Die 1887 gegründete "Société
Anonyme Valentin Purrey" aus Bordeaux beschäftigte sich
mit dem Bau dampfgetriebener Fahrzeuge für Straße und
Schiene. Deren kostengünstige Betrieb wurde durch spezielle
Dampferzeuger mit automatischer Feuerung und kompakten Dampfmaschinen
erreicht. So konnte die Maschinenanlage allein vom Fahrzeugführer
bedient werden, ohne dass ein zusätzlicher Heizer benötigt
wurde. Gute thermische Wirkungsgrade und sparsame Verbrauchswerte
wurden durch einen hohen Kesseldruck und mehrstufige Dampfdehnung
erreicht. Purrey veräußerte seine Maschinenanlagen auch an
andere Hersteller, die ihrerseits Fahrzeuge mit den zugelieferten
Antriebssystemen bauten. Eines dieser Unternehmen war die schwedische
"
AB Arlöfs Mekaniska Verkstad"
in Malmö, die 1907-12 neun Dampftriebwagen
für verschiedene schwedische Privatbahnen fertigte und ein
weiteres Fahrzeug nach Dänemark exportierte.
Die dänische "Langelandsbane" (LB) erhielt bei ihrer
Eröffnung 1911 einen Arlöf-Dampftriebwagen nach dem System Purrey
mit der Betriebsnummer LJ M1. Zur Abgrenzung gegenüber konventionellen
Dampfloks wurde das Fahrzeug auch als
"dampmotorvogn" (Dampfmotorwagen) beschrieben. Die
Dampfmaschine war eine herausnehmbare Einheit, die als 4-Zylinder
Tandem-Compoundmaschine aufgebaut war. Je ein Hoch- und ein
Niederdruckzylinder waren hintereinander auf einer gemeinsamen
Kolbenstange angeordnet. Alle Zylinder wirkten auf eine Kurbelwelle,
die über zwei Ketten auf die Treibachse wirkte. Die
Dampferzeugung erfolgte in einem Wasserrohrkessel mit Überhitzer,
der Heißdampf mit einer Temperatur von ca. 450 °C und einem
Druck von 24 atm lieferte. Der Kessel wurde über einen
mechanischen Schüttelrost mit Koks befeuert, die Zufuhr des
Speisewassers erfolgte automatisch, wobei die Pumpe über einen
Schwimmer reguliert wurde.
LJ M 1 war zweiteilig aufgebaut, um den
Fahrgastbereich von der Wärmestrahlung und den Vibrationen der
Maschinenanlage zu entkoppeln. Die Wagenkästen beider
Fahrzeugteile waren mit Blechverkleidung ausgeführt und
vermutlich hellgrau lackiert. Im zweiachsigen Maschinenteil war die
gesamte Antriebsanlage mit dem Führerstand untergebracht. Das
einachsige Fahrgastteil stützte sich gelenkig auf das
Maschinenteil, ähnlich dem Auflieger eines Sattelschleppers. Der
Fahrgastraum war bis auf ein Dienstabteil als "bænkevogn"
(Fakultativwagen) ausgelegt, dessen Einrichtung sich leicht anpassen
ließ: Für den Personenverkehr gab es Holzbänke mit
2+3 Sitzteilung und Mittelgang sowie einen geschlossenen
Einstiegsraum am Wagenende mit Übergang an der Stirnseite. Ohne
Bänke diente das Fahrzeug als Packwagen und konnte über
zwei seitliche Schiebetüren beladen werden. Da der Wagen nur
über einen Führerstand verfügte, mußte er an
Endbahnhöfen gewendet werden.
Im Betrieb zeichnete sich LJ M 1 durch
gute Laufeigenschaften aus und konnte bis zu 3 Beiwagen (30-40 t) mit
einer Geschwindigkeit von mindestens 35 km/h bei 10 Promille Steigung
befördern. Als problematisch erwies sich aber die hohe
Wasserhärte auf Langeland, die zur starken Bildung von
Kesselstein führte. Letzterer ließ sich nur schwer aus den
gewundenen Wasserrohren des Kessels entfernen und erhöhte die
Betriebskosten durch eingeschränkte Wärmeübertragung.
Weitere Kritikpunkte betrafen die Dampfmaschine, so dass der
Triebwagen bereits 1915 abgestellt und später als Packwagen
umgebaut wurde. Demgegenüber bewährten sich die an die
schwedischen Privatbahnen gelieferten Arlöf-Dampftriebwagen über
viele Jahre, da sie mit besser geeignetem Speisewasser betrieben
wurde.
Technische Daten LB M 1 "Arlöf dampmotorvogn"*: |
Anzahl |
1 |
Hersteller |
Arlöf |
Baujahre |
1911 |
Bauart, Steuerung |
(1A) 1 |
Länge über Puffer |
ca. 11.000 mm |
Rostfläche |
0,5 m² |
Verdampfungsheizfläche |
- m² |
Kesselüberdruck |
24 atm |
Hoch- / Niederdruckzylinder-Ø |
140 mm / 200 mm |
Kolbenhub |
200 mm |
Treib- / Kuppelrad-Ø |
940 mm |
indizierte Leistung |
150 PS bei 550 U/min |
Höchstgeschwindigkeit |
- km/h |
Dienst- / Reibungsgewicht |
40,0 t / 27,0 t |
Vorrat Wasser / Koks |
- m³ / - t |
Einrichtung als Personenwagen: |
1 Abt. 30 Plätze 3. Kl., 1 Dienstabt. |
Einrichtung als Packwagen: |
1 Packraum, 1 Dienstaqbt. |
Packraum: Zuladung / Fläche |
5,0 t / 14,5 m² |
* = Die Angaben wurden an Hand eines vergleichbaren schwedischen Fahrzeugs rekonstruiert, die
Originaldaten sind nicht erhalten.
Abbildungen:
Fahrzeugliste LB M 1 "Arlöf dampmotorvogn" |
Hersteller |
Fabriknr. / Baujahr |
Betriebsnr. |
|
Arlöf |
- / 1911 |
LB M 1
LB E 43 LB IC 254 |
1911 von HHB in Dienst gestellt
1915 abgestellt, 1916 ausrangiert
1918 als Fakultativwagen umgebaut
1933 als Güterwagen umgezeichnet
1954 verschrottet
|
Quellen:
Alkjær, Hans Gram (1972): Leddelte motorvogne. Signalposten 1972/6: 204-208.
Alkjær, Hans Gram (1974): Motormateriellet: De danske dampmotorvogne. Signalposten 10. årgang Nr. 5: 186-190 + 210-213.
Bay, William (1977): Danmarks damplokomotiver. Herluf Andersens Forlag.
Forss, Erik (1988): Svenska Motorvagnsfordon i Danmark. Svenska Motorvagnsklubben.
Gieseler, Albert: Dampfmaschinen und Lokomotiven. www.albert-gieseler.de
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