Der französische
Reifenfabrikant André Michelin experimentierte ab 1912 mit
Möglichkeiten, sein Produkt auch im Schienenverkehr zu
verwenden. Das Kernstück seiner Entwürfe war eine neuartige
Radkostruktion, bei der die Lauffläche durch einen luftgefüllten
Reifen gebildet wurde. Damit ließ sich ein hoher Fahrkomfort
bei geringem Gewicht sowie hervorragende Beschleunigungs- und
Bremswerte erreichen. Als nachteilig zeigte sich dagegen die geringe
Tragfähigkeit der Räder sowie die Gefahr des Druckverlustes
im Reifen. So entstanden in den 1930er Jahren eine Reihe von
Leichtbau-Triebwagen, deren Konstruktion von Straßenfahrzeugen
abgeleitet war. Allen gemeinsam war die ungewöhnlich hohe
Anzahl von Rädern. Die Fahrzeuge wurden unter dem
Begriff "Micheline" bekannt, der sich in Frankreich auch
allgemein für Triebwagen einbürgerte. Die ersten Modelle
glichen einem Lkw-Sattelschlepper mit Auflieger, spätere
Ausführungen waren für den Zweirichtungsbetrieb ausgelegt
und wurden von einer erhöhten Führerkanzel aus bedient.
Micheline wurden von verschiedenen französischen
Bahngesellschaften erworben sowie in französische Kolonien nach
Afrika und Indochina sowie nach Madagaskar exportiert. Drei weitere
von der US-amerikanischen "Budd Company" in Lizenz
gefertigte Fahrzeuge konnten nicht überzeugen und wurden bald
verschrottet. Die Idee der gummibereiften Schienenfahrzeuge
etablierte sich langfristig lediglich bei den Zügen der RATP im
pariser Nahverkehr.
Anfang der 1930er Jahre wurde ein serienreifer "Micheline"-Typ vorgestellt.
Dabei handelte es sich um eine dreiachsige Zugmaschine, die einen
zweiachsigen Auflieger mit dem Fahrgastraum schleppte. Der Antriebleistung wurde über ein 4-Ganggetriebe auf
die mittlere Achse der Zugmaschine übertragen, die erste Achse wurde durch Kettentrieb gekuppelt. Die zulässsige
Höchstgeschwindigkeit betrug 100 km/h, es wurden aber bis zu 140 km/h erreicht.
Einige "Micheline" wurden auf Demostrationsreisen
geschickt und bei verschiedenen Bahnverwaltungen vorgestellt, darunter in
Großbritannien und den Niederlanden. 1932 war eine "Micheline" Typ II-ZZ No. 2
für einige Wochen zu Besuch in Schweden. Im Anschluß wurde das Fahrzeug in Dänemark
einige Tage auf der Strecke Østerport-Rungsted präsentiert, wo es den Spitznamen "Mikkeline" erhielt.
Die dänische Presse lobte den hohen Fahrkomfort und die geringe Lärmentwicklung der Fahrzeuge,
die hier "Mikkeline" genannt wurden. Von Seite der DSB wurde dagegen die geringe Anzahl von
Sitzplätzen sowie die Auslegung auf Einrichtungsbetrieb kritisiert.
Letztendlich kam es in Europa zu keinem Verkauf außerhalb Frankreichs.
Technische
Daten "Micheline II-ZZ No. 2" |
Anzahl |
1 |
Hersteller |
Michelin |
Baujahr |
193- |
Achsfolge |
B1' 2' |
Länge über Puffer |
- mm |
Motor |
Panhard, 4 Zylinder |
Leistung |
75 PS bei - U/min |
Kraftübertragung |
benzinmechanisch |
Höchstgeschwindigkeit |
100 km/h |
Dienstgewicht |
4,7 t |
Sitzplätze |
24 |
Ausstattung |
- |
Abbildungen:
Quellen:
Arzul, Roland: Manche-Océan, http://roland.arzul.pagesperso-orange.fr/index.htm
N. N. (1935): The Michelin Railcar in England. Commercial Motor: 16. Feb. 1935: 49.
online verfügbar: http://archive.commercialmotor.com
Poulsen, John (1978): Udenlandsk ejet motormateriel på danske spor. Jernbanen 1978-1: 65-72.
Poulsen, John (1984): Motor Materiel 2: Motormateriellet fra udenlandske fabrikker før
1945. Roskilde: bane bøger.
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