsatz direkt hinter der Lok zu laufen, damit die Gerätschaften am Einsatzort
verbleiben konnten, während die Unfallopfer mit den übrigen Wagen abtransportiert wurden.
Notfallkrane waren nur in Kopenhagen und Aarhus stationiert, sie wurden mit ihren
Begleitwagen in separaten Zügen verlegt. Notfallkrane wurden bei der DSB als
"Kørekraner" (Fahrkrane) bezeichnet im Gegensatz zu den "Skinneudlægningskraner"
(Gleisbaukrane).
Die Einsatzentrale der Rettungszüge war am westlichen Ende des Güterbahnhofs Kopenhagen
angesiedelt. Hier liefen die regionalen Notrufe ein und von hier wurden die Einsätze ausgelöst
sowie Unterstützung von anderen Rettungsdiensten wie "Falcks Redningskorps"
angefordert. Für eine permanente Einsatzbereitschaft wurden ständig zwei Loks unter Dampf
vorgehalten. Im Alarmfall startete der "Ambulancetog" innerhalb von 15 Minuten.
Ein zweiter Zug, bestehend aus Personenwagen, konnte im Katastrophenfall medizinisches
Personal am Hauptbahnhof aufnehmen und so bald wie möglich folgen.
Die Mannschaften für die Rettungszüge rekrutierte die DSB über Jahrzehnte aus gesondert geschulten
Mitarbeitern des Werkstattbereichs. Diese Freiwilligen wurden bei Bedarf von ihren Arbeitsplätzen
abgerufen und hatten sich zeitweilig auch außerhalb der Dienstzeit bereit zu halten. Für die
Rettungsmannschaften am Standort Kopenhagen bestand Residenzpflicht in der 1909 eigens errichteten
Siedlung am westlichen Ende des Otto-Busse-Vejs. Hier gab es insgesamt 33 Dienstwohnungen in
mehreren Gebäuden, die wegen ihrer gelb gekalkten Mauern als "Den Gule By"
(Die gelbe Stadt) oder als "Kineserbyen" (Chinesenstadt) bekannt waren. Ab den
1980er Jahren war dieses Verfahren nicht mehr praktikabel und die Mannschaften wurden aus
eigens angestellten Mitarbeitern gebildet. Die Residenzpflicht wurde 2003 aufgehoben, die
Immobilien wurden 2018 öffentlich zum Kauf angeboten (nicht zu verwechseln mit der
gleichnamigen Genossenschaft "AB Den Gule By" in Kopenhagen).
Der letzte Rettungszug rückte am 7. Januar 1944 von Fredericia aus, als auf Fünen bei
Årup ein Schnellzug von alliierten Fliegern beschossen wurde. Obwohl das Alarmprocedere
vorschriftsmäßig verlief, wurde der Einsatz bereits beim Erreichen von Middelfart abgebrochen,
da zu diesem Zeitpunkt bereits alle Opfer von lokalen Rettungsdiensten abtransportiert worden waren.
Mit diesem letzten Einsatzes hatte sich das Konzept der Rettung auf der Schiene als überholt
erwiesen und man beschloß, die Personenrettung ganz auf den Straßenweg zu verlegen.
Zum Jahresbeginn 1951 wurden alle Ambulancevogne, Ambulancepersonvogne und Redningsvogne
stillgelegt, die entsprechenden Aufgaben wurden an die kommerziellen Anbieter
"Falck" und "Zonen" übertragen. Die verbliebenen Kräfte wurden
nun als "Hjælpevognstjenesten" bezeichnet und für ihre Bergungsaufgaben neu
aufgestellt. Für die Hilfszüge wurden die neuen Gerätewagen Hjælpevogne 1-12 beschafft,
die mit zeitgemäßen Werkzeugen, Hebevorrichtungen, Schweiß- und Schneidetechnik sowie
mit Generatoren und Beleuchtungstechnik ausgerüstet waren. Diese Hjælpevogne wurden
1988/89 von den Hjælpevogne 1-4 auf Basis der Postwagenreihe Ph abgelöst, die
ihrerseits um 2000 ersatzlos ausrangiert wurden. Zusätzlich wurden Kfz als Unfallhilfswagen
beschafft, mit denen im Alarmfall die Reaktionszeiten verkürzt werden
konnten. Ab Ende der 1990er Jahre wurden die Schienendrehkrane durch moderne
Notfallkrane auf Basis von Zweiwegefahrzeugen ersetzt, die auch unter Oberleitung einsetzbar waren.
2015 wurden die Rettungskräfte der DSB dem Infrastrukturbetreiber "Banedanmark"
als "Hjælpevognsberedskab" zugeteilt, wo ihre Aufgaben neu definiert wurden.
Die Abteilung wurde zu einem eigenständigen Bergungsdienstleister für alle dänischen
Bahnen inkl. der Metro Kopenhagen entwickelt. Es wurden neue Unfallhilfswagen beschafft
und die hauptamtlichen Mitarbeiter entsprechend weiter gebildet. Die Kräfte
wurden 2020/21 an den neuen Standorte Glostrup und Fredericia zusammengezogen, die
durch ihre verkehrsgünstige Anbindung kurze Reaktionszeiten ermöglichten. Ab 2021
firmierte die Einheit als "Beredskab Banedanmark" mit 15 Mitarbeitern, die
rund um die Uhr von Feuerwehren und anderen Diensten alarmiert werden konnten. Ihr
Einsatz erfolgte bei Notfällen aller Art, die das Heben schwerer Lasten erforderte,
aber auch zum Entfernen umgestürzter Bäume oder für Pumpleistungen bei Wassereinbrüchen.
Quellen:
Banedanmark: www.bane.dk
Beredskab Banedanmark (202-): Ydelseskatalog (Version 1.2). www.bane.dk
Bruun-Pedersen, Jens (2001): 1951: Ambulancevognene udgår. Jernbanehistorisk årbog '01: 39-49.
DSB (1927): Regelment for Hjælpe- og Ambulancetogtjenesten af 1927 (online verfügbar: https://www.jernbanearkivalier.dk)
DSB (1938): Driftsmateriel II (online verfügbar: www.jernbanearkivalier.dk).
Grøndahl, Lars (2020). Banedanmarks Hjælpevognsberedsksab. Beredskabsinfo, www.beredskabsinfo.dk.
Hauerslev, Thomas (2015): Portræt af BaneDanmark's Hjælpevogn ved Hjælpevognschef Jørgen O. Johansen. www.hauerslev.com
Helmø, E. (1953): Hjælpevognsmateriel m.v. Vingehjulet 10. årgang nr. 19: 225-228.
Lawaetz, J. Fr. (1935): Eventyret om Jernbanen. Jespersen og Pios forlag.
N.N. (2020): Nyt navn til Banedanmarks Hjælpevognsberedskab. Beredskabsinfo, www.beredskabsinfo.dk
Willer, Tine (2010): Den gule by. Dansk jernbane-Klub.
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