Anfang der 1970er Jahre begann das Bundesbahn-Zentralamt (BZA) München mit Planungen
zur Ablösung der klassischen Schienenbusse der Baureihen VT 95.91 / 795 und VT
98.95 /798. Damit sollte ein weiterer Betrieb von schwach
frequentierten Nebenbahnen wirtschaftlich möglich bleiben. Für
einen erhöhten Fahrkomfort wurden Fahrzeuge auf luftgefederten
Drehgestellen gefordert. Die Wagenkästen sollten in
Leichtbauweise mit gesickten Seitenwänden und Dächern
ausgeführt werden und die Kollisionsbeständigkeit von
Reisezugwagen nach Vollbahnstandard aufweisen. Die Maschinenanlage
mit dieselhydraulischer Transmission wurde unter Flur angeordnet und
wirkte auf beide Achsen eines der beiden Drehgestelle. Es sollten
verschiedene Varianten erprobt werden: Bei den Motoren wurde auf
luft- und wassergekühlte Muster aus dem Nutzfahrzeugbereich
zurückgegriffen, um eine kostspielige Neukonstruktion zu
vermeiden. Die Wandlergetriebe stammten von Voith und wurden in
Ausführungen mit und ohne hydrodynamische Bremse verbaut.
Die Drehgestelle waren eine Konstruktion der Firma Wegmann und trugen den
Wagenkasten auf luftgefüllten Gummifedern, deren Füllung lastabhängig
nachgeregelt wurde. Die Luftfedern wurden durch Schraubenfedern unterstützt, die
bei Druckverlust auch als Notfedern dienten. Die Drehgestelle waren ohne Drehzapfen
ausgeführt, die Längskräfte wurden über eine waagerechte Zug-/Stoßstange
auf den Wagenkasten übertragen. Die Fahrzeuge wurden mit einer Mehrfachzugsteuerung
für bis zu 6 Einheiten und Scharfenberg-Kupplungen ausgestattet. Der
Fahrgastbereich war durchgängig als 2. Kl. in Großräumen
mit 2+2 Sitzteilung und Mittelgang eingerichtet. Die Triebwagen wurden
zunächst als Kleinserien zur Erprobung in ein- und zweiteiligen
Ausführungen beauftragt und im Farbschema Ozeanblau/Elfenbein (RAL 5020/1014) geliefert.
Der Entwicklungsauftrag für die
einteilige Ausführung der neuen Triebwagen erging an "MaK"
und "LHB", die 1974 insgesamt 5 bzw. 3 Einheiten als
Baureihe
627.0 fertigten. Die Fahrzeuge wurden auf verschiedenen
Strecken intensiv erprobt und schließlich im BW Kempten im
Allgäu zusammengezogen. Ab 1984 wurden bei allen Fahrzeugen die
Scharfenbergkupplungen gegen Puffer und Regelkupplungen getauscht.
Die Ausmusterung der 627.0 erfolgte ab 2001. Einige Fahrzeuge wurden
verschrottet, andere nach Polen an die "Koleje Mazowieckie"
veräußert. Der für das DB Museum vorgesehene 627 001
wurde 2005 beim Großbrand im Bahnbetriebswerk Nürnberg West zerstört.
Der Entwicklungsauftrag für die
zweiteilige Ausführung der neuen Triebwagen erging an die
"Waggonfabrik Uerdingen", die 1974/75 insgesamt 12
Einheiten als Baureihe
628.0 fertigte. Jeder Wagen war motorisiert,
der Antrieb erfolgte auf das dem Führerstand gegenüberliegende
Drehgestell. Es gab zwei Einrichtungsvarianten mit und ohne
Gepäckraum, die in Kombination verwendet wurden. Die Fahrzeuge
wurden auf verschiedenen Strecken intensiv erprobt und schließlich
im BW Kempten im Allgäu zusammengezogen. 1980 wurden 4 Einheiten
als Steuerwagen der Baureihe 928.0 umgebaut und die Maschinenanlagen
entfernt, da die Leistung von nur einer Antriebsanlage als ausreichend
angesehen wurde. Ab 1984 wurden bei allen Fahrzeugen die
Scharfenbergkupplungen gegen Puffer und Regelkupplungen getauscht.
2005 wurde die letzte 628.0-Einheit ausrangiert. Einige Fahrzeuge
wurden verschrottet, andere nach Polen an die "Koleje
Mazowieckie" veräußert.
Die Erkenntnisse aus der Erprobung der
Prototypen flossen in weiter entwickelte Serienausführungen ein.
Diese waren äußerlich an der neu gestalteten Front mit
Puffern und Regelkupplungen sowie an den glatten Seitenwänden
und Dächern erkennbar. Während die DB ab 1981 lediglich 5
einteilige Triebwagen als Baureihe 627.1 beschaffte, setzte sich die
zweiteilige Ausführung als Baureihe 628.1-4 in mehreren
Lieferserien mit über 450 Exemplaren flächendeckend durch.
Einzelne Fahrzeuge wurden auch von Nichtbundeseigenen Bahnen und der
CFL beschafft. Andere Staatsbahnen entwickelten auf Basis der
Baureihen 627 und 628 eigene Muster. So beschaffte die NS
einteilige Triebwagen als Serie 3101-3119 (Duewag Typ DH 1) und
zweiteilige Triebwagen als Serie 3201-3231 (Duewag Typ DH 2). Die ÖBB
beauftragte die "Jenbacher Werke" mit der Entwicklung
entsprechender Modelle, die als einteilige Triebwagen der Reihe 5047
in 100 Exemplaren und als zweiteilige Triebwagen der Reihe 5147 in 5
Garnituren beschafft wurden.
Schließlich interessierte sich auch die DSB für die Fahrzeuge, da ein Nachfolger für die
veralteten Triebwagen der Reihe MO gesucht wurde. Es erfolgte eine
Leihstellung von zwei 628.0-Garnituren, die ab November
1975 erprobt wurden. Es handelte sich um
628 021/023 mit
wassergekühltem und
628 008/018 mit luftgekühltem Motor,
die auf den Strecken Odense-Fredericia sowie Århus-Grenå
im Plandienst getestet wurden. Hinzu kamen Fahrten mit dem
einteiligen
627 002, der Anfang 1976 von winterlichen Probefahrten
aus Schweden zurückkehrte. Die positiven Resultate der Untersuchungen führten
1976 zur Bestellung der DSB Baureihe
MR/MRD
mit luftgekühlten Motoren bei Uerdingen und zu deren anschließende Lizenzfertigung bei Scandia.
Darüber hinaus kam auch mindestens 1 Exemplar der Bauart 628.4 in Dänemark
zum Einsatz mit NEG VT505/506 auf der Marschbahn bis Tønder.
Zum Verbleib der Fahrzeuge s.
Fahrzeugliste.
Technische Daten DB 627.0 & 628.0: |
|
627.0 |
628.0 |
Anzahl Triebzüge |
8 |
12 |
Hersteller |
MaK, LHB |
Uerdingen |
Baujahre |
1974 |
1974-75 |
Achsfolge |
2' B' |
2' B' + B' 2' |
Länge über Kupplung |
22.500 mm |
44.350 mm (22.175 + 22.175 mm) |
Drehzapfenabstand |
15.100 mm |
15.100 mm |
Achsstand im Drehgestell |
1.900 mm |
1.900 mm |
Rad-Ø |
760 mm |
760 mm |
Motorvarianten |
Deutz BF 12 L 413, 12 Zylinder Daimler OM 404, 12 Zylinder |
Daimler OM 404, 12 Zylinder Deutz BF 12 L 413, 12 Zylinder MAN D 3256 BTXUE, 6 Zylinder |
Leistung |
287 / 294 kW (390 / 400 PS) bei 2.400 U/min |
202 / 206 / 210 kW (275 / 280 / 286 PS) bei 2.100 U/min |
Kraftübertragung |
dieselhydraulisch |
dieselhydraulisch |
Höchstgeschwindigkeit |
120 km/h |
120 km/h |
Dienstgewicht |
34,0 t |
64,0 t |
Sitzplätze |
64 |
136 |
Einrichtung |
1 Großr., 1 Gepäckr., 1 WC |
Triebwagen 1: 1 Großr., 1 Gepäckr., 1 WC
Triebwagen 1: 2 Großr, 1 WC |
Abbildungen:
DB 627.0:
DB 628.0:
DB 628.0 Probebetrieb in Dänemark:
Die Baureihe 627.0 diente auch als fahrzeugtechnische Basis der 1977/78 beschafften Turmtriebwagen
704 001-005 der DB. Auf dem Dach der Fahrzeuge war eine schwenkbare Arbeitsbühne, eine Beobachtungskanzel sowie
ein Meßstromabnehmer montiert, der Innenraum war als Werkstatt eingerichtet. Die Triebwagen waren
mit 2 Motoren ausgestattet, so daß alle Achsen angetrieben wurden. Die Fahrzeuge wurden 2012 ausrangiert und 2014
verschrottet, nachdem ein Verkauf nicht gelang.
Quellen:
de Bruyn, Eddy (1982): Neue Dieseltriebwagen für die Niederländischen Eisenbahnen.
LokMagazin 112: 72-75.
Obermayer, Horst J. (1985): Dieseltriebzüge der Baureihen 628/928. Lok Magazin 133: 262-271.
Poulsen, John (2016): Motor Materiel 4.2: Letbyggede motortog fra Uerdingen/Duewag. Smørum: bane bøger.
Zschech, Rainer (1980): Triebwagen deutscher Eisenbahnen, Band 2: VT und DT. Düsseldorf: alba Buchverlag GmbH & Co. KG
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