Karl Møllers Maskinfabrik Nagbøl (KMN)


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Der Schmied Erik Møller betrieb ab 1902 eine eigene Dorfschmiede in Nagbøl bei Lunderskov als "Erik Møllers Maskinbyggeri". Das Unternehmen fand zunächst ein spärliches Auskommen mit der Reparatur landwirtschaftlicher Geräte, konnte aber während des 1. Weltkrieges mit Maschinen für die neuentstandene Torfindustrie wachsen. Um 1930 stiegen die beiden Söhne Karl und Johannes Møller in den Betrieb ein, der nun als "Erik Møller & Sønner" firmierte. Für landwirtschaftliche Anwendungen hatte man nun auch Petroleummotoren im Angebot, bei denen es sich um instandgesetzte Pkw-Motoren aus verschrotteten Fahrzeugen vom Typ Ford Modell T handelte. Rund 1.000 dieser Fahrzeuge konnten günstig aufgekauft werden, da zu dieser Zeit das neue Ford Modell A auf den Markt kam. 1938 übernahmen die Brüder das Unternehmen gemeinsam. Allerdings machte sich Johannes Møller 1940 mit seiner eigenen "Johs. Møllers Maskinfabrik" selbständig, die sich später einen Namen u.a. mit Baumaschinen wie Baggern und Walzen machte. Das Stammwerk in Nagbøl verblieb bei Karl Møller als "Karl Møllers Maskinfabrik, Nagbøl" (KMN). Während der Deutschen Besatzung Dänemarks 1940-45 erlebte die dänische Torfindustrie eine neue Blüte auf Grund der Rationierung von Kraft- und Brennstoffen, so daß sich auch für KMN neue Möglichkeiten ergaben. Karl Møller fertigte mit 30-40 Mitarbeitern maschinelle Ausstattungen zur Produktion von Torfbriketts sowie schmalspurige Kleinloks für die Lorenbahnen der Torfgruben. Auch diese wurden wieder von wiederverwendeten Ford Modell T-Motoren angetrieben und bei Bedarf mit Holzgasgeneratoren versehen.

Nach dem Ende der Besatzungszeit kam die Torfindustrie wieder zum Erliegen und der Markt wandelte sich erneut. Die dänische Landwirtschaft erlebte eine zügige Motorisierung, finanziert durch das amerikanische "European Recovery Program", bekannt als "Marshallplan". Diese neuen Voraussetzungen inspirierten Karl Møller zu einer Vielzahl von Geschäftsideen, mit denen er sein Unternehmen in den 1950er Jahren zu neuer Größe führte. Er erkannte sofort, daß jeder Landwirt mit einem der frisch importierten "Massey Ferguson"-Traktoren auch einen geeigneten Anhänger benötigte und da gab es doch noch jede Menge ausgeschlachteter Ford Modell T mit Rädern und Achsen auf seinem Werksgelände... Die Idee erwies sich als ausgesprochen erfolgreich und schon 1947 nahm KMN die Produktion von Rädern und Naben auf. Bereits 1952 lag der Jahresausstoß bei 50.000 Naben und 85.000 Rädern, die auch in die skandinavischen Nachbarstaaten und Deutschland exportiert wurden. Langfristig wurden Räder für landwirtschaftliche Nutzfahrzeuge das Kerngeschäft des Unternehmens und man gewann Zulieferaufträge u.a. von Volvo (S), Valmet (SF) Ford und Massey-Ferguson (UK) sowie Deutz (D). Weitere lukrative Ideen betrafen die Produkte aus gepreßtem Stahlblech wie Schubkarren ab 1954 und Heizkörper ab 1958. Das 1958 in Tarp bei Flensburg gegründeten Montagewerk "Maschinenfabrik NAGBÖL GmbH" sicherte den Zugang zum europäischen Binnenmarkt.

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Der spektakulärste Abschluß gelang KMN 1953 durch Vermittlung des Handelshauses "Scandinavien Engineering Syndicate" (SES), Kopenhagen mit einem Auftrag über 57 Straßenwalzen für Indonesien. Dabei verfügte man weder über Erfahrung mit dem Bau von Walzen, noch über ausreichende Produktionskapazitäten und so teilte sich Karl Møller das Geschäft mit seinem Bruder Johannes und dessen Unternehmen. Statt eigener Konstruktionen wurden bei der "Ringsted Maskinfabrik" (RIMAS) entsprechende Pläne von 1937 erworben und so entstanden in den folgenden Jahren über 130 Fahrzeuge.

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Karl Møllers unternehmerische Qualitäten lagen in seinem berüchtigtem Ideenreichtum und seiner Fähigkeit, andere zu begeistern. Dabei behielt er die längerfristigen Perspektiven seines Unternehmens im Blick und erkannte, daß sein Familienbetrieb letztendlich zu klein für eine rentable Fließbandfertigung war. Er entschloß sich zum Erhalt von Betrieb und der 300-400 Arbeitsplätze durch Verkauf an einen größeren Partner. 1966 wandelte er sein Unternehmen als Aktiengesellschaft "Karl Møller Nagbøl A/S" um, die er 1973 an die britische "GKN Wheels" verkaufte. Das Unternehmen firmierte ab 1979 als "GKN Wheels Nagbøl A/S" und produzierte weiterhin Räder für Nutzfahrzeuge. 2020 wurde die GKN-Gruppe von der "Aurelius Equity Opportunities SE & Co. KGaA" aufgekauft und inkl. dem Standort Nagbøl ab 2021 unter dem Namen "Moveero" weiter entwickelt. Karl Møller verstarb 1977, sein ehemaliges Wohnhaus richteten KMN-Pensionäre 2004 als Museum ein (Nagbølvej 27, 6640 Lunderskov).

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KMN-Kleinloks

Bei den Nagbøl-Kleinlokomotiven handelte es sich um zweiachsige Loks für verschiedene Spurweiten mit endständigem Führerstand in offener oder geschloßener Ausführung. Als Antrieb dienten zunächst aufbereitete Vergasermotoren aus Ford-Pkw, nach 1945 wurden Dieselmotoren von Mercedes Benz,später von Fordson verwendet. Die Transmission erfolgte mechanisch über ein Lkw-Getriebe mit nachgeschaltetem Wendegetriebe, die beiden Achsen wurden mittels Rollenketten angetrieben, gebremst wurde mit handbedienten Trommelbremsen. Firmenprospekte aus den 1950er Jahren zeigten ein Standardprogramm, bestehend aus 8 verschiedenen Kleinloktypen mit mechanischer Kraftübertragung. Die Typenbezeichnungen lauteten "KMN" mit einer Gewichtsangabe von 2,5 bis 12,0 t sowie einer Leistung zwischen 32 PS und 110 PS. Der Werbetext betonte die einfache Bedienbarkeit und die hohe Zuverläßigkeit - im übrigen würde sich jeder Vorarbeiter im Lande mit den verwendeten Motoren auskennen... Die Mehrzahl der KMN-Loks wurde in Schmalspur für gewerbliche Anwendungen gefertigt, viele wurden über Vermittlung der SES u.a. nach Iran, Irak, Indien, Indonesien, Philippinen und Brasilien exportiert. Insgesamt lieferte KMN über 400 Loks, bevor der Lokbau 1961 eingestellt wurde.

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KMN fertigte lediglich 6 regelspurige Kleinloks, die alle an dänische Betreiber gingen. Jedes Exemplar blieb ein Unikat, allen gemein war ein relativ geringer Raddurchmesser und ein enger Achsstand. Folgende Loks wurden ausgeliefert:


Werknr. - / 19-: Die "Andelsselkabet Vestjyllands Mergelforsyning" (VM) erwarb die erste regelspurige Nagbøl-Lok , die 1954 an die "Lemvigbanen" (VLTJ) zunächst verliehen und 1956 von dieser als VLTJ M 16 erworben wurde. Die Lok wurde 1966 ausrangiert und im Folgejahr verschrottet.

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Werknr. 573 / 1957: Die Konservendosenfabrik "Haustrups Fabrikker" in Odense erwarb eine Nagbøl-Lok, die 1972 an das Verwertungsunternehmen "H. I. Hansen" in Odense verkauft wurde.

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Werknr. 5923 / 1959: "De danske Sukkerfabrikker" erwarben eine Nagbøl-Lok für die "Sukkerkogeriet Odense".

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Werknr. 6008 / 1960: "De danske Sukkerfabrikker" erwarben eine Nagbøl-Lok für die "Sakskøbing Sukkerfabrik". Die Lok wurde 1991/92 verschrottet.

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Werknr. 6102 / 1961: "Frederiksværkbanen" (HFHJ) erwarben eine Nagbøl-Lok als HFHJ T 4. Die Lok wurde mit Verschiebeaufgaben in Hundested eingesetzt und 1981 verschrottet.

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Werknr. 6103 / 1961: "De danske Sukkerfabrikker" erwarben eine Nagbøl-Lok für die "Gørlev Sukkerfabrik" als DdS GS T 2. Es handelte sich um die letzte bei KMN gebaute Lok, sie wurde 2005 an die MHVJ übertragen und dort 2015 verschrottet.

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Quellen:
GKN Wheels Nagbøl A/S: www.gkn-wheels.dk (offline)
Johs. Møllers Maskiner A/S: www.jmm-group.com
Kjerside, Helge (2020): Karl Møller. Lunderskov: Nagbøl Museum.
Lyngesen, Steffen & Nielsen, Claus (1997): Hedelands veteranbane materielfortegnelse. Hedehusene: Industribaneklubben.
Moveero Inc.: www.moveero.com
Poulsen, John (2019): Motor Materiel 9 - Ragertraktorer. Smørum: bane bøger.
Skanderup Sogns historie: http://skanderupsognshistorie.dk


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