Steckbrief DB V 100 (211, 212, 213)


Zum Ablösung der Dampftraktion auf Nebenbahnen und im leichten Hauptstreckendienst beschaffte die DB eine neue Bauart einmotoriger Drehgestell-Dieselloks mit hydraulischen Wandlern und Gelenkwellenantrieb. Die Loks erhielten die Baureihenbezeichnung V 100 und wurden bei MaK in Zusammenarbeit mit dem Bundesbahnzentralamt entwickelt. Die Konstruktion der V 100 war auf einem geschweißten Rahmen aus Stahlblechen und -profilen aufgebaut. Die Aufbauten bestanden aus halbhohen, schmalen Vorbauten sowie einem leicht außermittig angeordneten Führerhaus mit eigenen Steuerständen für jede Fahrtrichtung. Unter dem langen Vorbau war der Motor und die Kühlanlage angeordnet, der kurze Vorbau nahm einen Dampferzeuger zur Zugheizung sowie einen Behälter mit 3.000 l Waßer auf. Unter dem Führerhaus lag das Strömungsgetriebe sowie 2 Tanks für insgesamt 2.500 l Diesel. Der hochgesetzte Führerstand ermöglichte eine gute Rundumsicht, das an den Stirnseiten ausgezogene Dach bot reichlich Blendschutz auch bei tiefstehender Sonne. Ein Teil der Loks wurde mit Steuerungen für Wendezüge und Mehrfachtraktion ausgerüstet. Beim Antrieb waren Motoren verschiedener Hersteller und unterschiedlicher Leistung vorgesehen (s.u.). Ein zusätzlicher Hilfsdiesel mit einer Leistung von 16 kW (22 PS) und Gleichstromgenerator versorgte die elektrischen Antriebe der Heizkesselanlage und der Luftpresser.

Ein erstes Los von 7 Vorserienmaschinen wurde 1958/59 ausgeliefert, die sich bei ihrer Erprobung bestens bewährten. Die Produktion der Serienmaschinen wurde auf alle namhaften deutschen Hersteller verteilt und endete 1968 nach insgesamt 745 Lokomotiven. In Abhängigkeit der installierten Motorleistung wurden 2 Unterbaureihen geführt: Die Variante V 100.10 (ab 1968: 211) war mit 809 kW (1.100 PS) motorisiert und war an den waagerechten Lamellenverschlüßen und dem Gitterschutz vor den Lufteinläßen der Kühlanlage kenntlich. Bis 1963 wurden 364 Exemplare ausgeliefert und im Nebenbahndienst eingesetzt. Für den leichten Hauptstreckendienst wurde ab 1962 die auf 993 kW (1.350 PS) verstärkte Ausführung V 100.20 (ab 1968: 212), in insgesamt 381 Exemplaren beschafft. Die höhere Leistung erforderte eine größere Kühlanlage und so wurde ab Lok Nr. 022 der Rahmen um 200 mm nach vorn verlängert. Die Loks waren an den nun senkrecht stehenden Lamellenverschlüßen der Kühllufteinläße erkennbar. Eine Sonderstellung nahmen die Loks V 100 2332-2341 ein, die zusätzlich eine hydrodynamische Bremse für den Einsatz auf Steilstrecken erhielten und 1968 als Baureihe 213 umgezeichnet wurden. Die DB beendete den Einsatz der Baureihen 211, 212 und 213 im Streckendienst bis 2005 mit der Abstellung der letzten verbliebenen Maschinen. Rund 30 V 100 der DB blieben museal erhalten.

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Die DB-Baureihe V 100 diente im Übrigen als Grundlage für die abgeleiteten Typen DB V 90 (später: 290/291, 294, 296) für den schweren Verschiebedienst sowie für die Ausführung V 100 PA (später G 1300 BB), die MaK für Privatbahnen anbot. 15 der abgestellten 212er wurden ab 1988 für den Einsatz mit Tunnelhilfs- (TuHi) bzw. Rettungszügen (RTZ) als Baureihe 714 umgerüstet, weitere Loks wurden u.a. an den Bauzugdienst abgegeben.

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Technische Daten DB V 100:
DB V 100.10 / 211 DB V 100.20 / 212, 213
Anzahl 364 381
Hersteller MaK, Deutz, ME, Henschel, Jung, Krauss-Maffei, Krupp MaK, Deutz, ME, Henschel, Jung
Baujahr 1958-63 1962-65
Achsfolge B' B' B' B'
Länge über Puffer 12.100 mm 12.300 mm (bis 212 021: 12.100 mm)
Drehzapfenabstand 6.000 mm 6.000 mm
Achsstand im Drehgestell 2.200 mm 2.200 mm
Motor Maybach MD 650, 12 Zylinder
Daimler-Benz MB 820 Bb, 12 Zylinder
MAN L 12 V 18/21, 12 Zylinder
MAN V 6 V 18/21, 12 Zylinder
Daimler-Benz MB 835 Ab, 12 Zylinder
MTU 12V652 TA/TZ10, 12 Zylinder
Leistung 809 kW (1.100 PS) bei 1.500 U/min 993 kW (1.350 PS) bei 1.500 U/min
Kraftübertragung dieselhydraulisch dieselhydraulisch
Höchstgeschwindigkeit 100 km/h 100 km/h
Dienstgewicht 62,0 t 63,0 t



Das Ende der V 100 im Streckendienst der DB bedeutete keineswegs das Ende dieser bewährten Baureihen, vielmehr erlebten viele eine Renaissance bei anderen Betreibern. Die betreffenden Loks wurden einer Modernisierung unterzogen, deren Umfang von einer Remotorisierung bis hin zu einem fast Neubau unter Verwendung des Rahmens und der Drehgestelle reichte. Erste aufgearbeitete Loks erschienen um 1989, wie 211 233 nach einem Umbau bei Henschel als NVAG DL 2 oder DB 211 130 nach Instandsetzung in den Werkstätten der Regentalbahn als VLTJ ML 25 in Dänemark. Mit dem 1994 in Kraft getretenen "Eisenbahnneuordnungsgesetz" und der damit eingeleiteten Bahnreform änderte sich die Bedarfslage. Nun konnten auch private Unternehmen überregional ihre Leistungen anbieten und es entwickelte sich eine Gründungswelle von Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU). Hinzu kamen Gleisbaubetriebe und Lokvermieter, die alle dringend Lokomotiven suchten.

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Zahlreiche Altloks wurden in größeren Stückzahlen übernommen von Anbietern, die ihrerseits die Modernisierung übernahmen und nach Kundenwunsch überarbeitete Loks lieferten. Zu diesen Anbietern zählten:

Die On Rail Gesellschaft für Eisenbahnausrüstung und Zubehör mbH (ab 1998 "Voßloh Schienenfahrzeugtechnik GmbH") entwickelte in der Niederlaßung Moers ein Modernisierungsprogramm für die Baureihe 211 unter der Bezeichnung DH 1004 "Regio-Lok" (ähnlich dem Typ MaK G 1204 BB). Von der Spenderlok wurden der Rahmen, die Drehgestelle und das Getriebe übernommen, der Motor und die Aufbauten waren neu. 1997-2003 wurden insgesamt 8 Regio-Loks ausgeliefert.

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Der französischen Schienenfahrzeughersteller "Alstom S.A." gründete 2002 mit der DB das Joint Venture ALSTOM Lokomotiven Service GmbH (ALS) im ehemaligen RAW Stendal. Hier wurden Altloks der Bauarten V 100 DB und DR aufgearbeitet, von denen die DB jeweils rund 100 Stück dem Unternehmen übergab. Der Grad der Instandsetzung erfolgte nach Kundenwunsch. Gemeinsam mit der "Gmeinder Lokomotivenfabrik GmbH" (GLG) in Mosbach wurde u.a. das Umbaukonzept "BR 214" für Loks der Baureihe 212 angeboten. Insgesamt wurden 36 DB 212 entsprechend modernisiert, die u.a. bei der DB als Baureihe 214 (bei DB Schenker Baureihe 262) liefen und nach ihrer charakteristischen Form als "LEGO-Loks" bekannt waren. 2012 wurde der Standort Stendal vollständig von Alstom übernommen, die Modernisierungen liefen langsam aus und man konzentrierte sich nun auf die Instandhaltung von Lokomotiven. Ab 2014 wurden hier auch die Hybrid-Rangierloks "Prima H3" entwickelt und gefertigt.

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Die Elisabeth Layritz GmbH modernisierte rund 70 ex DB V 100 in ihren Werkstätten und exportierte die Loks nach Österreich, Frankreich und Italien, darunter 70 ex 211 an die ÖBB als Baureihe 2048. Das Unternehmen stellte zum Jahresende 2013 seine Aktivitäten ein und wurde aufgelöst.

Von den modernisierten V 100 der DB fanden rund 150 Maschinen neue Aufgaben in Deutschland, über 200 Loks gingen ins europäische Ausland. Die meisten exportierten Exemplare wurden von Gleisbauunternehmen in Frankreich und Italien erworben, wo sie zur Standardlok wurden. Einige Exemplare wurden temporär auch in Dänemark eingesetzt.


Quellen:
Englmann, Max & Ludwig, Herbert (1963): Handbuch der Dieseltriebfahrzeuge der Deutschen Bundesbahn. Frankfurt a.M.: Vermögensverwalter der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivbeamten und Anwärter GmbH.
Glatte, W. (1981): Diesellokomotiven deutscher Eisenbahnen. Düsseldorf: Alba Buchverlag.
Richter, Karl Arne: V100 West, www.v100.de
Weber, Martin (2008): Ein halbes Jahrhundert V 100. Lokmagazin 4/2008: 32-46.



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