Dossier DSB MR/MRD ..01 - ..99 - Teil 2: Einsatz


Die Einführung der MR bei der DSB wurde von ausführlichen Presseberichten begleitet, die überwiegend positiv ausfielen. Bemängelt wurden lediglich die unzureichende Ventilation und die niedrigen Nackenstützen der von Scandia entworfenen Sitzbänke, das DSB-Personal beklagte das Fehlen eines Gepäckraumes und von Dienstabteilen. Schließlich erwiesen sich die nahezu planen Frontschürzen im Schneewinter 1979/80 als untauglich und wurden gegen untergehängte Schneeräumer mit gewölbten Pflugscharen ausgetauscht. Die Erfahrungen der ersten Betriebsjahre führten zu einer neuen Einrichtungsvariante, die sich als Baureihe MRD bei den Nachbeschaffungen fand. Dabei wurde der vordere Fahrgastraum in einen Traglastenraum mit 10 Klappsitzen an den Wänden und nur einem statt zuvor zwei Fenstern an den Längsseiten gewandelt. Der vordere Einstieg wurde verbreitert und mit zweiflügeligen Schwing-Schiebetüren versehen. Das WC wurde an den hinteren Einstiegsraum verlegt und gegenüber einem abschließbaren Dienstabteil mit 4 Sitzen angeordnet. Eine weitere Änderung betraf die Motoren: Diese liefen oft nur mit 25 % ihrer Leistung, was zu schädlichen Ablagerungen an den Kolben und Zylinderköpfen führte. Man verzichtete daher auf den Turbolader und reduzierte so die Motorleistung auf 325 PS. Diese Modifikation betraf alle MR/MRD-Nachlieferungen und wurde auch bei den bereits vorhandenen Fahrzeugen nachgeführt. Alle Bestellungen für Nachlieferungen gingen an Scandia in mehreren Serien, die bis 1985 fertiggestellt wurden. Die Fahrzeuge erhielten die Betriebsnummern MR 4001-4099 sowie MRD 4201-4299, wobei die Nummern 4084/4284 nicht vergeben wurden und 4027/4227 schon 1984 nach dem Totalschaden von MR 4027 entfielen. Die DSB verfügte damit über 97 MR/MRD-Einheiten. Die MR- und MRD-Waggons wurden so kombiniert, daß die letzten beiden Ziffern der Betriebsnummern identisch waren und so eine Kennung des Triebzuges ergaben. In zwei Fällen führten Kollisionen zum Verlust einzelner Fahrzeuge und zur Neukombination von Wagen, die durch Umzeichnung wieder entsprechende Betriebsnummern erhielten.

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Die Inbetriebnahme der neuen Baureihe MR/MRD begann in Århus und wurde mit weiteren Lieferungen über Jütland und Fünen ausgeweitet, wo veraltete Triebwagen der Reihe MO sowie unwirtschaftliche Wagenzüge abgelöst wurden. Auf Nebenbahnen führten die Triebzüge oft einzelne Post- und Güterwagen oder bei erhöhtem Platzbedarf einen Reisezugwagen mit. In den Sommermonaten der 1980er Jahre wurden den MR/MRD gelegentlich zweiachsige Güterwagen beigestellt, um ausreichend Platz für mitgeführte Fahrräder zu schaffen. Die DSB fand auch vereinzelte Einsatzmöglichkeiten auf Seeland, eine Stationierung der MR/MRD hätte hier aber eigene Werkstattkapazitäten erfordert. Daher versuchte man, die Fahrzeuge für Privatbahnen interessant zu machen, mit denen man die Einrichtungen hätte gemeinsam betreiben können. Es entstand das Projekt "Sidebanetog" in Form einer vereinfachten MR-Ausführung mit Steuerwagen als Bauart ML/SL, das aber nicht realisiert wurde.

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"Englænderen"
Ab dem Sommerfahrplan 1986 wurden die MR/MRD-Triebzüge zur Beschleunigung des Zuges "Englænderen" auf der Verbindung Kopenhagen-Esbjerg eingesetzt. Dieser wurde zusammen mit der Reederei DFDS betrieben und diente als Zubringer für die Englandfähren. Mit dem Einsatz der Triebwagen entfiel das Rangieren bei der Trajektierung über den Storeælt mit einem Zeitgewinn von rund 20 % gegenüber den zuvor verwendeten Wagenzügen. Aus diesem Anlaß wurden die 6 neuesten Triebzüge MR/MRD ..93-..98 mit diversen Verbesserungen versehen. Die Sitze erhielten höhere Nackenstützen und Tische. Im Traglastenraum der MRD wurden Gepäckregale und ein verschließbarer Schrank für einen Catering-Handwagen montiert. Der kleine Fahrgastraum der MR wurde als 1. Kl. ausgewiesen, in dem jeweils nur ein Sitz pro Doppelbank belegt wurde. Äußerlich waren die betreffenden Züge durch spezielle Zuglaufschilder mit dänischer und britischer Flagge sowie einem gelben Streifen über den Fenster des 1. Kl.-Abteils erkennbar. Die Anzahl der Triebwagen im Englænderen varrierte bedarfsabhängig und erreichte bis zu 5 Einheiten. Die Wagen wurden 1991 durch IC3-Triebzüge abgelöst und die Einrichtung der MR/MRD wieder auf die Standardausführung zurückgebaut. Da für die MR/MRD mit dem Englænderen nun ein Umlauf mit Seeland bestand, wurden in diesen bald weitere Triebwagen einbezogen, die jetzt auch hier im Regionalverkehr fuhren.

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Revision 1994-98
Anfang der 1990er Jahre erforderten die MR/MRD-Wagen eine dringende Renovierung von Wagenkasten und Maschinenanlage, wobei zahlreiche Anpassungen bei der Einrichtung erfolgten. So wurde bei den MRD am hinteren Ende die seitlichen Türen sowie das Dienstabteil entfernt und stattdessen ein zweiter Traglastenraum mit 8 seitlichen Klappsitzen eingerichtet. Der Übergang wurde mit einem Faltenbalg gegen Zugluft und Lärm abgedichtet, eine neue Brücke im Übergang erleichterte die Passage auch bei fahrendem Zug. Die Einrichtung wurde in helleren Farben neu gestaltet und die äußere Gestaltung dem IC3-Farbschema angeglichen. Die Züge erschienen nun in weiß mit hellgrauem Dach und rotem Türbereich (ein alternativer Vorschlag mit grünen Türen wurde verworfen). Zu den technischen Neuerungen zählte u.a. eine neue Heizung für den Fahrgastbereich und LED-Rückleuten, die zulässige Höchtgeschwindigkeit wurde auf 130 km/h heraufgesetzt. Das Konzept wurde zunächst an MR/MRD ..88 erprobt und anschließend die Modernisierung der gesamten Flotte ausgeschrieben. Den Auftrag gewann 1994 die "Partner für Fahrzeug-Ausstattung GmbH" (PFA) in Weiden, die bis 1998 alle MR/MRD-Garnituren überarbeitete.

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ARRIVA PLC
2002 wurden in Jütland der Betrieb einiger Nebenbahnen öffentlich ausgeschrieben und von der britischen "Arriva PLC" gewonnen. Bis zur Auslieferung eigenen Rollmaterials in Form von 29 "Lint 41" 2004/05, lieh man bei der DSB insgesamt 39 MR/MRD Triebzüge. 24 wurden nach dem Eintreffen der Lint 41 zurückgegeben, 15 wurden für Spitzenzeiten als Reserve gehalten. Die Leihfahrzeuge erhielten zunächst an den Stirnseiten zwischen den Scheinwerfern ein Feld in türkis mit dem Schriftzug "ARRIVA" und auch die Einstiege wurden in Türkis abgesetzt. Von den dauerhaft gemieteten Zügen wurden im Zeitraum 2005-06 insgesamt 13 Garnituren in den Werkstätten der "Odderbanen" (HHJ) in- und auswendig renoviert. Im neuen Arriva-Design erschienen die Fahrzeuge in türkis mit in creme abgesetzten Fronten. Auf den gesickten Seitenwänden wurden plane Bleche für Werbung montiert, die allerdings nie genutzt wurden. Auch diese Züge wurden ab 2010 an die DSB zurück gegeben, nachdem Arriva eine weitere Lieferung von Lint 41 erhalten hatte. Die retournierten Fahrzeuge wurde erfolglos zum Verkauf angeboten und 2015 bis auf MR/MRD ..12 schließlich verschrottet. Unabhängig von den geliehenen Einheiten, erwarb Arriva PLC 2007 insgesamt 13 MR/MRD-Triebzüge für den Einsatz auf polnischen Arriva-Strecken. Von diesen wurden 7 bei den "Arriva Werke Nord GmbH" in Neustrelitz mit dem Arriva-Farbschema türkis/creme versehen und in Betrieb genommen, die übrigen dienten als Ersatzteilspender.

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Revision 2004-08
Ende 2004 begann die DSB eine neue Renovierung der verbliebenen MR/MRD, die bis 2008 andauerte und 65 Triebzüge erfaßte. In den DSB-Werkstätten Århus und Fredericia erhielten die Wagen u.a. neue Polster und Gardinen. Die äußere Erscheinung wurde dem der IC3- und IC4-Züge angeglichen in Lichtgrau mit einem dunkelblauen Fensterband. Die Türkanten wurden mit hellgrünen Warnstreifen versehen, die 2012 mit Einführung des neuen DSB-Logos auf rot geändert wurden.

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Da die Probleme mit der Beschaffung der IC4- und IC2-Züge bei der DSB zu einer andauernden Fahrzeugknappheit führten, blieben die MR/MRD länger als zunächst beabsichtigt im Plandienst. Dessen ungeachtet nahm die Zahl der betriebsfähigen Fahrzeuge stetig ab und am 28. Januar 2019 endete der reguläre Einsatz endgültig. Die abgestellten Fahrzeuge wurden in Fredericia zusammengezogen, wo sie nach und nach verschrottet wurden.


Weitere Nutzung
Nach der Ausmusterung durch die DSB fanden neben den Arriva-Fahrzeugen in Polen einige weitere MR/MRD eine neue Verwendung: Je 2 Einheiten gingen an die Gleisbauunternehmen "C Rail Safety" (MR/MRD ..62 und ..82) sowie "Railservice" (MR/MRD ..37 und 48), wo sie als rollende Büros und Mannschaftsräume genutzt wurden. MR/MRD ..93 wurde an einen Betreiber in Rumänien veräußert.

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Weitere MR/MRD wurden an verschiedenen Ausbildungsplätzen für Rettungsdienste als Übungsobjekte aufgestellt.

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Museale Exponate
Zur musealen Dokumentation wurde MRD 4212 an Danmarks Jernbanemuseum übergeben.


Der DJK übernahm MR/MRD ..63.


Das Midt- og Vestjyllands Jernbanemuseum erwarb 2019 die Front von MRD 4226 und integrierte diese in seine Ausstellung. Dabei wurde der vordere Bereich des Wagenkastens rekonstruiert und der Führerstand für die Besucher begehbar eingerichtet.

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Die Liegenschaft der 2014 geschlossenen Bombardier-Scandia in Randers sollte als neuer Stadteil "Sporbyen" entwickelt werden. Es wurden über 1.000 Wohnungen, Gewerbeobjekte sowie Flächen für Kultur und Erholung unter Einbeziehung vorhandener Bausubstanz geplant. Eines der Projekte war das "Restaurant Scandia-Ekspressen", das einen Service und ein Speiseangebot von der Qualität des Orientexpresses versprach. Als Räumlichkeiten wurden MR/MRD ..41 und ..69 beschafft, die von freiwilligen Scandia-Veteranen instand gesetzt und als Speise- bzw. als Gesellschaftsraum eingerichtet werden sollten.

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Einführung
Teil 1: Entwicklung, Technik
Teil 2: Einsatz
Fahrzeugliste DSB MR
Fahrzeugliste DSB MRD


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