Der Unternehmer Karl Hilding Severin Carlsson (* 1892, † 1961)
gründete 1913 im Alter von nur 21 Jahren seine "Hilding Carlssons Mekaniska
Verkstad" (HC) im schwedischen Umeå. Der Betrieb erledigte
Reparaturen von Fahrzeugen und Motoren.
1917 erging an HC
ein erster Auftrag zur Umrüstung eines Automobils in eine
Draisine für Inspektionsfahrten und ab 1928 folgten weitere
Draisinen eigener Konstruktion. Eines dieser Fahrzeuge wurde im
dünnbesiedelten Umland von Porjus nicht nur für
Bahndienstfahrten, sondern auch zur Beförderung von Ausflüglern
und für sonntägliche Kirchgänge genutzt. 1932
wurde ein größeres Fahrzeug dieser Art geliefert, das
als SJ 200 (später SJ Yd 310) eingereiht wurde und
zum Urtyp der schwedischen Schienenbusse wurde. Weitere kastenförmige
Draisinen folgten, die sowohl von der SJ wie auch von schwedischen
Privatbahnen eingesetzt wurden. In dieser Zeit wurde der Begriff
"Rälsomnibussar" (Schienenomnibusse) geprägt,
unter dem diese Fahrzeuggruppe allgemein bekannt wurden.
1935 präsentierte
HC den ersten Rälsomnibus in der charakteristischen Ausführung
mit abgeschrägten Fronten. Tatsächlich war dieses
Erscheinungsbild so typisch, daß Hilding Carlsson für sein
Firmenloge die stilisierte Frontansicht eines Rälsomnibus
wählte, die von den Initialen "H" und "C"
eingerahmt wurde. HC stellte allerdings nicht alle Komponenten seiner
Rälsbussar im eigenen Werk her: Der mit Blech beplankte
Wagenkasten war aus Holz aufgebaut und wurde von der ortsansässigen
Tischlerei "Olsson og Nordberg" gefertigt. Als Antrieb
dienten "Scania-Vabis" Benzinmotoren mit einer Leistung von
rund 100 PS und das Viergang-Schaltgetriebe stammte aus dem
Automobil-Bereich. Die zweiachsigen Fahrzeuge waren an beiden Enden
mit Führerständen eingerichtet und ließen sich durch
Einmannbedienung günstig betreiben. Die Rälsomnibussar
waren für verschiedene Spurweiten erhältlich und fanden
sich bei zahlreichen schwedischen Privatbahnen sowie auf Nebenstrecken
der SJ als Baureihe
Yd. Die Gestaltung der Fahrzeuge war weitgehend
einheitlich, für die Mitnahme von Traglasten wurden dagegen
mehrere Optionen angeboten: So gab es Gitterroste auf dem Dach und
ausklappbare Gepäckträger an den Stirnseiten, seitlich am
Wagenkasten konnten Ski-Halterungen montiert werden. Wenn das alles
nicht reichte, gab es auch zweiachsige Gepäckanhänger mit
geschlossenen Wagenkästen.
Ab 1937 bot HC eine größere Ausgabe der Rälsomnibussar mit Drehgestellen
an, die bei der SJ als Baureihe
Yo1 geführt wurde. Die Fahrzeuge
verfügten über ausreichend Leistung zur Mitnahme von
Beiwagen und wurden ab 1940 mit Scania-Vabis Dieselmotoren
ausgestattet. Eine nochmals verbesserte Version der Rälsomnibussar
erschien 1946 als SJ Baureihe
Yo1s, die an dem höher und breiter
ausgeführten Wagenkasten mit deutlich abgerundeten Dachkanten
erkennbar war. Die Wagenkästen aller Drehgestell-Rälsbussar
waren aus Holz aufgebaut und mit Blech beplankt. Die Motor- und
Beiwagen konnten in nahezu beliebigen Einrichtungsvarianten bestellt werden.
Die SJ setzte 1944 eine Komission zur Entwicklung eines Nachfolgemusters
für die Rälsomnibussar ein. Gefordert wurden u.a. ein stabilerer
Wagenkasten in Ganzstahl-Bauweise und die Möglichkeit zur
Mehrfachsteuerung im Zugverband bzw. zum Einsatz von Steuerwagen.
Hilding Carlsson nahm die Vorgaben auf und präsentierte 1950 ein
entsprechendes Fahrzeug eigener Konstruktion noch vor der
Fertigstellung des SJ-Musters. Letzteres setzte sich allerdings
mittelfristig zahlenmäßig durch, woran auch eine
elektrische Variante der HC-Triebwagen nichts änderte. Diese
Fahrzeuge wurden allgemein als "Stålrälsbussar"
(Stahlschienenbusse) bekannt.
Die Berechtigung einer verstärkten Konstruktion für
Schienenbusse zeigte sich 1957 dramatisch, als der Rälsomnibus SJ Yo1s 620
mit dem Stålrälsbus SJ YBo6 1066 kollidierte. Dabei wurde der
Stålrälsbus stark beschädigt, während der hölzerne Wagenkasten des
Rälsomnibus fast bis zur Mitte des Fahrzeugs zertrümmert wurde.
Hilding Carlssons letzte Konstruktion wurde der kurzgekuppelte elektrische
Nahverkehrstriebzug SJ Yoa2 (später X9), der wegen seiner orangeroten Farbgebung
den Spitznamen "Paprikatåg" (Paprikazug) erhielt und in 23
Exemplaren gebaut wurde.
Hilding Carlsson selbst verstarb 1961, woraufhin sein Unternehmen keine weiteren
Neuentwicklungen im Eisenbahnbereich mehr ausführte. Die
Produktion des SJ Yoa2 lief 1963 aus, die letzte Draisine wurde 1967
geliefert. Stattdessen verlagerte sich die Fertigung auf Anhänger
und Auflieger für Lkw. Schlußendlich wurde das Werk von
einem Mitbewerber erworben und geschlossen.
Hilding Carlsson Triebwagen in Dänemark
HC exportierte nur vereinzelte Fahrzeuge in die skandinavischen Nachbarstaaten,
darunter auch nach Dänemark. Dessen ungeachtet hatten die
Drehgestell-Rälsomnibussar hier einen prägenden Einfluß,
da sie als konstruktives Vorbild für Scandias "Skinnebusser"
dienten. Scandia schloß 1945 ein Lizenzabkommen mit Hilding
Carlsson und entwickelte ein entsprechendes eigenes Muster in
Ganzstahlbauweise, das von den meisten dänischen Privatbahnen
beschafft wurde. Daneben wurden einige HC-Triebwagen aus zweiter Hand
von verschiedenen Privatbahnen erworben.
Quellen:
Faurschou, K.F. (1950): Räsbussen. Vingehjulet 7. årgang nr. 7: 201-204.
Forss, Erik (1988): Svenska Motorvagnsfordon i Danmark. Svenska Motorvagnsklubben.
NKLJ: Hilding Carlsson, www.nklj.se
Poulsen, John (1989): Motor Materiel 3: Skinnebusser. Roskilde: bane bøger
Sten, Rolf: Rullande Materiel, www.historiskt.nu/rullande/rull_main.html
Tellerup, Frederik & Tellerup, Markus: Järnväg.net, www.jarnvag.net
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