"Europa Bus"


Als der Tourismus nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wieder auflebte, änderte sich das Reiseverhalten grundlegend. Immer mehr Privatpersonen leisteten sich Kraftwagen und steigende Zahlen von Reisebussen kokurrierten mit den traditionellen Bahnangeboten. Vor diesem Hintergrund lud der Präsident der SBB Generaldirektion, Herr Lucchini, Vertreter verschiedener europäischer Bahnverwaltungen ein, um ein gemeinsames Vorgehen zu erörtern. Als Ergebnis des Treffens wurde 1950 die "Union des services routiers des chemins de fer européens - URF" (Verband der Strassenverkehrsdienste der europäischen Eisenbahnen) gegründet, die unter der Marke "Europa Bus" einen günstigen Linienbusverkehr zu touristisch begehrten Zielen aufbaute. Die jeweiligen nationalen Bahngesellschaften traten als Betreiber direkt auf oder beauftragten andere Busunternehmen. Der Betrieb wurde 1951 aufgenommen mit 28 Linien und einer Gesamtstrecke von 18.500 km. Bereits 1956 war das Netz auf über 100 Linien mit einer Länge von 40.000 km angewachsen und ab 1966 wurden von München aus sogar "Orientfahrten" nach Beirut und Teheran mit einer Reisezeit von 6 bzw. 8 Tagen angeboten. Auf Langstrecken wurden Übernachtungsmöglichkeiten an den Etappen angefahren. Letztendlich verloren die Reiselinienbusse große Anteile ihres Publikums an den Flugverkehr und das Europa Busnetz schrumpfte zusammen. Die URF beendete ihre Geschäftstätigkeit 1990.

Die als Europa Bus eingesetzten Fahrzeuge waren mit rund 30 Sitzplätzen und einem WC eingerichtet. Die Sitze waren mit verstellbaren Lehnen versehen und boten einen großzügigen Ausblick durch Panoramascheiben. Ferner waren die Wagen klimatisiert und mit einer Lautsprecheranlage für Durchsagen und Radioprogramme sowie einem Kühlschrank ausgestattet. Die Fahrten wurden von einer Stewardess begleitet, die bei Bedarf Getränke servierte.

Belgien - SNCB / Europa Bus-Epervier
Die SNCB beaftragte die "Europa Bus-Epervier" mit der Bedienung der Europa Bus-Linien.

Bundesrepublik Deutschland - DB / Deutsche Touring Gesellschaft
Die DB beauftragte die 1948 gegründete "Deutsche Touring Gesellschaft" mit der Bedienung der Europa Bus-Linien, die den Linienverkehr bis Teheran ausbaute. Die Busse erhielten ein Farbschema in silber mit hellblau abgesetztem Fensterband. Das Unternehmen wurde 1989 Teil der Eurolines-Organisation und meldete 2017 Insolvenz bei fortgesetztem Betrieb an.

Dänemark - DSB
Die DSB Rutebiler beteiligten sich ab 1951 am System "Europa Bus" mit der Verbindung Kopenhagen-Hamburg über Kolding mit einem Anschlußbus Frederikshavn-Kolding. Zur Verpflegung der Reisenden wurde in Middelfart auf Fünen an der Brücke über den Kleinen Belt ein Zwischenstop am DSB-Restaurant "Broen" eingelegt. Zu einem späteren Zeitpunkt kam die Verbindung Kopenhagen-Hamburg über Gedser hinzu. Für dieses Angebot wurden vier Reisebusse mit einem Chassis von "Guy Arab" und einem Aufbau von der "J. Ørum-Petersen" mit den Wagennummern 306 (K 30.036), 307 (K 30.196), 308 (K 30.041) und 309 (K24.405) beschafft. Die Busse waren für längere Reisestrecken ausgelegt, luxuriös eingerichtet und boten Platz für 28 Reisegäste. Der Einstieg erfolgte vorn durch eine Tür rechts vom Fahrer sowie über eine mittige Tür an der Rückseite der Fahrzeuge. Die Busse erschienen zunächst wie die übrigen DSB Rutebiler in rot mit grauer Gürtellinie. 1955 wurde das Farbschema dem des deutschen Kooperationspartners "Deutsche Touring Gesellschaft" angeglichen mit silber und einem hellblau abgsetzten Fensterband. 1957 wurde ein weiterer Europa Bus mit 30 Sitzplätzen beschafft mit einem Chassis von Leyland Typ Tiger Cup und einem Aufbau von DAB (KA79035). Dieser Bus erschien von Anfang an im Farbschema silber mit hellblau abgsetztem Fensterband. Wegen der begrenzten Nachfrage wurde die Verbindung ab 1954 nicht mehr im Winter angeboten und 1962 ganz eingestellt.

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Niederlande - NS / Nederlandsche Buurtspoorweg-Maatschappij
Die NS beaftragte die "Nederlandsche Buurtspoorweg-Maatschappij" mit der Bedienung der Europa Bus-Linien.

Norwegen - NSB
Die NSB beteiligte sich ab 1952 in den Sommermonaten am Europa Bus-System auf inländischen Linien und mit Verbindungen nach Schweden zwischem Malmö und Oslo. Seinerzeit galt in Norwegen noch Linksverkehr, wodurch die Gefahr von Mißverständnissen beim Ein- und Ausstieg bestand. Daher erfolgte der Zugang zum Bus über eine Tür an der Rückseite der Fahrzeuge. Die NSB zog sich 1963 aus dem Projekt Europa Bus zurück.

Schweden - SJ
Ab 1953 beteiligte sich auch die SJ am Europa Bus-Programm und beschaffte 10 entsprechende Busse. Diese wurden auf einem "Scania-Vabis" Chassis vom Typ B63 aufgebaut und erhielten einen Aufbau vom "Hägglund & Sönner" mit Platz für 35 Passagiere. Da zu dieser Zeit in Schweden noch Linksverkehr galt, bestand die Gefahr von Missverständnissen beim Ein- und Ausstieg. Daher erfolgte der Zugang zum Bus über eine Tür an der Rückseite der Fahrzeuge. In den 1960er Jahren wurden 10 weitere Busse mit seitlichen Türen beschafft, die im innerschwedischen Schnellverkehr genutzt wurden.

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Schweiz - SBB / Postautodienst
Die SBB beteiligte sich ab 1951 am Europa Bus-System und beauftragte den Postautodienst der Schweizerischen Post (PTT) mit der Durchführung. Der Betrieb wurde mit fünf eigens für diesen Zweck beschafften Bussen aufgenommen, die einen luxuriösen Aufbau vom Karosseriebauer Tüscher erhielten. Ein herausragendes Merkmal war das verglaste Dach, das bei Bedarf mit einem Stoffverdeck abgeblendet werden konnte. Weitere Buskonstruktionen folgten. Die letzte schweizer Europa Bus-Verbindung wurde 1991 eingestellt.


Quellen:
Birch, Jens & Gold, Ole (2017): DSB rutebiler - fra Statsbanerne til Combus. Ishøj: J-bog.
Danske busser: www.danskebusser.dk
Ekström, Gert; Ericson, Lars; Karlsson, Lars Olov (1985): Alla Våra Bussar. Förlag: Allt om hobby AB
Eurolines: www.eurolines.de
S.A. (1952): Europabus. Vingehjulet 9. årgang nr. 9: 22-23.
Stofer, Esther, Archive SBB Historic: Der Europa Bus - eine Erfindung der Eisenbahnen. www.sbbhistoric.ch
Thestrup, Poul (1997): På sporet 1847-1997: Jernbanerne, DSB og samfundet. 3 Bd. Odense: Jernbanemuseet.