Die dänischen Privatbahnen verfügten über ausreichend Personenwagen, um
den üblichen Reiseverkehr bedienen zu können. Allerdings
kam es immer wieder zu Verkehrsspitzen wie dem Ausflugs- und
Badeverkehr an Wochenenden und Feiertagen, die alle Ressourcen
überforderten. Als Lösung dieses Problems wurden sogenannte
"Bænkevogne" (Bankwagen) in verschiedenen Bauformen
beschafft. Diese entsprachen zweiachsigen, geschlossenen Güterwagen,
die bei Bedarf mit Bänken ausgerüstet werden konnten. Als
Güterwagen waren die Waggons auf jeder Seite mittig mit einer
Ladetür ausgestattet, die beim Einsatz als Reisezugwagen fest
verschlossen wurde. Für die Fahrgäste gab es gesonderte
seitliche Türen oder es bestand an den Stirnseiten Zugang über
offene Endbühnen. So entstanden behelfsmäßige
Personenwagen mit 30-40 Sitzplätzen, deren spartanische
Einrichtung den Volksmund zu Spitznamen wie "Ko-vogne"
(Kuhwagen) provozierte: Die Holzbänke waren hart, Fenster gab es
nur wenige, zur Beleuchtung mußte eine Petroleumlampe reichen
und eine Heizung oder ein WC fehlte völlig. Dagegen war hier
eine Fahrkarte deutlich günstiger zu haben, als für
reguläre Personenwagen. Wenn die Wagen nicht im Personenverkehr
benötigt wurden, dienten sie als Stückgutwagen und trugen
für diese Verwendung Aufschriften wie: "Maa ikke læsses
med kvæg, ildelugtende eller tilsmudsende gods" (Nicht
beladen mit Vieh, übelriechenden oder beschmutzenden Gütern).
Bænkevogne wurden ab 1876 von zahlreichen Privatbahnen beschafft und bis Anfang
der 1920er Jahre eingesetzt, als sie von den neu aufkommenden
Omnibussen verdrängt wurden. Einzelne Bahnen betrieben ihre
Bænkevogne bis in die 1930er Jahre. Folgende Beispiele sollen
die verschiedenen Bauformen des Wagentyps "Bænkevogn"
illustrieren:
VGB 71-75:
Die Vejle-Give Jernbane (VGJ) erhielt 1894 von der Waggonfabrik Görlitz AG 4 zweiachsige
Güterwagen als VGB 71-75 (geliefert als VGB 71-75). Die Wagen wurden wahlweise als offene
Güterwagen mit hohen Seitenwänden oder als einfache "Bænkevogne" mit 32 Sitzen verwendet.
Ein Segeltuchdach bot einen dürftigen Schutz für die Fahrgäste, ab 1899 wurde ein
solides Dach nachgerüstet. Die Waggons wurden 1906 als VGJ I 91-95 umgezeichnet, gelangten
1914 in den Bestand der DSB als DSB VL I 91-95 und wurden schließlich um 1920 ausrangiert.
OHJ Qa 301-304:
Die "Odsherredsbanen" (OHJ)
beschaffte 1900 bei Scandia eine Serie von vier "Bænkevogne"
(OHJ QA 9-12, ab 1906 Qa 301-304). Die Wagen verfügten zum
Einstieg über offene Endbühnen und boten 24 Sitzplätze.
Die oberen Teile der Seitenwände waren als herausnehmbare Läden
ausgeführt, sodaß die Wagen für den Ausflugsverkehr
leicht als offene "Skovvogne" umgerüstet
werden konnten. Daneben dienten die Wagen auch für die
Beförderung von Schulkindern mit dem täglichen Güterzug.
Als Wetterschutz wurden hierfür Fenster in herausnehmbaren
Rahmen nachgerüstet, die anstelle der Läden eingesetzt
werden konnten. OHJ Qa 301 blieb beim DJK erhalten, OHJ Qa 304 wurde bei
"Nordsjællands Veterantog" betriebsfähig
restauriert, mußte 2011 aber wegen des Verfalls des
Wagenkastens außer Betrieb genommen werden. Eine Instandsetzung unterblieb
wegen der komplexen Zweifachwölbung des Daches, stattdessen
wurde der Wagen im Museum Gedser Remise untergestellt.
AB Q 11-12:
Die "Amagerbanen" (AB) beschaffte zu ihrer Eröffnung 1907 bei Scandia
2 "Bænkevogne" als AB Q 11-12 (ab 1909: AB Q 61-62). Die Wagen verfügten
zum Einstieg auf jeder Seite über eine zweiflügelige Tür. Neben diesen
beiden Wagen wurden offensichtlich auch die weißen Gedeckten Güterwagen AB Q 3-4
(ab 1909: AB Q 53-54) bei Bedarf zur Personenbeförderung eingesetzt. Alle genannten
Fahrzeuge wurden 1965 ausrangiert und verschrottet.
HJJ S 131-137:
Die "Horsens-Juelsminde Jernbane" (HJJ) beschaffte 1910 und 1917 bei Scandia
insgesamt 7 "Bænkevogne" als HJJ S 131-137. Die Wagen verfügten
zum Einstieg auf jeder Seite über zwei Türen und seitliche Laufbretter, sie boten
42 Sitzplätze der 3. Kl. Die Wagen S 131 und S 137 wiesen eine größere
Fahrzeuglänge auf, da sie mit einem zusätzlichen Bremserabteil und Schraubenbremse
versehen waren. Alle Wagen wurden 1939 an die Privatbahnen HBS und HV veräußert,
die die Fahrzeuge Anfang der 1950er Jahre ausmusterten. HJJ S 135 wurde beim DJK erhalten und bei der
"Museumsbanen Maribo-Bandholm" (MBJ) 1999 betriebsfähig restauriert.
LB H 51-54:
Die "Langelandsbanen" (LJ) beschaffte 1911 bei Arlöf
insgesamt 4 "Bænkevogne" als LB H 51-54. Die Wagen verfügten zum
Einstieg über offene Endbühnen und boten 32 Sitzplätze. der 3. Kl.
Die Wagen wurden 1926 als LB I 146-149 umgezeichnet und 1957 ausrangiert.
SFJ J 141-145:
Die "Sydfynske Jernbane" (SFJ) beschaffte 1911 bei
Arlöf eine Serie von fünf "Bænkevogne",
die zunächst als SFJ JA 245-249 eingereiht und 1913 als
SFJ J 141-145 umgezeichnet wurden. Die Wagen verfügten
zum Einstieg auf jeder Seite über mehrere Türen und seitliche Laufbretter.
Drei der Wagen erhielten einen verlängerten Rahmen mit einem Bremsabteil und Schraubenbremse.
Bei einer Grundfläche von 17,8 m² boten die Fahrzeuge Sitzgelegenheiten
für 34 Fahrgäste oder konnten mit 7,5 t Fracht beladen
werden. Die Waggons erhielten ein graugrünes Farbschema und wurden 1949 ausgemustert.
SNNB G 66-69:
Die "Stubbekøbingbanen" (SNNB) beschaffte 1912 bei
Scandia eine Serie von vier "Bænkevogne" (SNNB G 66-69).
Die Wagen verfügten zum Einstieg über offene
Endbühnen und boten 32 Sitzplätze. SNNB G 67 und 68 wurden
1927 als Beiwagen für Triangel-Triebwagen umgerüstet und
standen bis 1950 bzw. -52 in Dienst. Die beiden anderen Wagen wurden
1942/43 als Packwagen umgewidmet. SNNB G 66 endete bei der
"Amagerbanen" als Packwagen AB E 1, SNNB G 69 wurde bei Danmarks
Jernbanemuseum erhalten.
HP G 71-76:
Die "Hjørring Privatbaner" (HP)
übernahmen als Zusammenschluß von vier Privatbahnen in
Nordjütland eine Serie von fünf "Bænkevogne"
(HP G 71-76), die 1913 von Scandia gebaut worden waren. Die Wagen
verfügten zum Einstieg über offene Endbühnen und boten
32 Sitzplätze. Keines der Fahrzeuge wurde erhalten.
OMB J 60-67:
Die Privatbahn "Odense-Middelfart-Bogense" (OMB)
beschaffte 1913-14 eine Serie von acht "Bænkevogne"
(OMB J 60-67), die von Scandia geliefert wurden. Die
Wagen verfügten zum Einstieg auf jeder Seite über zwei
Türen und seitliche Laufbretter, sie boten 34 Sitzplätze.
Die Wagen J 60 und J 65 wiesen einen verlängerten Rahmen auf,
da sie mit einem zusätzlichen Bremserabteil ausgestattet waren.
Die Fahrzeuge wurden 1966 ausgemustert, keines blieb erhalten.
OKMJ J 79-83:
Die "Kertemindebanen" (OKMJ) beschaffte 1918 eine letzte
Serie von fünf "Bænkevogne"
(OKMJ J 79-83), die von den Werkstätten der Sydfynske Jernbane
(SFJ) unter Wiederverwendung alter Radsätze gebaut wurde. Die
Wagen verfügten zum Einstieg auf jeder Seite über zwei
Türen und seitliche Laufbretter, sie boten 34 Sitzplätze.
Auf Grund des mangelnden Komforts im Vergleich zu den neu
aufkommenden Omnibussen, kamen die Wagen im Personenverkehr
kaum zum Einsatz und wurden bald als Güterwagen umgerüstet.
OKMJ J 81 blieb erhalten und wurde bei der "Syd Fyenske
Veteranjernbane" (SFvJ) betriebsfähig restauriert, wobei
ein elektrischer Lift für Rollstuhlfahrer eingebaut wurde.
LJ Ce 71-74:
Die "Lollandsbanen" (LJ) beschaffte 1922 bei
Scandia eine Serie von vier "Bænkevogne" (LJ Ce 71-74).
Die Wagen verfügten zum Einstieg über große, offene
Endbühnen und boten 42 Sitzplätze. Darüber hinaus war in
jedem der Wagen ein Zugführerabteil eingerichtet. LJ Ce 73 wurde zu einem
späteren Zeitpunkt mit einem Heizkessel ausgestattet und eine der Endbühnen
wurde geschlossen, um Platz für einen Packraum mit seitlichen Schiebetüren
zu schaffen. Die Ausmusterung der Wagen erfolgte vor 1961, wobei LJ Ce 74 als
LJ Qs 102 "Tømrervogn" (Bauwagen) bis 1978 erhalten blieb.
MTJ H 51-52:
Die "Torrigbanen" (MTJ) erwarb 1924 bei der Hannoversche Waggonfabrik,
Linden zwei zweiachsige "Bænkevogne" (MTJ H 51-52), die mit 40
Sitzplätzen ausgestattet werden konnten. 1942 wurden beide Waggons an die
"Lollandsbanen" (LJ) veräußert, wo sie als LJ H 170-171 eingereiht
wurden. 1961 wurden beide Fahrzeuge als HJ QbH 121-122 umgezeichnet, ihre Ausmusterung
erfolgte zum Ende der 1960er Jahre.
RAJ Qa 661-664:
Auch bei verschiedenen schmalspurigen Privatbahnen wie denen auf Borrnholm
kamen "Bænkevogne" zum Einsatz. So bestellte die Almindingen-Gudhjem Jernbane (AGJ)
1916 vier entsprechende Waggons bei der "A/S Bornholms Maskinfabrik" in Rønne
als RAJ Qa 661-664. Die dreiachsigen Fahrzeuge erhielten an einem Wagenende
einen Einstiegraum und boten 32 Plätze in 2+2 Anordung mit Mittelgang.
Die oberen Teile der Seitenwände waren als herausnehmbare Läden
ausgeführt, die gegen Fenster getauscht werden konnten. Beim Zusammenschluß der
Borholmer Privatbahnen zu "De bornholmsle Jernbaner" (DBJ) wurden auch
RAJ Qa 661-664 übernommen, ihre Ausmusterung erfolgte 1952 und 1968.
Quellen:
Bruun-Petersen, Jens (1986): Personvognsmateriellets historie. Roskilde: bane bøger.
Bruun-Petersen, Jens & Tarp Jensen, Ulrik (2012): Danske personvogne. Smørum: bane bøger.
Nordsjællands Veterantog: www.veterantoget.dk
Reinfeldt, Jesper (1988): DBJ Nr. 1. JMJKs forlag, Århus.
Syd Fyenske Veteranjernbane (SFvJ): www.sfvj.dk
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