Die "Eisenbahn-Verkehrsmittel-AG" (E.V.A.) entstand 1917 durch
den Zusammenschluß der "Waggonfabrik Wismar AG" und
der "Deutsche Waggonleihanstalt". Das Angebot des
Unternehmens bestand aus Reisezug- und Güterwagen aller Art, die
sowohl erworben als auch gemietet werden konnten. Mit der Umstellung
auf Zivilproduktion nach dem Ende des 1. Weltkrieges wurde auch mit
der Entwicklung eines "Rohöl-Triebwagens" begonnen.
E.V.A. war dabei für den Fahrzeugteil verantwortlich, die
Maschinenanlage war Aufgabe der "Maybach Motorenbau GmbH"
in Friedrichshafen. Letztere war durch den Bau von Motoren für
Flugzeuge und Zeppeline führend in der Entwicklung leichter,
schnellaufender Dieselmotoren. Eine entsprechende Vereinbarung wurde
1922 geschlossen und führte zum Bau eines Triebwagen-Prototyps
mit einem speziell für die Anforderungen des Bahnbetriebes
konstruierten Dieselmotor.
Der E.V.A.-Maybach Prototyp in "schwerer Bauart" war ein vollwertiges
Eisenbahnfahrzeug für den Personenverkehr und verfügte über
ausreichend Reserven zur Mitnahme eines Beiwagens. Der Wagenkasten
war aus Profilstahl genietet und mit Blech verkleidet. Der mittlere
Teil war als 3. Kl.-Großraum mit Mittelgang und 2+3 Sitzteilung
eingerichtet. Die Endbereiche des Wagenkastens mit den Einstiegen und
den Führerständen waren schmaler ausgeführt, die
Stirnflächen waren zu den Seiten hin trapezartig abgeschrägt.
Das Dach war rundgewölbt und mit einem schmalen Oberlichtaufbau
versehen, in dem die Kühlanlage und der Auspuff untergebracht war. Der
Wagenkasten ruhte auf 2 zweiachsigen Drehgestellen, wovon eines als
Maschinendrehgestell die gesamte Antriebsanlage aufnahm. Diese
Anordnung war seinerzeit eine neuartige Lösung, um Vibrationen
und Lärm vom Fahrgastbereich fernzuhalten. Die Maschinenanlage
selbst bestand aus einem 6-Zylinder Maybach-Diesel, einem
Viergang-Getriebe mit Lamellenkupplung sowie einem
Hochdruckkompressor. Die Kraftübertragung erfolgte auf eine
Blindwelle und Kuppelstangen. Der Motor ragte in den darüberliegenden
Einstiegsraum und war gegen diesen mit einer geräusch- und
wärmedämmenden Haube isoliert. Das Anlassen des Motors
erfolgte mit 90 bar Pressluft bei eingelegtem 1. Gang, sodaß
der Triebwagen gleichzeitig anfuhr und erst bei ausreichender
Drehzahl auf Dieselbetrieb umgeschaltet wurde. Während der Fahrt
erzeugte der Kompressor erneut Pressluft, die in Druckbehältern
unter dem Fahrzeugboden mitgeführt wurde.
Der Prototyp der E.V.A.-Maybach-Triebwagen wurde 1924 fertiggestellt und umfassend
erprobt. Dabei wurden u.a. 7 vierachsige Schnellzugwagen mit einem
Gesamtzuggewicht von 428 t in der Ebene angefahren und auf 10 km/h
beschleunigt. Für den regulären Betrieb wurde der
Triebwagen aber nur zum Mitführen eines vierachsigen Beiwagens
zugelassen. Im selben Jahr wurde das Fahrzeug auf der
"Eisenbahntechnischen Ausstellung" in Seddin mit anderen
Innovationen aus der Eisenbahnwelt präsentiert. Dabei überzeugte
vor allem das E.V.A.-Maybach Antriebskonzept, sodaß die
"Deutschen Reichsbahn" (DRG) den Triebwagen erwarb. Der
Wagen erhielt die Betriebsnummer "101 Stuttgart" (ab
1927: VT 851) und bewährte sich im täglichen Einsatz. Bei
Ablieferung erschien das Fahrzeug in Hell-Elfenbein mit
Werbeanschriften der Hersteller. Mit der Übernahme durch die DRG
wechselte Farbschema auf dunkelgrün und 1932 schließlich
auf creme/rot. Das Fahrzeug wurde 1944 wegen Kriegsschäden
ausgemustert und verschrottet.
Die DRG bestellte beim Erwerb des E.V.A.-Maybach Triebwagens ein weiteres Fahrzeug
gleicher Bauart als VT 852. Nach der erfolgreichen Erprobung orderte
die DRG weitere Triebwagen, in deren Konstruktion die ersten
Betriebserfahrungen einflossen. Die Fahrzeuge entsprachen der
Musterzeichnung "t1 12 670" und wurden nach der
E.V.A.-Wagenbauabteilung allgemein als "Wismar-Maybach-Wagen"
bekannt. Zum Einbau kamen stärkere Motoren, die im Leerlauf
gestartet wurden, das Anfahren erfolgte nun durch das Einrücken
der Kupplung. Bei den Wagenkästen wurde eine veränderte
Einrichtung mit neuer Fensterteilung gewählt, die Stirnseiten
waren jetzt plan ausgeführt. 1926-27 wurden die Wagen VT 853-861
geliefert, 1928 folgten VT 866-871 in nahezu unveränderter Form.
Weitere Wismar-Maybach-Wagen ähnlicher Bauarten wurden nach
Belgien,
Dänemark und in die UdSSR exportiert.
In Schweden baute die "Kockums Mekaniska Verkstads Aktiebolag"
drei Wismar-Maybach-Wagen in Lizenz.
Schließlich erwarb die DRG 1930 drei Gepäcktriebwagen auf
Basis der Wismar-Maybach-Wagen als VT 10 001-003 für den
Stückgut-Schnellverkehr. Der Erfolg der Wismar-Maybach
Wagen führte Anfang der 1930er Jahre zu einer
Neuauflage des Konzepts, wobei jetzt auf Leichtbau gesetzt wurde um
die Geschwindigkeit der Fahrzeuge auf 80 km/h erhöhen zu können.
Ein entsprechender Wagenkasten wurde von der "Waggon- und
Maschinenbau AG Görlitz" (WUMAG) konstruiert und erreichte
eine Gewichtseinsparung von 10 t gegenüber der bisherigen
"schweren Bauart". Äußerlich waren die
Leichtbauwagen am abgerundeten Grundriß der Stirnseiten
erkennbar. Insgesamt wurden 59 Exemplare ähnlicher
Leichtbautriebwagen von verschiedenen Herstellern beschafft und als
VT 137 000-024, 036-054 und 121-135 eingereiht.
Technische Daten E.V.A.-Maybach Prototyp: |
Anzahl |
1 |
Hersteller |
E.V.A., Maybach |
Baujahr |
1924 |
Bauart |
B' 2' |
Länge über Puffer |
19.360 mm |
Drehzapfenabstand |
11.440 mm |
Achsstand in Antriebs- / Laufdrehgestell |
3.700 / 3.700 mm |
Motor |
Maybach G 4a, 6 Zylinder |
Leistung |
110 kW (150 PS) bei 1.300 U/min |
Kraftübertragung |
dieselmechanisch |
Höchstgeschwindigkeit |
65 km/h |
Dienstgewicht |
36,9 t |
Sitzplätze |
63 |
Einrichtung |
1 Großr., 1 WC, 1 Traglastenraum |
Packraum: Zuladung / Fläche |
- t / - m² |
Abbildungen:
E.V.A.-Maybach Prototyp:
Wismar-Maybach Triebwagen:
WUMAG-Leichttriebwagen:
Kockums Lizenzbauten:
Fahrzeugliste E.V.A.-Maybach Prototyp |
Hersteller |
Baulos / Baujahr |
Betriebsnr. |
|
E.V.A. |
15696 / 1924 |
DRG 101 Stuttgart DRG VT 851 |
1924 von DRG in Dienst gestellt
1927 umgezeichnet
1944 ausgemustert und verschrottet
|
Quellen:
Kalina, U.: Die Triebwgen der Länderbahnen und der Deutschen Reichsbahn. www.reichsbahntriebwagen.de.
Poulsen, John (1984): Motor Materiel 2: Motormateriellet fra udenlandske fabrikker før 1945. Roskilde: bane bøger.
Zschech, Rainer (1980): Triebwagen deutscher Eisenbahnen, Band 2: VT und DT. Düsseldorf: alba Buchverlag GmbH & Co. KG.
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